Ruhrgebiet. . Seen im Ruhrgebiet sind beliebt bei heißem Wetter. Aber nicht ungefährlich: Zwei Tote gab es am Mittwoch. Die Lebensretter der DLRG beklagen Ignoranz.
Blauer Himmel, grüner Wald, so badet Duisburg, Dolce-vita-Duisburg: Es liegt in der Sonne oder spritzt durchs Seichte, es kreischt vor Vergnügen oder küsst sich still, es isst Pommes mit Mayo oder die Kühltasche leer, spielt Volleyball, löst Kreuzworträtsel, cremt sich ein, stellt sich an, zieht sich um – und schiebt den Kinderwagen tiefer in den Schatten. „No worries allowed“ steht auf einem Schild im Freibad Wolfssee: Lass die Sorgen zuhaus’. An besonders guten Tagen kämen bis zu 5000 Menschen, erzählt Bad-Leiter Metehan Karaoglu („Ich bin der Metti“). Was für ein wunderbarer, langnese-farbener Badetag – unter dem Schutz von Bademeistern, Rettungsringen, Megaphonen, Ruderboot.
Auf der anderen Seite des Wolfssees, weit weg von diesem überwachten Freibad, ist am Vorabend ein Mensch ertrunken. Eigentlich geschah der gleiche Unfall am Mittwoch sogar zweimal, in Duisburg und im Silbersee in Haltern: Ein 23-Jähriger und ein 24-Jähriger schwimmen hinaus, und nach einer Weile gehen sie ohne erkennbaren äußeren Anlass unter. Bei beiden soll Erschöpfung eine Rolle gespielt haben, so der Stand der Ermittlungen.
Badeverbote werden oft ignoriert
Badesee ist Mordsee. Ein schöner August ist tödlich. „Das können Sie ganz klar am Wetter festmachen“, sagt Michael Grohe, der Sprecher der DLRG Nordrhein: „Im Binnenland bedeuten ein paar schöne Tage mehrere Badetote.“ Schon am Mittwochmittag war ein 82-jähriger Düsseldorfer im Rhein ertrunken. „Was kann man noch tun?“, fragt Grohe rhetorisch. Denn jeder Tipp ist tausendmal gegeben, und Badestellen, an denen jemand aufpasst, gibt es auch reichlich. Hilft nur nichts: „In Köln gibt es an allen Seen ein Schwimm- und Badeverbot, es interessiert die Leute aber nicht.“
Sie schwimmen ja verbotenerweise auch im Rhein-Herne-Kanal. Oder in der Ruhr. An verbotenen Stellen der Sechs-Seen-Platte oder des Rheins. Es ist ja auch schön, zugegeben. Nur gefährlich, die Statistik ist da ganz eindeutig: Von 448 Toten im Jahr 2015 in Deutschland ertranken nur 14 im Meer und elf im Schwimmbad, also da, wo es Retter gibt – aber 204 in Seen und Teichen und 169 in Flüssen.
Junge und Alte sind gefährdet
Bußgeld kann drohen
Wer gegen ein Badeverbot verstößt, riskiert ein Bußgeld – sofern er dabei vom Ordnungsamt beobachtet wird.
In Nordrhein-Westfalen ertranken jährlich zuletzt etwa 50 Menschen. 2015 aber waren es 70, so viele wie seit 2007 nicht mehr. Erste Zahlen für 2016 gibt es erst im September.
Ganz überwiegend Männer, und macht man sich die Mühe und bildet Altersgruppen, wie es die „Ertrinkungsstatistik 2015“ tut, dann sind die Gefährdetsten: die 21- bis 25-Jährigen und die 76- bis 80-Jährigen. Die einen halten sich noch für unsterblich, die anderen noch für fit.
Besonders gefährlich kann das werden, wo auch Schiffe im Wasser unterwegs sind. „Sie haben Einfluss auf die Strömung und den Wasserstand“, sagt Carina Koch von der DLRG Nordrhein. Schiffe würden das Wasser anziehen. Fahren sie weiter, ströme es zurück. „Wie bei Ebbe und Flut – nur in ganz schnell.“ Auch im brusttiefen Wasser könne man sich dann kaum noch auf den Beinen halten. „Werde ich mitgerissen, habe ich verloren“, sagt Koch.
„Man schwimmt und schwimmt und verschätzt sich schnell“
Deshalb sei etwa im Rhein das Baden vielerorts verboten. „Es ist lebensgefährlich.“ Trotzdem: Ein generelles Badeverbot gibt es bislang nicht. „Das ist eine politische Frage – wenn wir gefragt werden, positionieren wir uns dazu“, so Koch. Natürlich könne man den Rhein nicht komplett abzäunen. Im Falle eines Verbots sei die DLRG aber berechtigt, die Menschen aufzufordern, aus dem Wasser zu gehen.
Doch zurück nochmal nach Duisburg, zum Wolfssee, wo Schwimmen auch außerhalb des Freibades erlaubt ist. „Das Problem ist nicht der See“, sagt Karaoglu, „das Problem ist: Man verschätzt sich schnell. Man schwimmt und schwimmt und merkt nicht, wie weit das ist und wie kaputt man schon ist.“ Das grüne Gegenufer da hinten, es sieht so aus, als sei es ein paar hundert Meter entfernt. Der Bad-Chef sagt: drei Kilometer.