Dortmund. . Herrchen und Frauchen sind oft hilflos, wenn dem Tier etwas zustößt. Kurse, in denen sie lernen, was im Notfall zu tun ist, sind gefragt.
Hailey sieht ein bisschen aus, als hätte er sich letzte Nacht mutig ins Getümmel gestürzt, nur leider mit den Falschen. Kopfverband, Beinverband, Leidensmiene – diese Hunde! Doch gottlob ist die Miene nur aufgesetzt, und Haileys Besitzerin Nina Bache übt auch nur mit der Mullbinde: Sie will bereit sein, denn sie weiß, wie hilflos man davorsteht, wenn der Hund was hat. Aber ach, oft beginnt das Problem ja noch früher. Bei: Was hat er denn überhaupt? „So ein Hund spricht ja nicht.“
„Bellen – Deutsch“ werden sie natürlich auch an diesem Abend nicht mehr lernen.
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Sieben Frauen und zwei Männer sitzen auf den Stühlchen der Kita „Maulwurf“ im Dortmunder Westen und folgen dem 50-Euro-Kurs „Erste Hilfe am Hund“. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) bietet das zusehends in Deutschland an, nun auch hier. „Der Bedarf ist da“, sagt Kursleiter, Rettungsassistent und Ausbilder Stefan Rettig, und an dieser Stelle soll die Teilnehmerin Tina Sacharzek zunächst einmal aufzählen, was Hunden alles droht: „Bienenstich, Glasscherbe, Biss, Giftköder.“ Da will sie „Happy“ helfen können, ihrem Sportmops mit seinen extralangen Beinen, ihrem „absoluten Wunschhund“.
Nasenbluten, Erbrechen, Herz-Kreislauf
Bis auf einen lauten, aber unblutigen Streit um ein Leckerchen sind „Happy“ und „Hailey“ des Abends Glücksfall, denn sie lassen zumindest ihre Besitzerinnen abtasten oder verbinden. Normalerweise übt man in dem Kurs nämlich an Hunde-Puppen: Puls fühlen und stabile Seitenlage, Beatmung (so eine Puppe hat auch erkennbare Vorteile) und Zunge herausziehen. Letzteres wegen der Erstickungsgefahr, denn „die Zunge eines Hundes ist deutlich größer als Ihre, nehme ich jedenfalls an“, sagt Rettig.
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Er lehnt an einem Hochregal mit Spielsachen und führt weiter durch den Beamer-Vortrag. Nasenbluten, Erbrechen, Druckverband, Hitzschlag, Herz-Kreislauf: Vieles hört sich genauso an wie bei Menschen, aber wer weiß schon, wie es bei Menschen geht?
„Alles Machbare versucht“
Neben dem ASB bieten inzwischen auch die Johanniter solche Kurse systematischer an, manche Tierheime, des öfteren auch Tierärzte. In ihnen drücke sich aus, dass „Haustiere einen immer höheren Stellenwert haben“, sagt Claudia Pfister von der „Bundestierärztekammer“: „Sie sind heute Freunde, Sozialpartner und Lebewesen, die man liebt und optimal versorgen möchte. Auch in ihrer Krankenbehandlung wird inzwischen alles Machbare versucht.“
Erste Hilfe am Pferd, Erste Hilfe an der Katze: Das kann man heutzutage alles aufsuchen. Und doch gibt es schmerzliche Lücken: „Sie können ja keinen Rettungswagen rufen, wenn ihr Chihuahua bewusstlos in der Ecke liegt“, sagt Stefan Rettig.
Selbstschutz geht vor
Um Hilfe rufen? Zum Tierarzt? Man kann aber nur äußerst schlecht zugleich Auto fahren und reanimieren. Bus? Zu langsam. „Taxi“, schlägt ein Mann vor, doch die Bereitschaft des gemeinen Taxifahrers wird von dem einen oder anderen angezweifelt, einen kranken und bewusstlosen Hund zu fahren, den Frauchen gerade durch die Nase beatmet. Um Himmels Willen, der Rücksitz!
Klar wird ist aber auch an diesem Abend: Selbstschutz geht immer vor. „Wenn der Schmerzen hat, dann dreht der durch.“ Ohne Maulschlinge geht gar nichts. Sonst, sagt Rettig, „freut er sich, dass er auf einer Hand rumkaut, und du hast eine Hand weniger“.
So könnte man aber den Rettungswagen kriegen.