Essen/Velbert. .

Er lockte Kinder in eine Höhle, um sie auf unbeschreibbare Weise zu Tode zu quälen. Heute vor 50 Jahren wurde der sadistische Serienmörder Jürgen Bartsch in Velbert verhaftet, damals selbst erst 19 Jahre alt. Sein Fall sorgte in der Bevölkerung für Entsetzen. Zehn Jahre später kam Bartsch selbst auf Aufsehen erregende Weise ums Leben. In diesem Jahr wäre er 70 Jahre alt geworden.

Die Ermittler stoßen aufeinen freundlichen jungen Mann

Der Metzgergeselle Bartsch gestand nach seiner Festnahme schnell, vier Jungen ermordet und ihre Leichen zerstückelt zu haben. Ein Fünfter konnte sich mit Hilfe einer Kerzenflamme von seinen Fesseln befreien, aus der Höhle entkommen und so die grauenhafte Serie beenden.

Für angehende Psychiater ist der Fall heute Unterrichtsstoff: „Bartsch ist eine der großen Ausnahmen. Seine Störung war eine der ausgesprochen seltenen, sehr schweren Formen einer sexuell-sadistischen Perversion, die pädophil orientiert war“, sagt der renommierte Psychiater Professor Norbert Leygraf von der Uni Duisburg-Essen. „Er war sexuell angezogen von kleinen Jungen, wobei zu seiner Perversion gehört hat, dass er diese Jungen auf entsetzliche Weise quälen musste.“

Aber nach seiner Festnahme stoßen die Ermittler auf einen freundlichen jungen Mann, der bereitwillig Auskunft gibt und mit seiner Mons-trosität nicht hinter dem Berg hält: „Bartsch hat unter seinen Taten und seinen eigenen Fantasien selbst gelitten und wollte sie loswerden. Einen Mangel an Empathie, wie bei vielen Tätern dieses Kalibers, gab es bei ihm nicht“, berichtet Leygraf. „Normalerweise braucht man sehr viel mehr Zeit, um Leute dazu zu bringen, über den tatsächlichen sadistischen Hintergrund ihrer Taten zu reden.“

Für den Psychiater gibt es keinen Zweifel, wo sich Bartsch heute befände, würde er noch leben: „In der Forensik in Eickelborn. Bislang gibt es noch keine Methode, um einen derartig schweren Sadismus so zu behandeln, dass man jemanden guten Gewissens entlassen könnte.“

„Der Fall hat die Strafjustiz verändert“, sagt der Kriminalbiologe Mark Benecke. Benecke hat die Gerichtsakten im Staatsarchiv studiert und besitzt einen Teil der Korrespondenz des Serienmörders. Ein Journalist schreibt später, der Fall Bartsch habe dafür gesorgt, dass in ähnlichen künftigen Fällen nicht mehr nach dem Henker, sondern nach dem Arzt gerufen wird.

Dem ersten Urteil des Landgerichts Wuppertal sieht man das noch nicht an: lebenslanges Zuchthaus für Bartsch, der bei den meisten Morden an den acht- bis 13-jährigen Jungen noch minderjährig war. Doch der Bundesgerichtshof hebt das Urteil auf, und bei der Neuauflage in Düsseldorf erhält Bartsch 1971 zehn Jahre Jugendhaft und die anschließende Einweisung in eine Heilanstalt.

Am 28. April 1976 stirbt er bei der von ihm selbst gewünschten Kastration an einem schweren Narkosefehler des Operateurs. Der wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.