Dortmund. .

Es ist die Ur-Angst vieler Frauen, gleichwohl ein statistisch eher seltener Fall: die Vergewaltigung durch einen fremden Mann, der sie überfällt. Seit Dienstag verhandelt das Dortmunder Landgericht eine solche Straftat. Opfer ist eine 18 Jahre alte Schülerin aus Hamm, angeklagt sind zwei junge Asylbewerber aus dem Irak.

Die Nationalität der Verdäch­tigen und ihr Flüchtlingsstatus ­hatten nach dem 8. August, dem Tattag, zu Verallgemeinerungen und heftigen Vorwürfen gegen Ausländer in den sozialen Netzwerken geführt. Zu lesen war sogar, es sei „mittlerweile gang und gäbe”, dass Flüchtlinge deutsche Frauen ver­gewaltigen. Behauptungen, die von den Justizbehörden dementiert werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte noch im November aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamtes vorgestellt, nach denen Flüchtlinge nicht öfter straffällig werden als andere.

Im Fall aus Hamm ging auch schnell unter, dass die Welt nicht so schwarz-weiß ist, wie manche sie gerne sehen. Denn die Tat gestoppt und die Polizei alarmiert – hatte ebenfalls ein Asylbewerber.

Am Dienstag wurde vor der ­Jugendstrafkammer nur die Anklage vorgelesen. Die Anwälte der ­Angeklagten kündigten an, dass ihre Mandanten sich am nächsten Prozesstag, das ist der 11. Januar, zu den Vorwürfen äußern wollen.

Eine hässliche Tat ist es, von der Staatsanwältin Sonja Frodermann in der Anklage spricht. Die 18 Jahre alte Schülerin, die nach eigenen Angaben in jener Nacht unruhig war und nicht in den Schlaf fand, hatte sich gegen vier Uhr morgens zum Spaziergang entschlossen. Sie lief über die Marker Allee, eine viel befahrene Straße am Rande der Hammer City. Plötzlich kamen die beiden Angeklagten, 24 und 19 Jahre alt, angeradelt, verwickelten die junge Frau in ein Gespräch.

Laut Anklage wehrte sie ab. „Lasst mich in Ruhe”, soll sie den beiden signalisiert haben. Sie ging in einen Verbindungsweg, der über eine Brücke zum Asylbewerberheim an der Soester Straße führt. Als sie bemerkte, dass beide ihre Räder abstellten, habe sie deutlich gemacht, weggehen zu wollen. Doch die Männer hätten ihr das mit einem „No!” verwehrt.

In Panik sei sie losgerannt, die Angeklagten hätten sie aber ­gestoppt. Der 24-Jährige drückte sie laut Anklage gegen einen Zaun, bedrohte sie mit einem Taschenmesser und vergewaltigte sie.

Als sich anschließend auch der Jüngere ihr näherte, sei plötzlich ein Asylbewerber aus Guinea aufgetaucht. Mit lauten Rufen schal­tete er sich ein, forderte die Männer auf, sie in Ruhe zu lassen. Die 18-Jährige nutzte die Gelegenheit, sich schnell wieder anzuziehen und zu flüchten. Der Mann aus Guinea, der kein Handy hatte, alarmierte vom Flüchtlingsheim aus sofort die Polizei. Schnell waren beide Angeklagte ermittelt, sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft.

„Meiner Mandantin geht es sehr schlecht, sie leidet immer noch unter den psychischen Folgen ­dieser Tat”, erklärte Rechtsanwalt Ralph Reckmann, der die Frau im Prozess als Nebenkläger vertritt, nach dem ersten Sitzungstag.

Eine Aussage vor der Strafkammer unter Vorsitz von Richter Udo Penning wird der Schülerin kaum erspart bleiben. Zwar hatte der 19 Jahre alte Angeklagte die Tat im Ermittlungsverfahren gestanden und den älteren Iraker belastet: „Die Frau hat geweint, sie wollte das nicht.” Der Hauptangeklagte wies die Vorwürfe dagegen zurück und will bei dieser Aussage wohl auch bleiben. Er sagte, er sei kein Vergewaltiger. Alles sei freiwillig erfolgt.