Düsseldorf. . Doch Nezet S. aus Mülheim hielt es nicht aus in Syrien. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte den Rückkehrer nun als IS-Terroristen.
Er ist schon fast durch die schwere Sicherheitstür, da dreht sich Nezet S. noch einmal um: Daumen hoch! Erstaunlich für einen, der gerade zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist? Aber selbst der Verteidiger des 22-Jährigen, der als „Mülheimer IS-Terrorist“ bekannt wurde, findet die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf „angemessen“, sogar „mild“.
„Mehr Glück als Verstand“, sagt Rechtsanwalt Eberhard Haberkern sogar, habe sein Mandant gehabt, „dass er da die Biege gemacht hat“. Wobei „da“ Syrien war, im vorvergangenen August, und richtiger wäre: Nezet S. ist abgehauen aus dem Land, das gar kein gelobtes war, wie windige Terroristen-Werber ihm versprochen hatten. Chillen wollte er dort, hatte er am ersten von elf Prozesstagen gesagt, aber dann gab es nicht einmal eine anständige Zahnbürste beim IS und zum Mittag bloß Datteln.
Klingt naiv, und so war auch der Auftritt des Sohnes kosovo-albanischer Eltern vor Bundesanwalt und 6. Strafsenat, aber die nahmen die Sache sehr ernst: Verurteilt wurde Nezet S. als Terrorist, als Kämpfer des Islamischen Staates. Auch wenn er kaum drei Wochen blieb im Sommer 2014, „seine Schuld ist nicht gering“, erklärte die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza. Die dem jungen Mann auf der Anklagebank auch nicht glauben wollte, dass er „nur“ übte, aber nicht kämpfte. Dass er im Ausbildungslager war, hatte er immerhin vor vier Wochen eingeräumt.
Seine eigene Geschichte vom explodierenden Panzer, von Blut und Leichen wollte S. aber nur aus Angeberei erzählt haben, „ich wollte ein Held sein“. Der Senat indes folgte den Zeugen, Freunden aus Mülheim, die in ihm keinen Helden entdecken konnten, sondern einen, der „kleinlaut und betroffen“ aus dem Krieg berichtete.
„Soldat Allahs“ bei Facebook
Das war, als Papa und Mama ihren Sohn aus dem Kosovo abgeholt hatten, als er sich den Bart abrasierte und sich mit Mädchen zum Trinken traf, als er behauptete, er habe dem Terror abgeschworen und werde nun endlich eine Arbeit suchen. Tatsächlich aber präsentierte sich ihr Junge unter seinem arabischen Kampfnamen bei Facebook, nannte sich „Soldat Allahs“ und postete grausame Videos von Hinrichtungen. Und dieses Foto: das ihn mit Waffe und Kampfanzug zeigt. Er habe Angst gehabt und sich wichtig machen wollen, sagt er. „Er hat seine radikale Haltung nicht vollständig aufgegeben“, sagt das Gericht. Aber nun wenigstens „interessante Einblicke“ in die Welt des IS gegeben, wie Richterin Havliza bemerkte.
Sie habe einen fairen, tief gehenden Prozess geführt, fanden am Donnerstag alle Beteiligten. „Ein Signal auch für andere Syrien-Rückkehrer“, sagte Bundesanwalt Horst Salzmann, der vier Monate mehr gefordert hatte. In Haft müsse Nezet S. bleiben, erklärte Havliza, „um nachzudenken“, auch über einen Beruf. Der nickte. Daumen hoch!