Ruhrgebiet. . Ruhrgebiet trifft Schnee: Es gibt hunderte Unfälle, aber Kindern hat es auch Spaß gemacht, manchem Busfahrgast und sogar manchem Polizisten.
Kinder matschen, patschen, juchzen, jauchzen, Schlitten fahren, fliegen, flitzen, fallen. Samstag an einem beliebigen Hang im Ruhrgebiet, und man steht unter lauter Schneekönigen. Viele Kinder, einige Erwachsene rodeln alle möglichen Berge im Revier hinunter, ach was, sie sausen überall dort, wo es auch nur ein wenig abwärts geht. Als Dreikäsehoch im Schnee? Ein Riesenspaß mit roten Backen!
Weißer Samstag.
78 Unfälle in Essen, 53 in Dortmund
Es fiel der erste dichte Schnee des Jahres, und das entzweit die Leute jedesmal. Was für den einen Idylle ist, ist für den anderen Gefahr: Die einen sehen Schneemänner in jedem Garten, die anderen nur glatte Stellen und Dachlawinen. Ruhrgebiet trifft Schnee, das ist nach langer Entwöhnung immer ein Drama. Arbeitstitel: kalt erwischt.
Essen: 78 Verkehrsunfälle. Dortmund: 53. Oberhausen: 35. Velbert: 12. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Und so geht es weiter: Zwischen Samstag 6 Uhr und Sonntag 4 Uhr gibt es in Nordrhein-Westfalen 1978 Unfälle, und das sind nur die, die mit dem Wetter zu tun haben. Grabenrutscher, Laternenschleuderer, Kofferraumauffahrer.
„Es liegt eindeutig an den Menschen, die zu dumm sind“
Doch immerhin 120 Menschen werden dabei leicht verletzt, 25 schwer (wobei die Polizei jeden als ,schwer’ verletzt zählt, der einen Tag ins Krankenhaus muss, und dazu reicht eine Gehirnerschütterung). Die Schäden zieht sie zusammen auf erstaunlich präzise 5,9 Millionen Euro. Und gibt dennoch nicht ,Kurt’ die Schuld, dem Tief, das am Samstag lang erwartet – hereinschneite.
Sondern vielmehr einer Fahrweise: zu zügig. „In der Stadt werden die Fahrer ja immer vom Winterwetter überrascht, obwohl es genug Vorhersagen gibt“, sagt ein Polizist in Oberhausen. Drastischer sagt ein Kollege: „Es liegt eindeutig an den Menschen, die zu dumm sind, mit dem Schnee richtig umzugehen.“ Man wundere sich, wie viele noch mit Sommerreifen unterwegs seien. Unter den Staus ragt einer der Sorte ,Hassenswert’ heraus: Bis ins Revier zurück steht der Verkehr Samstagvormittag auf der A 57, auf 25 bis 30 Kilometern. Was ist passiert? Wegen der Glätte hat sich ein Laster bei Goch quergestellt und alle Fahrspuren sowie den Seitenstreifen souverän blockiert. Die lästige Folge: Die Polizei musste den Verkehr teilweise über eine Raststätte und über Wirtschaftswege ableiten.
Spuren im Schneeführen zu Einbrecher
Und wo bleibt das Positive? Bei heftigem Schneefall sind in der Essener Gruga die ersten sechs Kirschbäume nach dem Pfingststurm Ela gepflanzt worden; das Geld stammt aus Spenden, doch bei dem Wetter schafften es nicht ganz so viele Spender zur Pflanzung . . . Dann vielleicht doch besser nach Gelsenkirchen: Die Polizei nahm zwei Einbrecher fest, den einen davon musste sie stundenlang verfolgen. Um die Geschichte abzukürzen: Wer Spuren im Schnee lesen kann, ist klar im Vorteil. Oder Bochum: Wo sie an der Haltestelle so jubelten, als irgendwann doch noch ein Bus kam.
Freilich ist der weiße Winter 2015 bei uns fürs Erste wieder vorbei. Wolfgang Reiff vom Deutschen Wetterdienst sagt: „Das mit dem Schnee ist auch schon wieder Geschichte, zumindest an Rhein und Ruhr.“
Grauer Montag.