Ruhrgebiet. Wenn es die Weihnachtsmärkte nicht gäbe, die Städte müssten sie erfinden. Denn die festlich geschmückten Buden ziehen kaufkräftige Besucher in die Region. Geld wird nicht nur auf den Märkten gelassen, auch angrenzende Geschäfte und Lokale profitieren.

Die Lichterketten über den Straßenzügen funkeln schon, die Buden der Händler stehen auf den Marktplätzen bereit. Und noch jemand war fleißig: Die Marketing-Experten aus den Städten haben ihre Strategien für die Adventszeit geschmiedet. Denn jeder will sie in seiner Stadt haben: die kauflustigen Weihnachtstouristen, die ihre Taschen mit Einkäufen füllen und Geld bringen.

Erlebnischarakter schaffen

Wenn die Advents-Atmosphäre erst einmal da ist, steigt die Shoppinglaune. Das Organisationsteam des Essener Marktes schätzt fünf Millionen Besucher auf Lichterfest und Weihnachtsmarkt. Und die Kunden bleiben nicht nur in der Budenstadt, größte Profiteure sind die Einzelhändler. Die Marketing-Experten wissen: 68 Millionen Euro geben die Besucher in Gastronomie und Einzelhandel aus. Das ist sogar noch etwas mehr als das, was sie auf dem Weihnachtsmarkt lassen.

Ob das Geld auch ohne den Markt in den Kassen der Einzelhändler landete, ist ungewiss. Denn gekauft wird da, wo es winterlich geschmückt ist. „Man muss einen Erlebnischarakter schaffen“, sagt Marc Heisterkamp vom Einzelhandelsverband NRW. Ansonsten würde die Kundschaft auch im Internet fündig.

Reiseveranstalter sind wichtige Mitspieler

Nahezu jede Stadt versucht deshalb mit dem weihnachtlichen Spektakel zu punkten. Wer keines hat, verliert. Wie viel, das haben die Duisburger Marketing-Experten mit 1,8 Millionen Weihnachtsmarktbesuchern durchgerechnet. Das Ergebnis: Ohne den Weihnachtsmarkt würden mindestens 50 Millionen Euro weniger in der Stadt umgesetzt. Denn für viele ist der Weihnachtsmarkt der Grund, überhaupt erst in die Stadt zu kommen. „Weihnachtsmärkte sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“, sagt der Geschäftsführer der Duisburg Marketing GmbH, Uwe Gerste. Deshalb betreiben die Städte viel Aufwand, um das vorweihnachtliche Shopping-Spektakel.

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Dabei sind die Reiseveranstalter wichtige Mitspieler. Denn „wer mit dem Reisebus kommt, der kommt verlässlich, bei Wind und Wetter“, weiß Thomas Winkler, Sprecher der Weihnachtsmarktorganisatoren aus Dortmund. Der Werbefachmann hat im letzten Jahr 600 Busse mit dem Ziel Dortmunder Weihnachtsmarkt gezählt. In Essen sind es laut Stadtmarketing 45 000 Besucher die mit Bussen anreisen. 46 Prozent aus den Niederlanden, 24 Prozent aus Belgien. In Duisburg kamen vor dem letzten Fest 37 Busse aus dem Ausland an.

Um aber überhaupt erst einmal auf den Werbetafeln der Reiseanbieter zu landen, müssen die Städte kreativ sein. Kontakte werden auf Touristikmessen geknüpft und vor Ort gepflegt. Jeder versucht den Reiseanbietern einen Trip in die eigene Stadt schmackhaft zu machen. Geschenke für Busfahrer sind inklusive: Essen lockt Fahrer mit Willkommenstüten in die Stadt, Gutscheine und freies Internet sollen den Aufenthalt verschönern. Den Dortmundern ist jeder Fahrer 20 Euro in bar wert. In Duisburg gibt es eine Weihnachtsmarkttasse als Andenken. Gutscheine für Bratwurst, Glühwein oder Cafés gehen dort an die Reisenden.

Restaurants profitieren

Und noch etwas gehört zusammen: Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ist für viele mit einem Imbiss verbunden. Auch wer als Gastronom keine Würstchen oder Dampfnudeln auf dem Markt verkauft, profitiert. Wenn sein Lokal in direkter Nachbarschaft des Marktes liegt. Und damit „irgendwie noch Eventcharakter hat“, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes. Denn das Weihnachtsspektakel hat Magnetwirkung, die großen Märkte ziehen Gäste an – aber auch raus aus den Randlagen. Während die Wirte in den Innenstädten gut zu tun haben, mehrt sich der Frust in den Stadtteilen ohne Markt. Denn die Gäste sind in der City.