Nordrhein-Westfalen. Geldautomaten-Sprenger werden dreister, doch die Fälle gehen zurück. Für welche Schutz-Maßnahmen die Banken 300 Millionen Euro ausgegeben haben.

Zwei laute Knalle weckten Anwohner des Danziger Platzes in Hünxe-Bruckhausen in einer Nacht im November 2022. Am Morgen fanden sie in den Eingangsbereichen der Sparkassen- und Volksbank-Filiale ein Chaos vor. Die beiden Immobilien liegen nur wenige Meter voneinander entfernt. Darüber befinden sich Wohnungen, daneben eine Arztpraxis. Es waren offenbar nicht genug Hindernisse, die Automatensprenger fernzuhalten.

Geldautomatensprengungen werden immer perfider, die Zahl sank in NRW jedoch zuletzt – von 182 im „Rekordjahr“ 2022 auf 153 Fälle im vergangenen Jahr. Seit 2015, als sich die spezialisierte Ermittlungskommission Heat gründete, wurden 211 Tatverdächtige festgenommen, 26 davon im vergangenen Jahr, berichtet das LKA auf NRZ-Anfrage. Doch womit werden die Automaten geschützt?

NRW-Innenminister zu Automatenschutz: „Sind noch nicht da, wo wir sein wollen“

„Die Polizei NRW hat das Phänomen der Angriffe auf Geldautomaten als strategisches Schwerpunktthema festgelegt und schöpft alle Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung aus. Dabei stehen Bearbeitungszuständigkeiten, Ermittlungsstandards genauso wie geeignete nationale und internationale Formen der Zusammenarbeit bei den Ermittlungen regelmäßig auf dem Prüfstand“, betont das LKA.

In Hünxe-Bruckhausen wurden im November 2022 in der gleichen Nacht die Geldautomaten der Sparkasse und der daneben liegenden Volksbank gesprengt.
In Hünxe-Bruckhausen wurden im November 2022 in der gleichen Nacht die Geldautomaten der Sparkasse und der daneben liegenden Volksbank gesprengt. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

„Wir sehen, die Maßnahmen bringen was. Aber wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Die Sprenger finden noch zu oft den Weg in die Banken, an die Automaten und an unser Geld. Wir müssen weiter dran bleiben und dafür sorgen, dass sich diese kaltschnäuzigen Beutezüge nicht mehr lohnen.“ Jede Sprengung ist eine Gefahr für Leib und Leben. Insgesamt gibt es rund 10.500 Geldautomaten in NRW, sagt die Deutsche Kreditwirtschaft. In ganz Deutschland sind es etwa 55.000.

Geldautomaten schützen: Was das LKA empfiehlt

Gemeinsam mit der Kreditwirtschaft prüfe die Polizei NRW ständig geeignete Ansätze, um Geldautomaten besser zu schützen, erklärt das LKA. Betreibern von Geldautomaten werde empfohlen, die Bereiche mit Videokameras über zentrale Sicherheitsleitstellen rund um die Uhr zu überwachen.

Zugangsmöglichkeiten sollten mechanisch besser gesichert und in Hauptangriffszeiten verschlossen werden. Die Betreiber sollten Geldfärbemittel einsetzen und neuartige Pavillons mit massiver Stahlbetonrundkonstruktion installieren. Zudem solle weniger Bargeld im Automaten bereitgestellt werden.

Erhebliche Investitionen für Präventionsmaßnahmen

Die Deutsche Kreditwirtschaft betont: „Präventionsmaßnahmen können nicht pauschal aufgesetzt werden. Sie müssen sich an den Geldautomatentypen und vor allem an deren Standorten orientieren.“

So mache es einen großen Unterschied, ob sich ein Geldautomat im Ankunftsterminal eines Flughafens, auf einem Parkplatz in einem Industriegebiet nahe der Autobahn oder in einem kombinierten Geschäfts- und Wohnhaus befindet. „Unterschiedliche Standorte gehen mit unterschiedlichen Risiken einher.“

In den vergangenen Jahren seien rund 300 Millionen Euro für etwa 53.000 Sicherungsmaßnahmen an „besonders gefährdeten Risikostandorten“ ausgegeben worden. „Die ergriffenen Maßnahmen umfassen unter anderem den Einsatz von Alarmanlagen, Vernebelungstechnik, Nachtverschluss, eine Reduzierung der Bargeldmengen sowie den Einsatz von Einfärbetechnik und werden fortlaufend weiter ausgebaut“, erörtert die DK.

Ermittlungen führen in den meisten Fällen in die Niederlande

Angriffe auf Geldautomaten würden überwiegend von niederländischen Tätergruppen durchgeführt. Der Anteil an ermittelten Tatverdächtigen, die festgestellten Fluchtrichtungen nach Tatbegehungen sowie Erkenntnisse aus laufenden Ermittlungsverfahren stützten diese Feststellung weiterhin, erklärt das LKA. Daher sei auch die Kooperation mit den niederländischen Polizeibehörden schrittweise intensiviert worden.

Es finde ein „regelmäßiger und umfassender operativer sowie strategischer Austausch“ statt. Es gebe eine durchgehende grenzübergreifende Zusammenarbeit bei den Ermittlungen und gemeinsame Workshops und Meetings zum Themenkomplex der Geldautomaten-Sprengungen. Außerdem erfolge eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern.

Die Deutsche Kreditwirtschaft bekräftigt: In den kommenden Jahren solle der Schutz der Geldautomaten und die dazu erforderlichen Sicherungsmaßnahmen weiter intensiviert werden. Gemeinsames Ziel aller an der Präventionsarbeit Beteiligten sei es, nachhaltig solche Taten zu verhindern. So soll die Zahl der Geldautomatensprengungen weiter sinken. (mit dpa)