Hamminkeln. Das Unternehmen „Module Houses“ aus Hamminkeln baut Tiny Houses. Wie die kleinen Häuser aussehen und wieso sie für die Zukunft wichtig werden.
Die Tür öffnet sich und gibt den Blick frei auf… ja, auf was eigentlich? Den Flur, das Wohnzimmer oder doch das Esszimmer? Nun ja, das kommt auf die Perspektive an. Deshalb: Einfach mal eintreten! Ananth Selvarajah schiebt kurz den runden Tisch beiseite und sofort verwandelt sich der kleine Essbereich in einen gemütlichen Wohnraum. „Für ein Tiny House braucht man natürlich ein anderes Lebenskonzept“, erklärt er. Aber genau das haben immer mehr Menschen, wie er nur allzu gut weiß. Immerhin hat er im vergangenen Jahr zusammen mit Mürsel Celiktürk das Unternehmen „Module Houses“ in Hamminkeln gegründet und verkauft seitdem Wohnhäuser im Kleinformat.
Dabei fing alles mit einem ganz persönlichen Wunsch an. „Wir wollten ein Haus kaufen“, erzählt Ananth Selvarajah. Um 2018 herum muss das gewesen sein, überlegt er, gerade als „die Baukosten exponentiell gestiegen sind und die Zinsanhebung gerade angekündigt wurde“. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt fürs Häuslebauen. Doch dann schaute er „über den Tellerrand hinaus“, wie er sagt. Während in Deutschland die Eigentumsquote bei 49,1 Prozent liegt – das sind die aktuellsten Zahlen der europäischen Statistikbehörde aus dem Jahr 2020 – ist die Quote in allen anderen EU-Ländern höher. Überall sonst wohnen deutlich mehr Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Woran liegt das?
Innovative Ideen
„Gerade die osteuropäischen Länder sind offener für andere Baumethoden“, antwortet Ananth Selvarajah. Ein Beispiel kann er natürlich direkt nennen: „Hierzulande werden immer noch Tondachziegel benutzt.“ Deren aufwendige Produktion ist zum einen teuer, zum anderen aber auch klimaschädlich. Im Gegensatz zu „vollverzinkten Stahlblechen“, sagt er, „die kosten nur ein Bruchteil, sind einfacher anzubringen und wesentlich nachhaltiger.“ Nun kommt er selbst nicht etwa aus der Baubranche, sondern aus der Betriebswirtschaft. Das könnte natürlich den Nachteil haben, dass er keine Erfahrung hat, doch er sieht es so: „Wir haben einen anderen Blickwinkel auf viele Dinge.“
Während manche Betriebe auf Tondachziegel setzen, weil sie das schon immer so gemacht haben, sind die beiden Niederrheiner offen für neue Materialien und innovative Methoden. Dabei lassen sie sich gern von anderen Ländern inspirieren. Die modulare Bauweise mit vollverzinkten Stahlblechen beispielsweise kommt aus Neuseeland, „weil das erdbebensicher ist“ – und damit ist es auch für Häuser geeignet, die in ihrer Bocholter Halle gebaut und dann mit einem Transporter zum Grundstück gebracht werden. Und auf einmal sieht das „House“ nicht mehr „tiny“ aus… Ananth Selvarajah nickt. „Das ist 10 Meter lang, 3,50 Meter breit und 4 Meter hoch“, sagt er, „höher wird schwierig, weil es dann nicht mehr unter Brücken passt.“
Barrierefreies Wohnen
35 Quadratmeter ist das Ausstellungsstück klein, wobei das beim Rumlaufen und Bestaunen wirklich kaum zu glauben ist. „Wir spielen mit der Psychologie“, verrät der Experte. Die Decken beispielsweise, der Blick wandert und wandert nach oben, sind 3,50 Meter hoch. Dazu kommen die großen, ach was, die riesigen Fenster. „Dadurch hat man kein beengtes Gefühl.“ Aber wohin mit all dem Krimskrams? Klar, „es hat auch was mit einer minimalistischen Lebenseinstellung zu tun“, betont er, „aber wir nutzen jeden Winkel aus.“ Und so versteckt sich unter jeder Stufe eine Schublade, in jeder Ecke steht ein Regal und selbst unter der Sitzbank ist Stauraum.
Und wie teuer ist ein solches Tiny House? Ananth Selvarajah zeigt auf einen Flyer. „96.000 Euro. Nach zwölf Wochen ist es dann auch komplett fertig.“ Aber, das betont er auch, „alles kann man individuell gestalten.“ Gerade erst hatte er einen Kunden, der eine sabbernde Dogge besitzt… „Deshalb verbauen wir im Innenraum nur Materialien, die gut abwaschbar sind.“ Oder nebenan, da steht ein Exemplar, das barrierefrei ist. „Vielleicht ist das etwas, das sich als Altersheimkonzept durchsetzen kann“, sagt er. „Denn wir müssen zwar nicht alle irgendwann auf kleinstem Raum leben, aber das Tiny House wird für viele Bereiche immer wichtiger.“ Deshalb bieten sie mittlerweile auch die Business-Variante mit 18 Quadratmetern an.
Höchste Energieeffizienz
Alle Exemplare haben jedoch eines gemeinsam: „Sie haben die höchste Energieeffizienz“, betont Ananth Selvarajah. Der unscheinbare Kasten an der holzvertäfelten Wand beispielsweise, „das ist ein dezentrales Lüftungsgerät mit Wärmetauscher, dadurch muss man nicht Stoßlüften und weniger Nachheizen.“ Das nachhaltige Konzept der Tiny Houses überzeugt übrigens nicht nur junge Menschen – von 25 bis 85 Jahren ist alles dabei. Und wie steht’s um seinen persönlichen Traum vom Eigenheim? Mit dem Tiny House zumindest wird es schwierig… „Ich habe fünf Kinder“, sagt er und lacht. „Aber wir bauen sowieso erstmal für unsere Kunden und danach sind wir dann irgendwann dran.“
>>> Modulare Bauweise
Das Unternehmen „Module Houses“ baut nicht nur Tiny Houses in verschiedenen Größen und Ausführungen, sondern auch Bungalows und Häuser. Weitere Informationen: www.module-houses.de