Duisburg. Carlos Howard ist vierfacher Vizemeister und stand schon mit bekannten Rappern auf der Bühne. Dabei kam er eher durch einen Zufall zum Beatboxen.
Ptze ktze, ptze ktze… Die etwas seltsam anmutenden und doch faszinierend rhythmischen Geräusche kommen nicht etwa von einem Schlagzeug, sondern geradewegs aus dem Mund von Carlos Howard. Dazu summt er noch eine Melodie, fabriziert ein Klackern… Ja, der Moerser, der mittlerweile in Duisburg lebt, weiß, wie er sein Gegenüber zum Staunen bringen kann. Immerhin ging es ihm ganz ähnlich, als er zum ersten Mal in seinem Leben jemandem beim Beatboxen zugehört hat. Dass er selbst mal als „Carlos Beatbox“ die Bühnen unsicher machen würde, ja, sogar anderen Menschen das Beatboxen beibringen würde, hätte er sich damals niemals erträumen können. Doch von vorn.
Wobei, ausgerechnet jetzt klingelt das Telefon, Moment… Ein Freund aus alten Zeiten ist dran, „Mensch, wann haben wir uns das letzte Mal gehört? Vor zehn Jahren?“ Ja, bestimmt, und nun arbeitet der Freund in einer Grundschule, plant dort gerade eine Projektwoche. Ob Carlos den Kindern nicht einen Workshop geben könnte? „Klar!“ Noch kurz die wichtigsten Dinge klären, dann legt er mit einem Lächeln auf. „Willkommen in meiner Welt!“, sagt er. „Ich mache das jetzt seit 20 Jahren und bin seit acht Jahren selbstständig.“ Da gehören solche Anrufe zum Arbeitsalltag. Dabei hat alles, er kann sich noch ganz genau erinnern, mit einem Fernsehabend angefangen…
Vater bei Boney M.
„Ich war länger wach und habe mit meinem Vater im Fernsehen die Police Academy gesehen, in der Michael Winslow Geräusche mit seinem Mund imitiert hat“, erzählt Carlos. Das hat ihn mit 14 Jahren so sehr fasziniert, dass er es selbst auch ausprobieren wollte. „Uff isch, uff isch...“, macht er direkt vor. „Viel mehr war das gar nicht.“ Aber es reichte, um damit seine Eltern, Schwestern, Freunde zu nerven. Dabei hatten seine Eltern selbst die Rhythmen im Blut, die Mutter arbeitete als Musiklehrerin in Moers und der Vater tourte sogar mit Boney M. „Das hier“, er zeigt auf seine Goldkette, „ist eine Steeldrum, die ursprünglich aus Trinidad kommt. Mein Vater hat die quasi mit nach Europa gebracht.“
Nur konnte Carlos mit seiner Musik aus dem Mund eben niemanden so recht überzeugen – bis, ja bis sein Vater ihn für ein Auslandsjahr in seine Heimat Trinidad schickte. Dort ging er zum College, lebte bei seinen Verwandten und traf seinen späteren „Meister“, wie er ihn nennt. „Dazu musste ich aber mit ins Ghetto“, erklärt er, „und das kannte ich ja nicht aus Moers, wo ich aufgewachsen bin. Da gab es ganz andere Gestalten.“ Aber es sollte sich lohnen! „Mein Cousin rappte und auf einmal fing neben mir jemand an zu beatboxen.“ Er klackert, zischt, summt… Kein Wunder, dass er begeistert war, denn genau das hatte er doch damals im Fernsehen gehört!
Von Trinidad nach Moers
Auf Carlos aufgeregte Frage, ob der Mann mit den langen Rastas – „wahrscheinlich habe ich deshalb heute auch welche“ – ihm das Beatboxen beibringen könnte, kam allerdings eine ernüchternde Antwort: „No.“ Aber immerhin durfte er jeden Tag vorbeikommen und zuhören, „das habe ich dann auch ein Jahr lang gemacht.“ Und danach? „Kam ich zurück ins graue Moers. Das war erstmal ein Kulturschock“, antwortet er. Doch er hatte etwas aus dem sonnigen Trinidad mitgebracht: sein Hobby, das er stolz seiner Familie und seinen Freunden präsentierte. Denn tatsächlich, innerhalb eines Jahres hatte er sich das Beatboxen selbst beigebracht.
„Beatboxen ist so cool, weil es kein Geld kostet, man braucht nur seinen Mund“, betont Carlos. Außerdem macht es wahnsinnig viel Spaß! Deshalb ließ ihn das Thema auch nicht mehr los, selbst während seiner Ausbildung, seines Studiums, seiner Arbeit als Kaufmann im Groß- und Außenhandel nicht. Er übte weiter, trat auch mal zwischen den Acts von Rappern wie Eko Fresh oder Kool Savas auf, doch erst durch einen Zufall kam es zu seinem Durchbruch. „Im Moerser Südring ist ein DJ nicht gekommen und als gefragt wurde, ob jemand was Cooles kann, haben alle „Carlos“ geschrien“, erinnert er sich. „Das war meine Chance!“ Und die hat er genutzt.
Deutsche Beatbox-Meisterschaft
Nach seinem Auftritt kamen die ersten Anfragen für andere Veranstaltungen… Drüben, Carlos deutet auf den Flur, liegen noch die vielen Flyer, auf denen übrigens nicht immer „Carlos“ steht, sondern meist nur „Beatbox“. Denn genau das ist er: der Beatboxer des Ruhrgebiets. 2004 nahm er an der Deutschen Beatbox-Meisterschaft teil und wurde Zweiter. „Da habe ich mein erste Mikro gewonnen“, erzählt er. „Vorher hatte ich nicht mal richtig üben können.“ Insgesamt vier Mal wurde er Vizemeister, dann hörte er mit den Wettbewerben auf und steckte lieber die Energie in seine Auftritte sowie Workshops. Denn im Gegensatz zu seinem „Meister“ möchte er sein Wissen mit anderen teilen.
„Beatboxen ist kein Hexenwerk“, hält Carlos fest. Es braucht lediglich einen kleinen Anschub des großen Beatboxer und dann heißt es: üben, üben, üben. „Das Tolle ist, dass man schnell Erfolg hat!“, weiß er aus jahrelanger Erfahrung. Rund 400.000 Menschen hat er bereits in die Kunst eingeführt, Kinder in Schulen oder Jugendzentren ebenso wie Erwachsene bei Firmenveranstaltungen, und alle, wirklich alle konnten am Ende mindestens einen Beat präsentieren. „Bei mir war mal ein Kind, das sonst nie geredet hat“, erzählt er, „als es dann vor der Klasse stand und gebeatboxt hat, sind alles eskaliert und die Lehrerin musste sogar weinen.“
Übrigens, der Profi übt selbst auch noch, „jeden Tag drei Stunden“, sagt er. Weil sich mit der Stimme und dem Mund einfach so viel anstellen lässt! Ziiip, das Geräusch eines Reißverschlusses. Bum… bumbum, das Schlagen eines Herzens. Und für alle, die das Beatboxen nun auch mal ausprobieren möchten, hat er extra den Merkspruch „Putze Katze“ erfunden. Die Wörter einfach wiederholen, bis die Rhythmen wie von selbst aus dem Mund purzeln: Ptze ktze, ptze ktze…
>>> Carlos, der Beatboxer
Carlos Howard bietet regelmäßig Workshops im Beatboxen an. Weitere Informationen dazu sind auf seiner Website zu finden: www.carlos-beatbox.de
Außerdem hat er die Veranstaltungsreihe „Urbanatix“ mitgegründet, bei der Streetart auf Artistik trifft. In diesem Jahr finden die Shows vom 26. bis zum 31. Dezember in der Grugahalle in Essen statt.