Bocholt. Auf dem Hof Kragemann in Bocholt lebt eine Herde Wasserbüffel. Doch die Familie hatte es zu Beginn nicht gerade leicht mit den Tieren.

Auf der sumpfigen Wiese wartet eine kleine Überraschung, die gerade noch etwas wackelig auf den Beinen steht. „Ach guck!“, ruft Silvia Mölders. „Das Kalb ist da!“ Aber wer ist eigentlich die Mutter? „Selma“, weiß ihr Mann Martin Mölders. „Und die Geburt ist wahrscheinlich keine zwei Stunden her.“ Bei 173, Pardon, nun 174 Wasserbüffeln ist eben immer etwas los. Doch den Überblick verlieren die beiden nie, dafür haben sie in den knapp 20 Jahren mit ihrem Büffelhof Kragemann einfach schon genug erlebt

Aber jetzt mal ganz ehrlich: Wie kommt denn jemand auf die Idee, Wasserbüffel zu halten? „Beim Abendessen mit Freunden, als es Mozzarella gab“, erzählt Silvia Mölders. Das italienische Original, hergestellt aus Milch von Wasserbüffeln, schmeckt besonders gut… allerdings gibt’s in Deutschland, übrigens bis heute, nur wenige landwirtschaftliche Betriebe, die sich darauf spezialisiert haben. Wäre das nichts für sie?

„Wir hatten vorher Milchkühe, aber haben uns nach etwas Neuem, nach einer Nische umgesehen“, sagt Silvia Mölders. Als sie dann auch noch in einer Zeitung die Anzeige entdeckten: „Kleine Wasserbüffelherde zu verkaufen“, stand der Entschluss fest: Sie kauften vier Kühe und drei Kälber! Und standen kurz darauf vor einem Problem: „Wasserbüffel sind hochsensibel und lassen sich nicht so einfach melken.“ Vor allem nicht die rumänischen Tiere, „weil sie im Gegensatz zu den italienischen nicht auf Milch gezüchtet sind.“

Melkroboter im Büffelstall

Was das bedeutete? „Wir sind jedem Tropfen Milch hinterhergerannt“, erzählt Silvia Mölders und lacht. Auf Dauer aber war das natürlich keine Lösung, also mussten sie beim Züchten der Tiere „italienisches Blut einfließen lassen“. Klar, das kostet – Geld und Zeit. Nach drei Generationen klappte es dann zum ersten Mal mit dem Melken. Wobei die Wasserbüffel noch immer sensibel sind. Wenn fremde Menschen in ihrem Stall herumwuseln, dann finden sie einfach keine Ruhe. „Und geben direkt weniger Milch.“

Wie gut, dass die Technologisierung längst auch den Wasserbüffelstall erreicht hat. Moment, Martin Mölders zückt mal eben sein Smartphone, „wir haben seit anderthalb Jahren einen Melkroboter“, erzählt er. Am Anfang waren die Tiere zwar noch etwas skeptisch, aber – angelockt von ein paar Leckerlis – haben sie dann doch schnell die Vorteile entdeckt. „Sie können selbst entscheiden, wann sie gemolken werden, und haben dadurch viel weniger Stress“, sagt er.

Gerade kommt eine Kuh in die Box rein, wie nun auf dem Bildschirm zu sehen ist. Tatsächlich kann der Landwirt sogar übers Smartphone mit den Tieren kommunizieren, was auch manchmal vorkommt, wie seine Frau verrät: „Dann brüllt er da rein, dass sich schon der Hund hier unterm Tisch versteckt.“ Das passiert aber nur, wenn mal wieder ein ranghohes Tier den Eingang versperrt und die anderen nicht rein- oder rauslässt. Meistens läuft alles jedoch ganz entspannt.

Von Mozzarella bis Gouda

Sieben bis acht Minuten dauert das Melken, sieben bis acht Liter Milch kommen dabei zusammen. Zum Vergleich: Eine Kuh gibt im Schnitt 30 Liter. Aber, das schiebt Martin Mölders direkt hinterher: „In der Milch stecken acht Prozent Fett und fünf Prozent Eiweiß, sodass man aus der gleichen Menge Milch doppelt so viel Käse herstellen kann.“ Wann gab’s denn bei ihnen den ersten, eigenen Käse? Da müssen die beiden kurz überlegen… 2013? Nee, das war doch erst… „2015!“

Nun ist „Käsemachen nicht so dramatisch“, wie Silvia Mölders sagt, „aber Mozzarella ist dann doch eine andere Nummer.“ Sie experimentierten herum, kochten viel Pudding, „das war immer wieder spannend“ – und entschieden dann, die Aufgabe dem Experten zu überlassen. Genauer gesagt einem Italiener in einer niederländischen Käserei, die seitdem zwei Mal in der Woche die frische Milch abholt und dafür den fertigen Mozzarella vorbeibringt.

Von wegen, es gibt nur Büffelmozzarella! Silvia Mölders präsentiert den Brie, Gouda, Feta…
Von wegen, es gibt nur Büffelmozzarella! Silvia Mölders präsentiert den Brie, Gouda, Feta… © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Aus Büffelmilch lässt sich aber noch mehr herstellen: Burrata, Brie, Feta, Gouda… Insgesamt arbeitet der Büffelhof mit drei Käsereien aus der Region zusammen, außerdem mit einer Metzgerei im Nachbarort. Denn, das war ihnen von Anfang an wichtig: „Wir wollen alles vom Tier verwerten!“ Deshalb bietet die Familie in ihrem Hofladen – und in einigen anderen Hofläden in der Umgebung – nun auch Büffelburger, -würstchen, -zunge und vieles mehr an. Selbst die Hörner gibt’s, als Deko, zu kaufen.

Sensibel, stur und treu

Und die Hörner sehen tatsächlich imposant aus, vor allem, wenn der Bulle damit auf einen zugestürmt kommt… „40 km/h können die schnell werden“, weiß Martin Mölders, der gerade mit einem Eimer voller Futter raschelt. Da kann sich Gonzo, den sie vor einem halben Jahr dem Berliner Zoo abgekauft haben, kaum halten. Wie gut, dass noch der Zaun zwischen Mensch und Tier steht – über den der Landwirt nun kurzerhand steigt.

Der Landwirt muss aufpassen, das auf jeden Fall, wie die blauen Flecke an seinem Arm beweisen. „Ich habe Mordsrespekt und würde nicht drüber gehen“, sagt seine Frau. Obwohl auch sie begeistert von den Tieren ist: „Wasserbüffel sind so sensibel wie Pferde, so stur wie Rinder und so treu wie Hunde.“ Dabei fällt ihr eine Situation mit Steffi ein, die sie einst an einen Hof in Greifswald verkauft haben. Acht Jahre später besuchten sie den Hof, wollten natürlich auch „ihren“ Wasserbüffel wiedersehen… was scheinbar auf Gegenseitigkeit beruhte. Denn tatsächlich war Steffi ausgebrochen, „als ob sie uns entgegenkommen wollte“, erzählt sie. Bei der Erinnerung bekommt sie heute noch Gänsehaut.

Jeder Wasserbüffel auf dem Hof Kragemann in Bocholt hat einen eigenen Namen.
Jeder Wasserbüffel auf dem Hof Kragemann in Bocholt hat einen eigenen Namen. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

„Wasserbüffel sind einfach tolle Tiere“, hält Martin Mölders fest. Dann tätschelt er Gonzo, streichelt Lavina, krault Milla… Aber wie lassen sie sich überhaupt alle auseinanderhalten? Na, „Gonzo ist der Bulle, das ist ja sowieso klar“, antwortet er, „Lavina hat viel Masse und Milla ein blaues Auge.“ Jedes Tier unterscheidet sich, äußerlich und charakterlich, deshalb bekommen sie eben auch alle einen Namen. Und wie soll das zwei Stunden alte Kalb heißen? Gute Frage… „Irgendwas mit S“, überlegt Silvia Mölders, „vielleicht Sven.“

>>> Der Büffelhof Kragemann in Bocholt

Der Hofladen Kragemann, Kotts Stegge 5 in Bocholt, hat freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Kontakt: 02871/39427 oder kontakt@bueffelhof-kragemann.de.

Das komplette Angebot sowie weitere Infos (Rezepte für „Büffelmenüs“ und Anmeldungen zu „Büffelexkursionen“) gibt’s auf der Homepage: www.bueffelhof-kragemann.de