Amsterdam. Das Van-Gogh-Museum in Amsterdam zeigt eine besondere Pokémon-Ausstellung. Das Museum wird von dem Hype überrumpelt und zieht Konsequenzen.

Was haben Pikachu und Vincent van Gogh gemeinsam? Nicht viel, werden sich wohl die meisten denken. Das Van-Gogh-Museum in Amsterdam ist anderer Meinung: Eine ungewöhnliche Ausstellung zeigt noch bis zum 7. Januar 2024 Pokémon-Figuren im Stil des bekannten niederländischen Malers. Anlass ist das 50. Jubiläum des Museums, für das Künstler und Künstlerinnen aus dem Hause Pokémon sechs Malereien, angelehnt an die Werke aus der ständigen Sammlung des Hauses, gezeichnet haben.

So blicken Besucherinnen und Besucher etwa Pikachu mit einem grauen Hut entgegen – gemalt mit den typischen gestrichelten rostbraunen Pinselstrichen auf blau-grauem Hintergrund. Vorlage war hier eins seiner 35 weltberühmten ,Selfies’: Das „Selbstbildnis mit grauem Filzhut” aus dem Jahr 1887. Auf einem anderen Bild räkelt sich Relaxo auf einem Bett in dem bekannten „Schlafzimmer in Arles’’ (1888). Und auch Van Goghs „Sonnenblumen”, die der Maler in seiner Zeit in Arles in den Jahren 1888 und 1889 oft zeichnete, dürfen natürlich nicht fehlen: Pokémon Sonnflora fällt in dem leuchtend gelben Blumenstillleben kaum auf.

Großer Andrang bei der Pokémon-Ausstellung im Van-Gogh-Museum

Dem niederländischen Künstler hätte die Ausstellung sicherlich gefallen. Denn nach Angaben des Museums soll der Maler eine tiefe Bewunderung für Japan und insbesondere die japanischen Drucktechniken mit ihren alltäglichen Motiven und Fülle an Details aus der Natur empfunden haben. Sie war außerdem bunt, populär und sehr kommerziell - so wie Pikachu jetzt: „Pokémon ist eine Ikone der japanischen, visuellen Kultur und die japanische Druckkunst war eine wichtige Inspiration für Vincent van Gogh“, heißt es von dem Museum, das mit der Ausstellung einen Volltreffer gelandet hat.

Menschen aus aller Welt strömen seit dem 28. September in die Ausstellung. Tickets für die besonderen Gemälde sind nicht nur Wochen im Voraus bereits ausverkauft, auch im Museum muss man lange anstehen, bis man sich die Pokémongemälde ansehen kann. „Die Pokémon-Gemälde sind sehr schön, aber wir haben sie nur von Weitem gesehen, da wir uns nicht noch in die Warteschlange stellen wollten“, erzählt etwa die 41-Jährige Karina, die mit ihrer Familie aus Brasilien zu Besuch in Amsterdam ist.

Das neu interpretierte Werk von Pikachu und das Original von Vincent van Gogh: „Selbstporträt mit grauem Filzhut“ aus dem Jahr 1887.
Das neu interpretierte Werk von Pikachu und das Original von Vincent van Gogh: „Selbstporträt mit grauem Filzhut“ aus dem Jahr 1887. © dpa / The Pokémon Company International/Vincent van Gogh Stiftung/Van Gogh Museum | -

„Es toll ist, dass so viele Menschen enthusiastisch sind’’, heißt es vom Museum über den Andrang. Die Intention der Ausstellung sei es aber nicht, Werbung für Pokémon zu machen. Ziel sei es, „neue Generationen’’ zu erreichen und sie für Kunst zu begeistern, so Museumsdirektorin Emilie Gordenker.

Dafür hat sich das Museum für Kinder eine Schnitzeljagd entlang der Kunstwerke mit einem exklusiven Gewinn ausgedacht: Eine spezielle Pokémonkarte mit Pikachu im Van-Gogh-Stil.

Spezielle Pokémonkarte wird für hunderte Euro auf dem Schwarzmarkt verkauft

Das kostenlose Geschenk kommt allerdings nicht nur bei den jungen Besuchern und Besucherinnen sehr gut an: Menschen jeglicher Altersklassen sind auf der Jagd nach der seltenen Karte, professionelle Sammler und Sammlerinnen spekulierten von Beginn an auf einen Wertanstieg. Und sie sollten recht behalten: Auf eBay wird die Karte inzwischen für 100 bis 500 Euro verkauft. Ein lukratives Geschäft, das sich viele nicht entgehen lassen wollen. In der letzten beiden Wochen versammelten sich täglich Menschen mit Schildern vor dem Museum, um heraus strömende Besucher und Besucherinnen nach der begehrten Karten anzubetteln.

Eine spezielle Pikachu-Pokémonkarte, die das Van-Gogh-Museum ausgibt, wird von Sammlern für Hunderte Euro auf eBay verkauft. 
Eine spezielle Pikachu-Pokémonkarte, die das Van-Gogh-Museum ausgibt, wird von Sammlern für Hunderte Euro auf eBay verkauft.  © Sceenshot eBay.com | Sceenshot eBay.com

„Auf der Suche nach einer Pokémonkarte“ steht beispielsweise auf dem Schild einer jungen Frau, die am Freitagnachmittag, 13. Oktober, vor dem Ausgang des Museums steht. In ihrer Hand hält sie einen 20-Euro-Schein. Neben ihr stehen vier weitere Wiederverkäufer, in der Hoffnung, ein Geschäft zu machen - auch wenn der 24-jährige Lennart beteuert, dass er nur hier sei, um seinen Neffen „mit einer Karte glücklich zu machen“. Seine Schmerzgrenze: 30 Euro

Menschen belagern Museum: Ausgabe der Pokémonkarte gestoppt

Dass Pokémon viele Menschen anzieht, ist spätestens seit dem Hype um die App Pokémon-Go nichts Neues, aber mit solchen Dimensionen hatte das Museum dann wohl doch nicht gerechnet. Nachdem bereits auf der sozialen Plattform TikTok mehrere Videos vom Eröffnungstag kursierten, die zeigen, wie Besucher und Besucherinnen ringen und an Pokémon-Souvenirs aus dem Museumsshop zerren, zieht das Museum schließlich die Notbremse: Die Ausgabe der Pokémon-Karte wurde am Samstag, 14. Oktober, eingestellt, um die Sicherheit von Besuchern, Besucherinnen und Mitarbeitenden nicht zu gefährden.

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„Aufgrund der jüngsten Vorfälle, bei denen eine kleine Gruppe von Personen eine unerwünschte Situation herbeigeführt hat’’, habe es leider keine andere Wahl gegeben, heißt es in einer Mitteilung. Die Schnitzeljagd sollen Kinder aber weiterhin absolvieren können, nur ab jetzt eben ohne Gewinn. Außerdem soll die Karte Anfang nächsten Jahres bei ausgewählten Einzelhändlern in den Niederlanden verkauft werden, so das Museum weiter.

Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum stoppt nach zwei Wochen die Ausgabe einer seltenen Pokémon-Karte.
Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum stoppt nach zwei Wochen die Ausgabe einer seltenen Pokémon-Karte. © Tatjana Tempel | Tatjana Tempel

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Verrückter Hype um die Karten

Einer, der zu den letzten Glücklichen gehört, ist der siebenjährige Koos, der mit seinen Eltern das Museum noch an dem letzten Freitag vor dem Verkaufsstopp besucht hat. Der kleine Pokémonliebhaber ist überglücklich noch eine der Karten ausgehändigt bekommen zu haben. „Der Hype hier im Museum um Pokémon ist verrückt, aber das scheint leider das neue Normal zu sein“, so Koos Mutter Daphne. Und die Karte verkaufen? „Auf keinen Fall’’, ist die Antwort. Nach dem Trubel soll sich Pikachu lieber entspannt in Koos Sammlung mit den anderen Pokémons einreihen dürfen.

Van-Gogh-Museum in Amsterdam

  • Datum: 28. September 2023 bis 7. Januar 2024
  • Ort: Van-Gogh-Museum, Museumplein 6, Amsterdam
  • Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 18 Uhr
  • Tickets: Karten für das Museum müssen vorab online und für ein bestimmtes Zeitfenster gekauft werden, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: gratis, Erwachsene: 20 Euro