Utrecht. Dem Betontod noch von der Schippe gesprungen, das ist die Catharijnesingel in Utrecht. Der Kanal ist ein Beispiel für gelungene Stadtentwicklung.
Komm, wir bauen eine Straße! Diese Riesenidee hatte im Jahr 1972 der damalige Bürgermeister von Utrecht. Nach dem Neubau des Hauptbahnhofs und einer Shopping-Mall sollte man schön bequem mit dem Auto vom Zentrum in die umliegenden Viertel fahren können. Das Wasser, das dort vor 50 Jahren floss, störte nur. Die Singel wurde zugeschüttet und asphaltiert.
Seit 2020 wieder grün
Dieser historisch dumme Plan ist Geschichte. Seit September 2020 ist Utrechts City wieder von Wasser und Grün umgeben – so fügt sich die Catharijnesingel nun wunderschön in den historischen Kern der viertgrößten Stadt der Niederlande ein.
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Utrecht ist 900 Jahre alt, im vorigen Jahr wurde groß das Jubiläum gefeiert. Wer an der Oude Gracht spazieren geht, spürt die reiche Geschichte der Stadt. Reste der Stadtmauer und andere Befestigungen sind noch erhalten. Zur Verteidigungslinie gehörte auch die Catharijnesingel. Für die Neugestaltung des Kanals haben die Landschaftsarchitekten mehrere Auszeichnungen abgeräumt, darunter den European Prize for Urban Public. Das Büro OKRA stellte dabei die ursprüngliche, historische Wasserstruktur genau an der Stelle wieder her, wo vor einem halben Jahrhundert die Stadtplaner lieber grauen Beton statt Wasser, Pflanzen und grüne Wege sehen wollten.
Am Ufer der Catharijnesingel wachsen insektenfreundliche Stauden, die dem 4,2 Kilometer langen Weg rund um die Wasserstraße einen freundlichen Charakter mit viel Aufenthaltsqualität verschafft.
Wer vom Luxushotel Karel V, eine Fünfsterne-Herberge in einem früheren Kloster, stadtauswärts in Richtung Leidsche Rijn läuft, entdeckt auf der einen Seite einladende Anlegestellen für Boote und auf der anderen kleine Parks. Auch vor dem Shoppingtempel Hoog Catharijne macht die Singel nicht halt, das Wasser fließt unter der Mall.
Noch besser als ein Fußmarsch ist eine Tour auf dem Wasser, mit einem Stand-up-Paddle oder in einem Touristenschiff. Um die Natur zu erhalten, dürfen ab 2024 nur noch Elektroboote auf der Catharijnesingel, der Oude und Nieuwe Gracht schippern, die dieselbetriebenen Kähne werden eingemottet.
Das wird auch die Besitzer der alten Handelskontore freuen, die sich direkt an den Grachten befinden. 900 gibt es davon in Utrecht – zum Beispiel das „Humphrey’s“, gleich unterhalb des prachtvollen Grand Cafés Winkel van Sinkel, früher ein Kaufhaus.
Außer der Renaturierung der Catharijnesingel haben die Landschaftsarchitekten von OKRA in Utrecht außerdem den Jaarbeursplein, einen Platz hinter dem Hauptbahnhof mit großen Bürohäusern, sowie den Oosterspoorbaanpark neu gestaltet – eine still gelegte Bahntrasse, an der unter anderem die alten stromführenden Stahlpfeiler für die Beleuchtung genutzt wurden.
Die Reise nach Utrecht wurde vom Niederländischen Büro für Tourismus und Convention (NBTC) unterstützt.