Duisburg. Urlaub mit dem Camper boomt, doch nicht jede und jeder kann sich ein eigenes Wohnmobil leisten. Die Sharing-Plattform Goboony bietet eine Lösung.
Bitte die Schuhe ausziehen! Denn alles ist hier nigelnagelneu, sieht tiptop aus, und das soll natürlich auch so bleiben. Moritz Langhanki steht schon an der Eingangstür, ja, in Socken, und gibt gleich mal eine kleine, wirklich sehr kleine Führung durch den Camper. Denn vom Badezimmer zur Küche bis hin zum Schlafzimmer sind es keine zwei Meter. Und doch scheint es an nichts zu fehlen, auch wenn sich das ein oder andere praktische Detail erst beim genaueren Hinschauen offenbart…
Campen liegt im Trend, das weiß der 22-Jährige nur zu gut, schließlich hat ihn das Reisefieber ebenfalls längst gepackt. Anfangs, als Jugendlicher, war er zunächst nur mit dem Zelt unterwegs, „ganz klassisch“, sagt er. Dann, im vergangenen Jahr, hat er zum ersten Mal ein Wohnmobil gemietet, um bis an die Côte d’Azure zu fahren. „Das war prägend“, erzählt er. Zwei Wochen lang war er unterwegs, ohne konkretes Ziel, immer der Nase nach. Oder, wie er sagt: „Frei Schnauze.“
Freiheit und Abenteuer im Campingurlaub
Einen Campingplatz fand der Student immer spontan, die Stellplätze musste er nicht extra vorab buchen. Und genau diese Freiheit, gepaart mit einer gewissen Abenteuerlust, war es, die ihn auch danach nicht mehr losließ. „Da kommt kein Hotel dran“, betont er. „Das war der beste Urlaub, den ich je gemacht habe.“ Die Begeisterung ist ihm deutlich anzumerken, kein Wunder, dass die sich auch auf seinen Vater übertragen hat. Und dem kurz darauf eine Idee kam: Wir starten ein Familienprojekt!
Der Vater kaufte einen Camper, unter der Prämisse, dass sich sein Sohn um die Vermietung kümmert. Denn immer mehr Menschen sind doch auf den Zug, Pardon, auf das Wohnmobil aufgesprungen. Nicht zuletzt seit Corona. Wenn schon keine Flugreisen möglich waren, dann doch wenigstens Campingurlaub! „Viele sind dadurch auf den Geschmack gekommen“, so Moritz Langhanki. So gibt’s laut IT.NRW mittlerweile mehr als 156.000 zugelassene Wohnmobile in NRW, das sind fast 30 Prozent mehr als noch im Jahr 2020.
Goboony – wie Airbnb, nur für Wohnmobile
Und doch, sich einen eigenen Camper zu kaufen, das kommt nicht für alle Reisefreudigen in Frage. Die Preise für Neu- und Gebrauchtwagen sind stark gestiegen, zudem ist der Markt aufgrund der Nachfrage fast leer gefegt. Außerdem, steht so ein Wohnmobil nicht sowieso die meiste Zeit ungenutzt auf der Garageneinfahrt? Wer hat schon mehr als 30 Urlaubstage im Jahr? Genau an diesem Punkt setzt Goboony an, eine Plattform, über die Leute ihr Wohnmobil vermieten können.
Quasi wie Airbnb, nur nicht für Ferienwohnungen an verschiedenen Orten, sondern für Häuser auf vier Rädern. Besitzerinnen und Besitzer können ihr Fahrzeug gratis auf der Internetseite einstellen, um sich durch die Vermietung ihren eigenen Urlaub oder die bestehenden Unterhaltskosten zu finanzieren. Reisende wiederum können sich das für sie und zu ihrem Budget passende Wohnmobil aussuchen – vom Familiencamper übers Elektrowohnmobil bis hin zum Bulli mit Retro-Feeling.
Darüber freut sich auch das Klima
Und noch einen weiteren Vorteil gibt’s: Über das Teilen von Campern freut sich auch das Klima! Denn tatsächlich, viele Wohnmobile stehen die meiste Zeit herum. Mit Blick auf den Ressourcenverbrauch für die Neuproduktion ist das nicht gerade nachhaltig, deshalb also lieber bereits Vorhandenes noch intensiver nutzen – so lautet die Mission von Goboony. Auch Familie Langhanki vermietet seit Anfang des Jahres über die Plattform ihren Camper, der schon jetzt ziemlich gefragt ist…
Aber bevor die Reise beginnen kann, gibt Moritz Langhanki erst einmal eine Einführung. Schließlich ist nicht allen sofort klar, dass es nur ein Knöpfchendrücken braucht und schon lässt sich das Bett von der Decke herunterziehen. „Aber das Hauptbett ist dort drüben“, sagt er und zeigt auf eingeklappten Matratzen im hinteren Bereich. Dort lässt es sich ganz gemütlich liegen und schlafen, „zumindest wenn man nicht über 1,90 Meter groß ist“, fügt er hinzu und lacht.
Dusche im Miniformat
Zwei Kochplatten, ein Kühlschrank – und sogar ein Eisfach gibt’s. „Wie zuhause“, sagt der 22-Jährige, „nur etwas kleiner.“ Das Badezimmer darf natürlich nicht fehlen, auch wenn das verdächtig wie ein Flugzeugklo aussieht? „Ich würde auch nur gehen, wenn Not am Mann ist“, gibt er zu. Das Entleeren der Kassette und so… ja, ja, verstanden. „Aber zumindest haben wir auch eine Dusche.“ Wo denn das? Er zieht schnell den Wasserhahn heraus, steckt ihn auf eine Vorrichtung – und dann kann das Wasser laufen.
Aber jetzt mal ehrlich, wenn er den Camper für die Reisenden herrichtet, kommt da nicht auch etwas Fernweh auf? „Klar“, sagt Moritz Langhanki, „man will immer los!“ Nur ruft dann doch die Uni, der Alltag… Wie gut, dass der nächste Urlaub schon geplant ist. Dann geht’s nach Holland, natürlich im Wohnmobil.
>>> Wohnmobile (ver-)mieten über Goboony
Die Niederländer Mark de Vos und Foppe Mijnlieff haben 2015 die Plattform gegründet. Die beiden hatten sich beim Campen in Neuseeland kennengelernt. Zurück in der Heimat kaufte sich Mark de Vos ein Wohnmobil, nutzte es aber zu selten: Die Idee zu Goboony war geboren.
Der Name stammt vom neuseeländischen Ausdruck „In the boonies”, was so viel heißt wie „Mitten im Nirgendwo”. Mittlerweile umfasst die Plattform fast 10.000 Fahrzeuge und ist in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien sowie den Niederlanden vertreten. Infos: www.goboony.de