Duisburg. Thomas Oberländer aus Duisburg hat das Buch „Wasser ernten“ geschrieben. Darin erklärt er, wieso Nachhaltigkeit schon im eigenen Garten anfängt.

Im Garten von Thomas Oberländer geht’s wild zu! Da sprießen die Polsterglockenblumen, wuchert der Haselnussstrauch, liegen die Kastanien am Boden. Unordentlich würde vielleicht jemand monieren, der gern auf einen gemähten Rollrasen und gestutzte Buchsbaumhecken schaut. „Aber würde das auch ein Baum sagen?“, fragt der 59-Jährige. Ganz bestimmt nicht! „Der freut sich, wenn das Laub einfach liegen bleibt.“ So grün sah sein Waldgarten allerdings nicht immer aus… Vor vier Jahren verloren die Bäume ihre Blätter, die Himbeerruten vertrockneten, der Pflaumenbaum überlebte nur knapp. Ja, es war ein ganz schön erschreckendes Bild, das sich dem Hobbygärtner mitten im Dürresommer 2018, direkt hinter seinem Haus in Rheinhausen bot.

Plötzlich bekam er die Auswirkungen des Klimawandels hautnah zu spüren und das war ein richtiger „Aufwecker“ für ihn, wie er selbst sagt: „Ich will beim Thema Trockenheit ab jetzt agieren und nicht erst reagieren, wenn es schon zu spät ist.“ Dabei hatte er sich zu diesem Zeitpunkt schon jahrelang mit nachhaltigem Gartenbau beschäftigt, hatte sich erst im Ökotop in Düsseldorf engagiert und später seinen Waldgarten in Duisburg aufgebaut. Die Grundidee dabei: „Man imitiert einen natürlichen Wald.“ Was das konkret bedeutet, kann er beim Gang durch seinen Garten erklären: „Es gibt sieben Stufen, sieben Wuchshöhen.“ Zuerst kommen die Bäume, dann die Sträucher, bis hin zu den Ranken. „In einem gescheiten Wald fällt kein Lichtstrahl auf den Boden.“

Kein Ärger mit Nacktschnecken

Tatsächlich, auch in seinem Innenhof ist es ganz schön schattig. Klassische Gemüsebeete gibt’s hier nicht, wobei… „Die Polsterglockenblumen blühen im Sommer nicht nur schön, sondern kann man auch als Salat nutzen“, sagt Thomas Oberländer und reißt ein Blatt ab. Schmeckt schön nussig! „Die mögen die Meerschweinchen meiner Tochter auch.“ Und das Beste: „Die wachsen mehrjährig, man hat also viel weniger Arbeit damit.“ Kein Aussäen im Frühjahr, kein Ärger mit Nacktschnecken… „Man kann sie einfach nur ernten.“ Ganz schön praktisch! Und natürlich ist es auch ganz schön praktisch, dass niemand aus der Familie zum regelmäßigen Rasenmähen verdonnert werden muss. Einfach, weil es keinen Rasen gibt. Und das aus einem ganz entscheidenden Grund.

Thomas Oberländer aus Duisburg hat das Buch „Wasser ernten“ geschrieben.
Thomas Oberländer aus Duisburg hat das Buch „Wasser ernten“ geschrieben. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

„Tiefwurzelnde Pflanzen wie Bäume können Wasser aus tieferen Schichten nach oben holen“, betont Thomas Oberländer. „Grasflächen sind nicht nützlich, weil das Gras nicht sehr tief wurzelt.“ Insgesamt, das lässt sich festhalten, kann ein Waldboden das Regenwasser also viel besser nutzen als ein landwirtschaftlicher Acker- oder auch ein klassischer Gartenboden. Und doch litt auch sein Waldgarten im Dürresommer unter der extremen Trockenheit, allen Vorkehrungen zum Trotz. Klar, ganz ohne Bewässern geht’s auch bei ihm nicht. Deshalb stehen hinten am Zaun zwei Regentonnen, denn, das betont er: „Ich wollte nie Trinkwasser zum Gießen benutzen.“ Problematisch wird’s nur, wenn es so lange nicht regnet, dass die Tonnen leer bleiben…

Wasser ernten im eigenen Garten

Doch auch das musste Thomas Oberländer lernen: „Regentonnen und Zisternen sind immer nur Plan B, der wichtigste Wasserspeicher ist der Boden.“ Er beschäftigte sich immer mehr mit dem Thema, stieß dabei auf das Buch „Rainwater Harvesting“ des Permakulturdesigners Brad Lancaster und setzte dessen Tipps Schritt für Schritt um. Die Idee dahinter: „Die Strukturen müssen so geändert werden, dass das Wasser nicht weggeleitet wird“, erklärt er. Das gilt übrigens nicht nur für Gärten, sondern auch für Stadtflächen. „Es muss möglichst viel Wasser im Boden versickern und das klappt durch Verlangsamen sowie Verteilen des Wassers.“ In der Theorie klingt das logisch, doch wie funktioniert das in der Praxis? Der Hobbygärtner führt dazu einmal weiter durch seinen Waldgarten.

„Wasser läuft immer runter, deshalb sollten die Gehwege leicht erhöht liegen“, erklärt Thomas Oberländer. So bildet das Regenwasser keine Pfützen auf dem Pfad, sondern kann direkt im Boden versickern. Oder dort drüben, die aufgereihten Steine am kleinen Hügel, „dadurch fließt das Wasser langsamer und die Erde wird nicht weggespült“, sagt er. Und dann ist da ja noch das „Buddelprojekt“, wie er es nennt. Denn wichtig ist immer die Frage, welchen Boden ein Garten eigentlich hat. Bei ihm ist es ein Sandboden, das kann er auch direkt mit einer Probe im Marmeladenglas zeigen: „Die Erde zerfällt sofort, beim lehmigen Boden würde sie dagegen zusammenhalten.“ Und was bedeutet das nun? „Sandboden nimmt Wasser gut auf, gibt es aber auch schnell wieder ab.“

Klimafragen im eigenen Garten

Um Letzteres zu verhindern, buddelt Thomas Oberländer nun immer wieder kleine Löcher, die er mit selbsthergestellter Holzkohle und Kompost auffüllt. „Terra Preta“ nennt sich die Umgestaltung, durch die der Boden mehr Wasser aufnehmen kann. Ja, so ein Waldgarten ist viel Arbeit, aber es lohnt sich. „An einem heißen Sommertag kann es hier schon mal 15 Grad kühler als auf der Straßenseite sein“, sagt er. „Wir müssen beim Thema Klimawandel also mehr als nur über CO2 diskutieren.“ Deshalb nimmt er gern die Arbeit auf sich, werkelt jeden Tag zwischen Bäumen und Sträuchern… und kann nur schlecht entspannt auf der Bank sitzenbleiben, wie er lachend zugibt: „Irgendwas sieht man immer.“

Zeit für ein etwas anderes Projekt fand er deshalb auch erst während des Lockdowns: Seine gesammelten Erkenntnisse hat er in einem Buch zusammengeschrieben: „Wasser ernten. Für einen achtsamen Umgang mit Regen und Trockenheit“. Damit will er andere inspirieren, motivieren. Denn, und an dieser Stelle kommt sein eigentlicher Beruf – der eines Mathematikers – durch: „Wir haben 17 Millionen Gärten in Deutschland. Wenn nur zehn Prozent etwas anders machen würden, könnte sich schon einiges verändern.“

>>> Wie „Wasser ernten“ funktionieren kann

Das Buch „Wasser ernten. Für einen achtsamen Umgang mit Regen und Trockenheit“ ist 2021 bei Books on Demand erschienen, zählt 118 Seiten und kostet 15 Euro.

Weitere Informationen zu dem Thema sind auf seiner Homepage zu finden: www.wasser-ernten.de

Außerdem bietet Thomas Oberländer regelmäßig Workshops an. Kontakt: info@wasser-ernten.de