Amersfoort. Die Niederlande feiern den 150. Geburtstag der Künstler-Ikone Piet Mondriaan. Warum sich ein Ausflug in dessen Geburtsstadt Amersfoort anbietet.
Sie hängen überall in den Gassen der Stadt: weiße Flaggen mit rot, blau und gelb eingefärbten Vierecken. Und sie sind einem ganz besonderen Bürger gewidmet: Dem 1944 verstorbenen Künstler Piet Mondriaan, einer der Ikonen der klassischen Moderne, der nach seiner Flucht vor dem Nationalsozialismus in den USA Weltruhm erlangte und fortan seinen Namen nur noch mit einem A schrieb.
In diesem Jahr feiert Amersfoort – ja die ganze Niederlande – den 150. Geburtstag des Künstlers. Genannt wird er hier, wie es sich für die niederländische Schreibweise gehört, meistens mit Doppel-A. Die Flaggen greifen auf, mit welcher geometrischer Bildsprache Piet Mondriaan die bildende Kunst nachhaltig veränderte. Die Flaggen zeigen aber auch, wie stolz die Bürgerinnen und Bürger der Stadt auf ihren Mondriaan sind.
150. Geburtstag von Piet Mondriaan in den Niederlanden
Der Künstler scheint in der ganzen Innenstadt immer wieder auf die ein oder andere Weise anwesend. So hat das historische Hotel „Tabaksplant“ etwa ein „Mondriaanzimmer“ eingerichtet, im Restaurant „Hemels“ gibt es einen „Mondriaan Lunch“, der in das Amersfoort zu Zeiten des Künstlers mitnehmen will.
Nicht etwa mit geometrisch geschnittenen und bunt gefärbten Gerichten, sondern mit einer Mittagsplatte aus Lebensmitteln, die zu Mondriaans Lebzeiten gängig waren – Linsensuppe, Käse, eingelegtes Gemüse. Wer lieber etwas zeitgenössischeres möchte, wird sicher in den zahlreichen Restaurants und Cafés in den gemütlichen Gassen des Altstadtrings fündig – mit oder ohne Mondriaan-Referenz.
Museum Mondriaanhuis: Zuhause bei Mondriaan
Amersfoort ist Mondriaanstadt. Sicher, das Gemeentemuseum in Den Haag beherbergt die größte Mondrian-Sammlung der Welt – doch Amersfoort lässt es sich trotzdem nicht nehmen, seinen Ehrenbürger zu feiern. Die fußläufig gut zu erkundende Innenstadt kann mit dem Fokus auf das Leben des Künstlers erkundet werden, etwa mit einer Themenführung.
Im Haus der Familie Mondriaan – heute das Museum „Mondriaanhuis“ im Stadtzentrum an der „Korte Gracht“ – will die Ausstellung „Die Welt von Piet Mondriaan“ die Biografie des Künstlers anhand persönlicher Gegenstände, Fotos und Briefe sowie seiner künstlerischen Entwicklung zusammenbringen und erlebbar machen.
Kurze Filme führen durch Mondriaans Lebensetappen – von Amersfoort über Winterswijk, Amsterdam, Paris, London bis nach New York. Letztere Metropole spielte eine entscheidende Rolle für die Entwicklung und Bekanntheit des niederländischen Künstlers.
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Das Mondriaanhuis nimmt in einer Video-Installation die Besucherinnen und Besucher auch auf eine Reise durch Mondriaans New Yorker Jahre und versetzt dessen streng geometrische Malerei zu schneller Klaviermusik in flirrende Bewegung. Auf einen Kubus projiziertes Filmmaterial mit New Yorker Straßenszenen vermischt sich mit den geometrischen Mustern von Mandriaans bekanntem Werk „Broadway Boogie-Woogie“.
Rote, blaue und gelbe Linien strahlen bis auf den Boden des abgedunkelten Raumes ab, tanzen zu eigens für die Installation komponierter Musik an den Wänden und geben so eine Idee, wie das schnelle und laute Leben in der US-amerikanischen Stadt in den Kriegsjahren war.
Auch der Fokus auf die berühmte Bildsprache Mondriaans fehlt im Museum nicht. Eine Zusammenstellung seiner Landschaftsmotiven veranschaulicht etwa, wie die Formsprache des Künstlers immer abstrakter wurde, getrieben von der Suche nach der Essenz der Natur, der Struktur hinter den Dingen der Welt.
Kunst in Amersfoort: Mondriaan und die Gegenwart
Doch anlässlich des 150. Geburtstages des Künstlers bleibt Amersfoort nicht der Vergangenheit verhaftet. Die Kunstinstitutionen Amersfoorts sind sichtlich bemüht, die Bedeutung von Mondriaans Kunst für die heutige Zeit herauszustellen und seine Positionen durch Neuinterpretationen zeitgenössischer Kunstschaffender aufzugreifen und zu aktualisieren.
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Noch bis zum 14. August zeigt das Museum „Kunsthal Kade“ in diesem Zusammenhang eine Ausstellung mit zeitgenössischen Positionen, die in verschiedenen Genres die Frage aufgreifen: „Was bedeutet das Paradies heute?“
Damit widmen sie sich einem Thema, das auch schon Piet Mondriaan beschäftigte. Der Künstler begab sich seinerzeit auf die Suche nach der Utopie des „irdischen Paradieses“, das er auch mithilfe seiner Abstraktion zu fassen versuchte. Hundert Jahre nach Mondriaans Auseinandersetzung damit, untersuchen die Künstlerinnen und Künstler das Stichwort Paradies vor dem Hintergrund drängender gesellschaftlicher Probleme wie dem Klimawandel oder Umweltverschmutzung. Hier heißt das Stichwort eher Realität statt Utopie.
So können Besucherinnen und Besucher etwa ein Werk von Alexandra Kehayoglou im wahrsten Sinne des Wortes betreten. Die argentinische Textilkünstlerin setzt bedrohte Landschaften in riesige Teppiche um, mit denen sie die Aufmerksamkeit auf unseren Umgang mit der Natur lenken will.
Elleboogkerk Amersfoort: Eine Kirche voll Kunst
In der Elleboogkerk an der Langegracht gibt es den zweiten Teil der Ausstellung, rund zehn Minuten zu Fuß von der „Kunsthal Kade“ durch die Gassen der Altstadt entfernt. Hier finden sich in der leergeräumten Kirche Klanginstallationen des Künstlerduos Sander Breure und Witte van Hulzen – und knallbunte Wandmalereien in Deckenhöhe, entworfen von Gijs Frieling.
Seine teils an die christliche Bildsprache angelehnten Motive untersuchen das Menschsein in einer hochtechnologisierten Gemeinschaft und werfen dabei auch Fragen des Glaubens auf – Fragen nach dem Paradies eben.
Die Reise nach Amersfoort wurde von „Citymarketing Amersfoort“ unterstützt, dem Marketing der Stadt.