Am Niederrhein. Waren Sie schon im Wald der blauen Blumen? Oder haben mit Schafen gekuschelt? Susanne Wingels hat – und „Heimatglück“ geschrieben. Voller Tipps.
Sie kennen die Dame, Susanne Wingels, aus ihren Kolumnen, dienstags, auf dieser Seite. Vielleicht ist sie ihnen ja auch schon mal vor die Füße gestolpert, mit der Kamera in der Hand. Susanne Wingels ist eigentlich ständig unterwegs, um zu entdecken und dann Geschichten, Reportagen und praktische Ausflugs-Tipps daraus zu zaubern. Nun hat sie wieder ein Niederrhein-Buch geschrieben: „Heimatglück. Streifzüge und Stippvisiten am Niederrhein“ - erschienen im Essener Klartext-Verlag. Im Interview erklärt sie uns, warum das sein musste – und was der Niederrhein mit der Eifel zu tun hat.
Tach Frau Wingels. Wie definieren Sie denn Heimat?
Es gibt dieses Lied: „Home is where the heart is“ (platt übersetzt: Zuhause ist, wo dein Herz ist). Das trifft es ziemlich genau. Meine Eltern sind zugezogen; meine Wurzeln reichen von Ostpreußen bis ins Elsass. Aber ich bin in Kalkar geboren und war immer stolz darauf, Niederrheinerin zu sein.
Und was ist für Sie Glück?
Momente zu erleben, in denen man das Leben genießen kann. Das dazwischen kann man überstehen, solange es diese Momente gibt.
„Heimatglück“ heißt ihr neues Buch. Wer am Niederrhein lebt hat es also gut getroffen?
Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Der Niederrhein hat viel Platz und eine sehr abwechslungsreiche Landschaft und Natur. Hier kann jeder einen Platz finden, an dem sein Herz zuhause ist.
In Ihrem aktuellen Buch sind Sie zwischen Millingen (NL) und Mönchengladbach unterwegs und verraten uns 22 ganz persönliche Tipps – wie haben Sie die Orte aufgespürt?
Bei dem 6. Buch ist das fast schon ein Selbstläufer. Im ersten Buch stand das, was ich schon wusste, und ein kleines bisschen mehr. Inzwischen stoße ich an allen Ecken auf Neues und erweitere so Stück für Stück mein „Revier“ und mein Wissen. Das können Bekannte sein, die erzählen, wo sie gewesen sind.
Wir verlosen das „Heimatglück“
„Heimatglück. Streifzüge und Stippvisiten am Niederrhein“ ist im Essener Klartext Verlag erschienen (18,95 Euro). Ein Freizeitführer der Reihe „Schönes NRW“, in der besondere Orte vorgestellt werden, mit Ausflugs-Tipps.Wir verlosen drei „Heimatglück“-Niederrhein-Bücher von Susanne Wingels. Mail an niederrhein@nrz.de – Stichwort „Glück“. Das Los entscheidet. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss: 24. Oktober 2021.
Vor allem aber sind es Fotogruppen, zum Beispiel auf Facebook. Wenn ich ein tolles Bild sehe, frage ich, wo das ist, und nehme den Ort dann selbst unter die Lupe. Dieses Jahr habe ich es endlich geschafft, zur richtigen Jahreszeit den „Wald der blauen Blumen“ in Hückelhoven zu besuchen. Der stand schon seit Jahren auf meiner Agenda und hat mich dann so umgeworfen, dass ich ihm spontan noch etwas Platz im Buch „freigeschaufelt“ habe. In diesem Buch ging es um „Heimatglück“, also besondere und Lieblingsorte.
Historische Städte und Orte kommen in einen Extra-Band
Ich habe erst einmal alles aufgeschrieben, was mir dazu eingefallen ist, und dann in mich hineingefühlt, was ich den Lesern unbedingt erzählen möchte und welche Orte mir besonders am Herzen liegen. Wichtig ist mir auch, immer Ziele dabei zu haben, die nicht in jedem Buch stehen und von denen der eine oder andere noch nichts wusste. Am Ende hatte ich ein doppelt so dickes Buch konzipiert, so dass historische Städte und Orte nun einen Extra-Band bekommen, der im April unter dem Titel „Heimatschätze“ erscheinen wird.
Nun erlebt der Niederrhein ja viel Klischees – das Land ist platt, überall stehen Kopfweiden und alle Niederrheiner sind mit dem Fahrrad verwachsen…
Dass der Niederrhein nicht platt ist, weiß jeder, der mit der Fahrschule in Kleve Anfahren am Berg geübt hat. Kopfweiden sind Bäume, die ich sehr liebe und deren Anblick ich immer genieße. Mir fehlen die Pappelalleen aus meiner Kindheit. Die waren für mich auch ganz essenziell für den Niederrhein.
Ohne Fahrrad kommt der Niederrheiner nirgendwo hin...
Und das Fahrrad? Das braucht der Niederrheiner ganz dringend, um überall „hin zu können“. Wir sind hier sehr ländlich und touristisch noch nicht so frequentiert, so dass an den schönen Stellen keine Parkplätze sind. Da kann man dann nur mit dem Fahrrad anhalten. Oder zu Fuß hinlaufen. Ich habe letztes Wochenende vergeblich versucht, eine gute Sicht auf Rees von der linken Rheinseite zu ergattern. Und als ich dann bei der Fähre war, hatte der Fährmann Feierabend.
Man mag es ja kaum glauben – Sie lieben auch – die Eifel. So sehr, dass Sie einen Eifel-Blog regelmäßig füttern. Muss das sein?
Ja, das muss sein! Das ist für mich tatsächlich ein ganz großes Glück! Wenn ich Orte entdecke, die glücklich machen, dann muss ich das den Menschen auch mitteilen – egal, ob sie am Niederrhein liegen oder in der Eifel. Und parallel zum nördlichen, Unteren Niederrhein, der früher in Reiseführern immer zu kurz kam, weil die Autoren aus dem Raum Düsseldorf/Mönchengladbach stammten, habe ich auch in der Eifel mit dem Prümer Land eine Region, über die ich berichte, die bisher in Büchern völlig zu Unrecht immer sehr stiefmütterlich behandelt wurde – wie ein blinder Fleck auf der Landkarte. Das gedenke ich mit dem Blog zu ändern. Hier geht’s zum Eifel-Blog
Die Sache wir sogar noch weiter gehen: Das übernächste Buch wird von der Eifel handeln. Wenn wir schon die ganze Zeit über Glück sprechen: Es ist für mich ein riesiges Geschenk, nun mein Wissen zu teilen und solche Bücher schreiben zu können.
Was ist denn Ihr ganz persönlicher Wohlfühlort?
Es gibt verschiedene Orte. Ich bin kein Stadtmensch, ich brauche Luft und Natur, um mich wohlzufühlen. Am besten auch mit der Kamera im Gepäck. Aktuell merke ich, wie eng ich auch mit dem Rhein verbunden bin und wie sehr ich die Atmosphäre und die Geräusche liebe. Hochelten habe ich als Kind schon geliebt: den Drususbrunnen, die schönen Gebäude, die Aussicht und den Wald. Wir waren auch oft in Anholt, dahin zieht es mich auch bei jeder Gelegenheit.
Die Schwarzbachmündung in den Rotbach in Dinslaken ist auch so ein Ort: Meine Eltern haben lange vor meiner Geburt schon Ausflüge dorthin gemacht, und ich bin als 13-jährige in meinen Reiterferien mit dem Pony dort durchs Wasser geritten. Es macht Freude, solche Orte zu haben, an die man immer zurückkehrt.
Und durch meine Entdeckertouren kommt immer Neues dazu: In den letzten beiden Jahren zum Beispiel der Laubengang in Issum, die Nette-Brücke vor dem De Wittsee oder der Wald der blauen Blumen.
Zuhause fühle ich mich natürlich auch immer in Kalkar, wo ich aufgewachsen bin. Man atmet quasi gleich wieder vertraute Luft, kennt die Menschen und die Gegebenheiten. Seit früher Kindheit weckt auch die Eifel, wo wir damals schon Urlaub gemacht haben, Heimat-Glücksgefühle. Das kann ich nun – parallel zu meiner Liebe zum Niederrhein – schön ausleben.
Was unterscheidet denn den Niederrheiner – und die Niederrheinerin – vom Eifeler und der Eifelerin?
Ehrlich gesagt haben sie sehr viel gemeinsam. Ich erlebe beide als aufgeschlossen und naturverbunden. Die Eifeler sind noch etwas aufgeschlossener, was Fremde angeht.
Das liegt möglicherweise daran, dass das Gebiet größtenteils nährstoffarme Böden hat, so dass die Landwirtschaft nicht so viel abgeworfen hat, und die Menschen dort vom Tourismus profitieren. Man kommt sehr leicht ins Gespräch, und die Menschen sind äußerst hilfsbereit.
Wobei ich auch hier am Niederrhein bei meinen Umzügen in ein anderes Dorf nie ein Problem hatte, Anschluss zu finden. Wenn man den Menschen entgegen kommt und sich bewusst einbringt und engagiert, wird man überall offen aufgenommen. Humorvoll und trinkfreudig sind übrigens beide, Niederrheiner und Eifeler. Ich habe festgestellt, dass wir sehr ähnliche Traditionen haben. Der Karneval wird nahezu identisch gefeiert, und es gibt ähnliche Traditionen zu St. Martin.
Ihre Niederrhein-Tipps für Streifzüge und Stippvisiten finden alle an der frischen Luft statt – und sind in der Regel kostenfrei zu entdecken – was ist denn Ihr ganz persönlicher Favorit?
Natürlich alle meine oben aufgeführten Wohlfühl-Orte. Aber ich nenne jetzt ganz bewusst noch drei andere, die ich absolut empfehlen kann: den Elmpter Schwalmbruch bei Brüggen/Niederkrüchten, den Duivelsberg in Berg en Dal (NL), die Motte Aldeberg in Wegberg zwischen Arsbeck und Dalheim-Rödgen.