Kevelaer. Der Mann hat äthiopische Wurzeln, die bis ins Kaiserhaus reichen. Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate kommt nach Kevelaer – und spricht über Afrika.

Der Mann hat äthiopische Wurzeln, die bis ins Kaiserhaus reichen. Er hat einen deutschen Pass. Zahlreiche Bücher hat er veröffentlicht und viele Preise bekommen, u.a. 2015, den Grimme-Preis „Deutsche Sprache“. Und ein gefragter Berater für Politik und Wirtschaft in Sachen Afrika- und Europapolitik ist er auch: Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate. Am 6. Oktober hält er einen Vortrag in der Marienbasilika in Kevelaer. Wir haben ihn vorab gesprochen.

Guten Tag Herr Asserate – oder besser Herr Prinz Asserate, oder sollte ich Kaiserliche Hoheit sagen?

Wir leben in einer Republik und da ist die traditionelle Anrede nicht so wichtig!

Afrika-Vortrag mit Prinz Asserate

„Quo vadis Afrika, Perspektiven einer friedlichen Zukunft“ so lautet der Titel des Vortrags, den Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate am Mittwoch, 6. Oktober, 19.30 Uhr, in der Marienbasilika in Kevelaer halten wird. Ein Abend in der Reihe der Friedensaktionen der „Aktion pro Humanität“.Seit über 30 Jahren lebt der äthiopische Prinz, der 1948 in Addis Abeba als Sohn des Herzogs Asserate Kassa, einem der führenden Politiker unter Kaiser Haile-Selassie, geboren wurde, in Deutschland. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, u.a. über Rassismus und Afrikapolitik, über Afrikas „neue Völkerwanderung“ und immer wieder auch über die Deutschen, ihre Tugenden, Gewohnheiten und Manieren. Diese Friedensaktion der Aktion pro Humanität (APH) wird in Kooperation und mit Unterstützung der Wallfahrtsleitung Kevelaer durchgeführt. Eintritt frei.https://afroweb.de/asfa-wossen-asserate/

Willkommen am Niederrhein – waren Sie schon einmal in dieser Gegend?

Leider nicht, aber ich habe natürlich schon seit langem die Hoffnung gehegt, die Basilika der Heiligen Muttergottes in Kevelaer zu besuchen.

Am 6. Oktober werden Sie in der Basilika zu Kevelaer einen Vortrag halten – ein besonderer Abend im Rahmen der Friedensaktionen der in Kevelaer ansässigen Aktion pro Humanität. Verraten Sie uns zwei, drei Thesen vorneweg?

a.) Afrika ist die Urheimat von uns allen. Denn der Homo Sapiens entwickelte sich in Ostafrika.

b.) Afrika hat enormes Potential. Es verfügt über 40 Prozent der weltweiten Rohstoffe, Agrargütern, Wasservorräten und Energiereserven. Doch bei allem Optimismus sollte man nicht vergessen, dass sich die 56 Länder der Afrikanischen Union in höchst unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden.

c.) Während die Chinesen ihre Präsenz in Afrika ausdehnen, um gute Geschäfte zu machen, vermag Europa für sich kaum wirtschaftliche Vorteile erkennen. Stattdessen nimmt es den afrikanischen Kontinent primär als Hort von Gefahren wie illegaler Migration und islamistischem Terrorismus wahr. Das ist zu kurz gedacht!

Der Schriftsteller Prinz Asfa-Wossen Asserate. Ist u.a. mit dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache ausgezeichnet worden.
Der Schriftsteller Prinz Asfa-Wossen Asserate. Ist u.a. mit dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache ausgezeichnet worden. © dpa | Uwe Zucchi

Wenn wir an Afrika denken, öffnen sich seit Jahrzehnten ähnliche Bilder: der überwiegende Teil der Bevölkerung ist arm, die Regierungen sind korrupt, die Löcher, in denen Millionen von Entwicklungshilfegeldern versenkt wurden, sind gigantisch – und nun auch noch die Flüchtlingsdramen. Was muss passieren?

Wenn Afrika eine Zukunft haben soll, muss Europa von seiner bisherigen desaströsen Wirtschafts- und Handelspolitik Abschied nehmen. Es muss zu einer Handels- und Wirtschaftspolitik auf Augenhöhe kommen. Eine lange Zusammenarbeit zwischen der EU und der Afrikanischen Union wird der wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents zugute kommen. Über allem steht aber die Schaffung von Arbeitsplätzen für die junge Bevölkerung in Afrika.

Die europäische Flüchtlingspolitik setzt auf Fluchtursachenbekämpfung – baut Flüchtlingslager und macht Grenzen dicht, tüftelt Rückführungsregelungen aus…

Um die Fluchtursachen in Afrika zu bekämpfen müssen wir alles Menschenmögliche tun, damit die Afrikaner in ihren eigenen Ländern ein menschenwürdiges Dasein führen können. Mit Mauern und Stacheldrahtzäunen oder sogar dem Einsatz von einigen Divisionen europäischer Truppen an den Stränden des Mittelmeers wird das Problem nicht gelöst werden.

Dr. Prinz Asserate und sein Buch: „Toleranz - schaffen wir das?“

Sie reisen viel durchs Land, sind Unternehmensberater und haben dabei immer gern uns Deutsche beobachtet – und die Ergebnisse in Büchern festgehalten – „Draußen nur Kännchen“ ist so ein Werk – was fällt Ihnen denn spontan ein, wenn Sie deutsch hören?

Ich habe eine duale Identität und kann redlich sagen, dass Äthiopien mein Vaterland ist und Deutschland meine Heimat. Die deutsche Sprache zu hören, in welchem Land auch immer man sich befindet, ist immer eine Erinnerung an die Heimat.

„Wir werden niemals ein Paradies auf Erden haben“

Sie sind ja nun auch selbst deutscher Staatsbürger – hat Ihnen das schon mal persönlich Probleme bereitet?

Wissen Sie, ich musste nicht integriert werden. Ich kam bereits als Integrierter aus Äthiopien. Denn ich konnte schon sehr früh im Leben dank der Deutschen Schule in Addis Abeba, die deutsche Sprache lernen und schließlich mit dem deutschen Abitur meine Studien in Deutschland beginnen. Nachdem ich dann die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten habe, wurde ich überall mit offenen Armen empfangen.

Wenn, sagen wir mal, es ein Fußballspiel gäbe, in dem die äthiopische und die deutsche Nationalmannschaft gegeneinander anträten – für wen schlüge Ihr Herz?

Angesichts des jetzigen Platzes der äthiopischen Nationalmannschaft, das sie in der internationalen Fußballwelt einnimmt, wird es wohl nicht so schnell zu einer solchen Begegnung kommen - Gott sei Dank!

Denken Sie, dass wir es jemals hinbekommen werden, alle Menschen gleichberechtigt zu behandeln, den Kontinent Afrika von Hunger und Gewalt zu befreien und friedlich auf Augenhöhe miteinander zu leben?

Mehr Infos zu Dr. Prinz Asserate

Wir werden niemals ein Paradies auf Erden haben. Das ist sicher. Aber ich will mein Menschenmögliches tun, um dieses Ziel zu erreichen.

Sie werden ja nun bald in Kevelaer ankommen, dem größten deutschen katholischen Wallfahrtsort Deutschlands (nach Altötting). Macht das etwas mit Ihnen?

Da die Heilige Muttergottes meine Namenspatronin ist und ich fast alle großen Marienpilgerorte in Deutschland besucht habe, wird es mir eine große Freude sein, die Heilige Muttergottes in Kevelaer anzubeten.

Werden Sie bei „Maria“ eine Kerze entzünden?

It goes without saying!