Essen. Die GDL hat ihren Streik bei der Bahn in der Nacht beendet, der Verkehr rollt wieder weitgehend planmäßig. Am Wochenende drohen volle Züge.
- Bahnstreik auch in NRW: 48 Stunden lang haben die Lokführerinnen und Lokführer der GDL die Arbeit im Personenverkehr niedergelegt
- Der Streik ist seit 2 Uhr früh am Freitagmorgen beendet
- Der Zugverkehr in NRW ist weitgehend normal wieder angelaufen
- Deutsche Bahn warnt: Vor allem Fernzüge können am Wochenende besonders voll sein
- Viele Menschen vom Streik betroffen
Der Streik bei der Deutschen Bahn ist beendet, der Betrieb läuft auch in Nordrhein-Westfalen wieder an. Am frühen Freitagmorgen bestätigte ein Bahnsprecher, dass der Verkehr weitgehend normal gestartet ist. Der Ausstand der Lokführergewerkschaft GDL endete demnach planmäßig um 2 Uhr.
Allerdings könne es vereinzelt noch zu Beeinträchtigungen und Zugausfällen kommen. „Wir raten Bahnreisenden, sich vor Fahrantritt in den digitalen Auskunftsmedien der Deutschen Bahn zu informieren“, teilte er weiter mit. Die Bahn erwarte am Freitag zudem ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, weil viele Fahrgäste ihre Reise verschoben hätten.
Die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatten in der Nacht zu Mittwoch ihr Arbeit im Personenverkehr niedergelegt, um Druck für eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen zu machen. Güterzüge ließen sie schon seit Dienstagabend stehen.
Es gab zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen. Das große Chaos blieb an den NRW-Bahnhöfen aber aus: Die meisten Reisenden waren gut auf Zugausfälle vorbereitet. An vielen Bahnsteigen herrschte schon am Mittwoch gähnende Leere. Oder, um es mit den Worten eines Bochumer Taxifahrers zu sagen: "Der Streik ist zu früh angekündigt worden. Die Leute waren zu gut vorbereitet."
Bahnstreik in NRW: Die Zahlen
Von dem GDL-Streik waren laut DB-Angaben bundesweit mehrere Millionen Menschen betroffen. Berufspendelnde mussten aufs Auto oder den städtischen Nahverkehr ausweichen, Urlaubsreisende auf andere Fernverkehrszüge. An normalen Tagen nutzen täglich rund 4,6 Millionen Fahrgäste die Züge des Nah- und Fernverkehrs der DB, so der Konzern.
200 Fernzüge rollten am Mittwoch durchs Land, am Donnerstag seien zehn Prozent mehr Ersatzzüge mit zusätzlichen 15.000 Plätzen angeboten worden, so die DB. Im Nahverkehr lag das Angebot demnach an beiden Tagen bei rund 40 Prozent des normalen Fahrplans. Hier gab es jedoch große regionale Unterschiede.
Bei der eingerichteten Sonderhotline, die in Spitzenzeiten mit 450 Mitarbeitenden besetzt war, erkundigten sich rund 30.000 Anruferinnen und Anrufer.
Bahnstreik: Am Wochenende drohen volle Züge
Der Bahnstreik könnte auch am Wochenende noch Folgen haben: Die Bahn rechnet mit besonders vollen Zügen in den kommenden Tagen. Das liege zum einen am Rückreiseverkehr am letzten Ferienwochenende in NRW, zum anderen seien Betroffene des Streiks teilweise auch auf Verbindungen am Wochenende ausgewichen. Dadurch würden in den nächsten Tagen viele Menschen mit der Bahn unterwegs sein. „Gerade im Fernverkehr rechnen wir mit einer sehr hohen Auslastung“, sagte der Bahnsprecher am Donnerstag. „Reisende müssen sich darauf einstellen, dass die Züge relativ voll sein werden.“
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Die Bahn hatte sich angesichts des Streiks kulant gezeigt und auf ihrer Homepage mitgeteilt: Wer für die Streiktage ein Fernverkehrs-Ticket gebucht hat, die Fahrt aber streikbedingt verschieben will, kann das Ticket bis einschließlich Freitag (20. August) flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren. Außerdem entfalle die Zugbindung bei Sparpreisen – und für die Weiterfahrt könnten auch andere Züge genutzt werden als die, die auf der Fahrkarte stehen. Das gelte auch für Züge des Nahverkehrs.
Bahnstreik in NRW: Fährt mein Zug? Hier können sich Reisende informieren
Bahnfahrende finden Streik "in Ordnung" bis "arrogant"
Berufspendler Volker D. störte der Streik nicht, obwohl er selbst betroffen war: „Das ist schon in Ordnung, dass die GDL streikt. Die Lokführer haben es verdient, mehr Geld zu bekommen. Und wenn niemand streiken würde, würden wir in punkto bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen nie etwas erreichen.“
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Flixtrain-Kundin Ilona C. war kritisch, obwohl ihr Zug fuhr. „Der Streik ist unverhältnismäßig. Durch Corona und die Flut ist die Bahn massiv betroffen. Es ist ja ein Angebot vorgelegt worden. Dass das seitens der GDL nicht verhandelt wurde, finde ich anmaßend und arrogant“, meint sie.
Andere sehen es gelassener. „Ich bin extra zwei Stunden früher gefahren, mit einem anderen Anbieter“, sagte eine Pendlerin. Andere hatten die GDL-Ankündigung nicht mitbekommen und wurden von Zugausfällen überrascht. „Aber ich muss doch zur Arbeit“, beschwerte sich ein Mann vor der Anzeigetafel.
Schwestern nach 26 Stunden noch immer nicht am Ziel
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Die Schwestern Franziska und Hannah Pieper waren nach 26 Stunden Zugfahrt am MIttwochmorgen in Essen gelandet – und immer noch nicht zuhause. Die beiden hatten wenig Sympathie für die Streikenden: Sie waren nach ihrem Italienurlaub schon am Vortag in Salerno gestartet und hätten längst zuhause in Reken sein sollen. Vom Streik hatten sie erst erfahren, als sie um 1.30 Uhr in München ankamen und zwei Stunden warten mussten. Ab da wurde es spannend: "Niemand wusste, ob der Zug nicht irgendwo auf der Strecke plötzlich stehen bleibt", sagt Franziska. Nach mehreren Umstiegen hofften sie in Essen auf den RE14 – nach Hause.
Zwei Tischler-Azubis, die ausnahmsweise nicht mit dem Auto fahren konnten (das brauchte Papa), nahmen es gelassen: Sie standen am Hauptbahnhof Bochum wussten nichts vom Streik, aber ihr Zug nach Dortmund verspätete sich nur etwas . Bei den zwei älteren Damen, die nach Hamburg wollen, sah das anders aus: Ihr ICE fuhr nicht. "Ausgerechnet heute, wo wir mal fahren wollen!", sagen sie.
Großer GDL-Streik hatte 2014 und 2015 Bahn lahm gelegt
Die Lokführer-Gewerkschaft GDL will nach den Worten ihres Chefs Claus Weselsky eine Nullrunde im laufenden Jahr nicht akzeptieren, verlangt eine deutliche Corona-Prämie und Einkommenssteigerungen von 3,2 Prozent bei einer Laufzeit von 28 Monaten. Laut GDL hätten 95 Prozent der Teilnehmenden der Urabstimmung für Arbeitskampfmaßnahmen gestimmt. „Das ist mehr als wir erwartet haben“, sagte Weselsky und erklärte zugleich die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn für gescheitert.
Alles zu den Tarifverhandlungen lesen Sie hier: Warum die Verhandlung zwischen GDL und Bahn scheiterten
Es war der erste Streik bei der Bahn seit Dezember 2018, als die größere Eisenbahner-Gewerkschaft EVG ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Weitaus härter verlief der GDL-Streik 2014 und 2015. In acht sich steigernden Wellen legten die Lokführer unter Weselskys Führung die Arbeit nieder und weite Teile des Streckennetzes lahm.
Fahrgastverband Pro Bahn: Streik zu kurzfristig angekündigt
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die sehr kurzfristige Ankündigung des 48-stündigen Streiks im Personenverkehr Die Kunden bräuchten mehr Zeit, um ihre Reisen umzuplanen. „Ein Streik richtet sich bei der Bahn nicht nur gegen das Unternehmen, sondern auch gegen weite Teile der Bevölkerung. Viele Fahrgäste können nicht ausweichen“, sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann am Dienstag. Naumann appellierte an die Tarifpartner, weiter zu verhandeln. „Muskelspiele bringen niemanden weiter.“
Die Fahrgastvertreter fordern seit langem, dass die Bahn und ihre Gewerkschaften außerhalb von Tarifkonflikten feste Streikfahrpläne vereinbaren. Damit könne im Streikfall für die Fahrgäste ein verlässliches Notangebot aufrechterhalten werden. Als Beispiel dafür nannte Naumann Italien. Notwendig sei auch die rechtzeitige Ankündigung des Streiks. „Es sollten mindestens 24 Stunden sein, besser noch 48 Stunden.“ (mawo/juh/mit dpa/afp)