Gladbeck/Gelsenkirchen. Dass ein Profi des FC Schalke 04 in der Kreisliga kickt, ist trotz der sportlichen Krise der Königsblauen ungewöhnlich. Wir haben einen getroffen.
Am 10. November startet die Virtual Bundesliga in die Saison 2020/21, diesmal mit sogar 26 Vereinen. Für Schalke 04 ist wieder Tim „Latka“ Schwartmann dabei, mit mehr als 200.000 YouTube-Abonnenten, 60.000 Twitch Followern und 50.000 Abonnenten bei Instagram gehört er zu den Stars der deutschen „FIFA“ -Szene.
Der 22-Jährige ist aber nicht nur am Bildschirm, sondern auch wieder auf Asche am Ball. Mit Wacker Gladbeck spielt er in der Kreisliga B. Wir haben uns mit ihm über virtuellen und „echten“ Fußball unterhalten.
Tim Schwartmann, wie gefällt Ihnen ‘FIFA 21’?
Tim ‘Latka’ Schwartmann: Sehr gut! Es ist deutlich offensiver als ‘FIFA 20’, das ist auf jeden Fall ein Vorteil für mich. Wenn ich ‘FIFA’ zocke, will ich Spaß haben, da freut es mich, wenn ein Spiel 3:3 statt 0:0 ausgeht.
Welche neuen Features warten noch auf die Fans?
Es gibt neue Dribblings, da muss man den Ball etwas enger am Fuß führen. Auch das kommt meinem Spiel entgegen und macht richtig Bock!
Seit wann trainieren Sie?
Offiziell ist ‘FIFA 21’ seit dem 9. Oktober erhältlich, ab dem 1. Oktober gab es aber schon eine Vorabversion, mit der ich schon mal trainieren und dann erste Videos auf meinem Youtube-Kanal hochladen konnte. Die Reaktionen meiner Follower sind sehr positiv, sie freuen sich nicht nur darüber, dass sie sich dort Tipps holen können, sondern auch über eine andere Sache, die für ziemlich viel Furore in der Community gesorgt hat.
Welche?
Seit einigen Jahren werden ja die meisten E-Sport Turniere in FIFA im Spielmodus Ultimate Team ausgetragen, in dem man sich aus allen im Spiel verfügbaren Spielern sein Dreamteam zusammenstellen kann. Wer da echtes Geld für Ingame-Käufe in die Hand nimmt, verschafft sich einen Vorteil. Ich habe entschieden, nicht mehr in FIFA Points zu investieren. Mir ist bewusst, dass andere E-Sportler nun deutlich bessere Chancen haben, gegen mich zu gewinnen. Aber wir FIFA-Profis haben auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Und die nehme ich jetzt wahr. Ich bin dankbar, dass der FC Schalke 04 Esports mich dabei unterstützt. Das hätte sicher nicht jeder Verein gemacht. Erfolg im E-Sport darf sich nicht darüber definieren, wer am meisten Geld ausgibt.
Mit welchen Ambitionen geht Schalke 04 denn in die neue Saison in der Virtuellen Bundesliga?
Wir wollen auf jeden Fall besser abschneiden als in der letzten Saison und möglichst unter die Top 6 kommen. Wieder ganz vorne sehe ich Titelverteidiger Werder Bremen. Außerdem hat RB Leipzig neue Spieler im Kader, die sicher auch sehr stark sind.
Als die ‘echte’ Bundesliga wegen Corona im Frühjahr pausieren musste, haben Sie gemeinsam mit Profi Nassim Boujellab an der Bundesliga-Home-Challenge teilgenommen. Wer hat es noch an der Konsole drauf?
Nassim Boujellab ist schon mit Abstand der beste ‘FIFA’ -Spieler in der Schalker Mannschaft. Auch Weston McKennie, der ja inzwischen bei Juventus Turin, spielt, war richtig gut. Zuletzt hat Amine Harit an einem Turnier auf der Plattform Twitch, bei dem ich auch dabei war, mitgezockt. Er hat es auch drauf. Insgesamt sind es eher die jüngeren Spieler in der Mannschaft, die gaming-affin sind und Bock auf ‘Fifa’ haben.
Inwiefern ändert Corona die Bedingungen auch fürs Gaming?
Man kann einfach zurzeit nichts planen. Bei den großen internationalen Events, die eigentlich ab Ende November starten würden, sind ja normalerweise Spieler aus der ganzen Welt dabei. Das wird nun nicht gehen.
Wie sieht denn Ihr Alltag in der Vorbereitung auf die Saison aktuell aus?
Ich stehe gegen 9.30 Uhr auf und setze mich dann an den Rechner, trainiere und lade dann mittags ein Video auf Youtube hoch. Nachmittags streame ich meistens noch ein paar Stunden und habe so dann im Grunde einen ganz normalen Acht-Stunden-Tag wie andere Arbeitnehmer auch.
Und abends geht es auf den Platz: Sie haben Ihr Comeback im ‘richtigen’ Fußball gegeben...
Ja, bei Wacker Gladbeck in der Kreisliga B. Das ist eine fast komplett neu zusammengestellte Mannschaft, in der ein paar Kumpels von mir kicken. Ich wollte einen körperlichen Ausgleich zu meiner Tätigkeit im E-Sports, und was lag da näher, als selbst wieder Fußball zu spielen?
Warum hatten Sie zwischenzeitlich aufgehört?
Aus zeitlichen Gründen, als es aufs Abitur zuging. Insgesamt habe ich über sechs Jahre nicht im Verein gespielt, aber ich bin froh, dass ich das jetzt wieder tue. Die Bewegung draußen tut mir gut, ich komme super herunter, nachdem ich den ganzen Tag nur vor dem Bildschirm verbracht habe und kann etwas für meine körperliche Fitness tun.
Sind in Ihrer Truppe auch ‘FIFA’ -Zocker?
Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht. Als ich beim ersten Training war, habe ich mich auch nicht in die Kabine gestellt und gesagt: ‘Ich bin Tim ‘Latka’ Schwartmann, der E-Sports-Profi’ (lacht). Inzwischen wissen meine Teamkollegen aber, was ich beruflich mache. Und von einem Gegenspieler bin ich sogar nach dem Spiel schon einmal gefragt worden, ob wir ein Foto zusammen machen könnten. Das habe ich natürlich gerne getan, aber in erster Linie bin ich ein ganz normaler Spieler von Wacker Gladbeck.