An Rhein und Ruhr/Berlin. .
Der 12. Mai ist der Tag der „Küken-Offensive“. Kinder lachen, Luftballons steigen in den Himmel, ständig klickt und rattert es im Blitzlichtgewitter. Mittendrin: Ursula von der Leyen. Sie ist nach München gekommen, um an der Bundeswehr-Universität eine Kindertagesstätte zu eröffnen. Familienoffensive. Oberste Priorität der Verteidigungsministerin. „Ich habe eine Krippe gesehen, die vom Feinsten ist“, verkündet sie. Der Bund der Steuerzahler kann das bestätigen.
Schon während des Baus stiegen die Kosten um 40%. Am Ende waren es 2,4 Millionen Euro. Für 36 Kinder. Jeder Platz schlug mit 68 000 Euro zu Buche, viel teurer als ein durchschnittlicher neuer Kita-Platz (36 000 Euro). Die Prognosen für die Betriebskosten lägen auch „deutlich über dem Bundesdurchschnitt“, beklagte Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, gestern in Berlin.
Mehr Hinweise von Bürgern
Von der Leyens Vorzeige-Kita ist einer von 106 Fällen im aktuellen „Schwarzbuch“. Es gibt nach Holznagels Worten keine „Hotspots“ der öffentlichen Verschwendung. Keine Ebene sei dagegen gefeit. Jedes Land ist dabei. Aus NRW sind 16 Fälle dokumentiert.
Die Verschwendung werde „anders“, sie verändere sich, erzählt Holznagel. Die plumpen Fälle würden seltener, etwa, dass ein Minister in Berlin die Flugbereitschaft privat nutzt. Holznagel: „Die Politik hat dazu gelernt.“ Überhaupt habe sich „das Gefühl“ für Verschwendung von Steuergeldern verändert, auch in den Medien und bei den Bürgern. „Wir kriegen mehr Hinweise“, erzählt Holznagel.
Duisburg taucht gleich zweimal auf
Zu den Dauerbrennern gehört im Bund die BND-Zentrale. Zunächst sollte der Neubau 720 Millionen Euro kosten – jetzt ist die 1,5 Milliarden-Marke geknackt. Augen zu und durch gilt auch für das Fußballmuseum in Dortmund. Das Bauunternehmen ist insolvent, die Eröffnung verzögerte sich, dem Deutschen Fußball-Bund und der Stadt entgehen je 250 000 Euro.
Duisburg taucht gleich zweimal in der sogenannten Nachlese des Steuerzahlerbunds auf. Erstes Beispiel: Die Kameraschienenbahn an der Wedau, die Bilder von Kanurennen liefern sollte, aber nicht funktioniert. Die 1,2 Millionen Euro hat zumindest der Steuerzahlerbund längst abgeschrieben, während die Stadt weiter auf Schadenersatz klagt. „Duisburg reitet ein totes Pferd“, lautet das Urteil.
Das zweite Beispiel betrifft das Museum Küppersmühle. Bei der Erweiterung hat die städtische Baugesellschaft Gebag einiges in den Sand gesetzt, meint der Steuerzahlerbund. Aber auf Nachfragen reagiert die Gebag nicht.
Gesetze verständlich, aber teuer
Manche Kritik ist allerdings auch geschmäcklerisch. So lässt zum Beispiel das Justizministerium seit fünf Jahren Gesetzentwürfe von Sprachwissenschaftlern bearbeiten. Kosten: 650 000 Euro. Dem Bund der Steuerzahler verschlage es die Sprache, „weil nie objektiv kontrolliert wurde, ob das Projekt wirklich bessere Gesetze hervorbringt“. Bloß: Es geht nicht um bessere, sondern um verständlichere Gesetze. Und wie würden sie erst klingen, wenn man sie nur den Juristen überließe?
Viel Kritik an NRW
Besonders harsch äußert sich der Steuerzahlerbund über Nordrhein-Westfalen. Es leiste sich einen „landeseigenen Geldvernichtungsbetrieb“. Aktuelles Beispiel ist die Fachhochschule Bielefeld. 161 Millionen Euro sollte sie kosten. „Mittlerweile ist man bei 260 Millionen angekommen“, heißt es im „Schwarzbuch“. Damit geselle sich ein „Millionengrab“ zu den zahlreichen anderen, die der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen schon beschert habe, heißt es.
Das sind die Beispiele, die Holznagel in seiner Ansicht bestätigen: „Deutschland hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgaben- und Verschwendungsproblem.“