An Rhein und Ruhr. .

Vier große Trolleys stehen bei Michael Wupper im Hausflur, bestückt mit eingeschweißten Instrumenten, die ein Zahnarzt zur Untersuchung braucht. Damit machen sich Wupper und seine Mitarbeiter mehrmals im Monat auf, um Senioren in Pflegeheimen auf den Zahn zu fühlen – und diese gegebenenfalls auch zu behandeln. Seit 30 Jahren ist der Duisburger Zahnarzt mit seiner mobilen Praxis in Senioreneinrichtungen unterwegs und war damit ebenso lange eine von wenigen Ausnahmen. Nun sollen Zahnarztbesuche in Einrichtungen für Pflegebedürftige und behinderte Menschen die Regel werden.

Es gab keine klare Vereinbarung

Bereits Anfang April 2014 beschlossen der Bund der Krankenkassen und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) einen Rahmenvertrag, der es Heimen und niedergelassenen Zahnärzten nunmehr ermöglicht, zusammenzuarbeiten. Verträge sollen die zahnärztliche Versorgung der Bewohner sichern, die eine Praxis nicht aufsuchen können. . Eine zahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen im Heim wird immer wichtiger, weil immer mehr alte Menschen entweder noch ihre eigenen Zähne haben oder mit Teilprothesen oder Implantaten versorgt sind.

Neben Eingangsuntersuchungen und regelmäßigen Kontrollen, sollen Tipps zur Mundpflege gegeben werden, denn die alten Menschen sollen vor allem schmerzfrei essen und sprechen können. Die Zahnärzte wiederum können nun den hohen Aufwand der Behandlung vor Ort auch adäquat abrechnen.

Das war bisher nicht der Fall. „Es gab immer schon Ärzte, die in die Heime gegangen sind“, bestätigt Dr. Uwe Neddermeyer von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein. Allerdings sei diese Leistung trotz hohen Aufwands schlecht bezahlt gewesen. Nun habe das Thema zunehmend Bedeutung gewonnen in einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen immer älter werden: „Es haben ja auch Zahnärzte Eltern, die alt und pflegebedürftig werden.“

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Das Problem sei zunächst etwas verschlafen worden, stellt Michael Wupper fest, der gleichzeitig auch Duisburger Verwaltungsstellenleiter der KZV Nordrhein ist: „Aber wie lange hat es gedauert, bis das Thema Zahngesundheit zum Beispiel in Schulen und Kindergärten flächendeckend Einzug hielt?“

Wenn die Menschen in Heime ziehen, endet oft der regelmäßige Besuch einer Zahnarztpraxis. Dabei haben viele Senioren heutzutage bis ins hohe Alter noch eigene Zähne. Den medizinische Fortschritt könne man tatsächlich auch am Gebiss festmachen: „Vor 30 Jahren hatten 60-Jährige oft schon eine Vollprothese, die zu betreuen ist ja relativ einfach“, so Wupper.

Heute seien viele Patienten mit hochwertigen Teilprothesen versorgt, die zum Teil herausnehmbar seien, zum Teil aber auch nicht, und die sowohl für Betreuer, als auch für Patienten aufwendig zu reinigen und zu pflegen seien. Manche Menschen hätten Implantate, andere sogar noch ein vollständiges eigenes Gebiss, und das sei „auch im Alter noch anfällig für Karies oder vor allem für Krankheiten am Zahnhalteapparat, wie Parodontose. Da werden die Zähne dann locker, fallen aus“.

Zu Hause klappt es meist noch

Zu Hause würde die Zahnpflege meistens mithilfe der Angehörigen noch klappen: „Und dann kommt jemand ins Heim und nach einigen Wochen riecht der plötzlich aus dem Mund.“ Ein Zeichen, dass mit den Zähnen etwas nicht stimmt.

Schlechte Zähne begünstigen aber nicht nur andere, lebensbedrohliche Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Sie grenzen aus, auch im Umgang mit anderen. Und: „Wenn wir Zähne ziehen müssen, geht das oft nur in einer Klinik und ist mit erheblichem Aufwand verbunden“, so Wupper. Viele alte Patienten sind auf Medikamente angewiesen – zum Beispiel Blutverdünner – da seien Wechselwirkungen zu beachten. Allemal sinnvoller sei es, vorzubeugen, Schäden zu reparieren, vor allem aber auf Mundhygiene zu achten, und sei es nur durch Zahnbürsten, die mit gebogenen, verdickten Griffen jenen das Zähneputzen erleichtern, die nicht mehr so gut greifen können.

Die Verbesserung der Versorgung soll nicht nur alten Menschen helfen, sondern auch Behinderten, die in Einrichtungen leben. Auch deren Zahngesundheit sei deutlich schlechter als die der übrigen Bevölkerung, lauten die Ergebnisse von zahnärztlichen Untersuchungen.

An Grenzen stoße man aber auch – zum Beispiel bei schwer an Demenz Erkrankten. Michael Wupper: „Eine Kooperation mit dem Patienten ist ab einem bestimmten Stadium nicht mehr möglich. Sobald es piekst oder unangenehm ist, machen sie einfach den Mund nicht mehr auf.“

Da bleibe dann, in Absprache mit den Angehörigen, manchmal nur eine Totalsanierung in einer Klinik.