Düsseldorf. .
Er soll der Mann sein, den die Kameras von McDonald’s auf dem Bonner Hauptbahnhof erfassten. Jener Bärtige mit der Strickmütze, der die blaue Sporttasche auf Bahnsteig 1 abstellte. Marco G., ein 26-jähriger Salafist, muss sich nun vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen des versuchten Bombenanschlags vom Dezember 2012 verantworten. Mitangeklagt sind drei Komplizen, mit denen er ein Attentat auf den Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Pro NRW geplant haben soll.
Warum die Rohrbombe in Bonn nicht explodierte, wurde nie geklärt. Vielleicht lag es an einem Konstruktionsfehler oder an einem instabilen Zünder. Nur eines steht fest, davon ist der Generalbundesanwalt überzeugt, sie hätte auf dem Bahnsteig ein Blutbad angerichtet. Zeugen hatten die Polizei auf die herrenlose Tasche aufmerksam gemacht.
Attentat auf Pro-NRW-Vorsitzenden
Festgenommen wurde der Bonner Marco G. allerdings erst viel später, in der Nacht auf den 13. März 2013, als er mit dem Albaner Enea B. in Leverkusen auf Ausspähungsfahrt rund um die Wohnung des Pro-NRW-Vorsitzenden Markus Beisicht kurvte. Ermittler hatten seinen Wagen verwanzt, deshalb verhinderten sie offenbar im letzten Moment, dass Beisicht erschossen wurde.
Ab Montag nun befasst sich der 5. Strafsenat des OLG Düsseldorf mit den mutmaßlichen Straftaten der drei Deutschen Marco G., Koray D. (25) und Tayfun S. (24) sowie des Albaners Enea B. (43). Eine Audiobotschaft der Islamischen Bewegung Usbekistans mit dem Titel „Tod der Pro NRW“ soll sie bewegt haben, Sprengstoff-Anschläge und Attentate in Deutschland zu verüben. „Der Prozess ist erst einmal mit 55 Verhandlungstagen bis April angesetzt. Er könnte aber durchaus länger dauern“, erklärt OLG-Sprecher Andreas Vitek. Verteidigt werden die Angeklagten von acht Rechtsanwälten, darunter der Essener Herbert Lederer. Er steht Tayfun S. zur Seite. Der 24-Jährige war dem Essener Staatsschutz schon vor längerer Zeit aufgefallen, wurde dort angeblich in der Kategorie „Politisch motivierte Ausländerkriminalität“ registriert. Es heißt, er habe Kontakte zu abgeschobenen Islamisten.
Und auch er hatte Bezüge ins Ruhrgebiet: Koray D., ein 24-Jähriger, der aus Wülfrath stammt, Sohn einer Lehrerin und eines Altenpflegers. Koray D., so schrieb Spiegel-online kürzlich, war schon Mitabiturienten wegen seiner „leicht terroristischen Veranlagungen“ aufgefallen.
Verwaltungsfachwirt in Duisburg
Später, nach seiner Zeit bei der Bundeswehr, ließ er sich bei der Stadt Duisburg zum Verwaltungsfachwirt ausbilden. Beim Schießsportverein „Snipers-Essen“ schoss er eineinhalb Jahre auf Zielscheiben aus Pappe. Koray D. soll zuletzt Arabistik studiert haben. Alle vier Angeklagten haben sich bisher nicht zu den Vorwürfen eingelassen. Es steht zu vermuten, dass sie sich auch zu Beginn des Prozesses nicht äußern werden. Auffällig ist, dass wieder einmal in einem nordrhein-westfälischen Verfahren die Islamische Bewegung Usbekistans (IBU) eine herausragende Rolle spielt. Bereits beim so genannten Sauerland-Prozess hatten die Angeklagten um Fritz Gelowicz eine Untergrund-Ausbildung in Terrorcamps der Islamistischen Jihad Union (IJU) in Waziristan erhalten. Die IJU gilt als Splittergruppe der IBU.
Pistolen und Ammoniumnitrat
Auslösend für die Attentats-Pläne der Gruppe um Marco G. soll der islamkritische Landtagswahlkampf der Partei Pro NRW im Frühjahr 2012 gewesen sein. Sie hätten zur Schau gestellte Mohammed-Karikaturen als nicht hinnehmbare Provokation empfunden.
Dem aus Oldenburg stammenden Konvertiten Marco G. droht, sollte er schuldig sein, eine lebenslängliche Strafe. Nach der Verhaftung waren in seinem Apartment eine Pistole der Marke Ceska und eine Beretta gefunden worden sowie Ammoniumnitrat, das dem in der Rohrbombe vom Bonner Bahnhof verwendeten Stoff ähnlich sein soll.