Köln. Als das Handy von Rainer Maria Woelki vor einigen Tagen spät abends klingelte, wollte der Berliner Kardinal gar nicht rangehen. „Ich war müde, hatte zu nichts mehr Lust, und habe vor dem Fernseher abgehangen. Es lief gerade ein Film mit Til Schweiger, und ich habe schon lange nicht mehr so gelacht.“ Schließlich nahm er doch ab, denn die Nummer gehörte seinem alten Bekannten Stefan Heße, dem Diözesanadministrator des Erzbistums Köln. Und der teilte Woelki mit, dass er neuer Erzbischof von Köln werden solle. Woelkis erste Reaktion: „Ihr seid bekloppt.“
Am Samstag kam der frisch ernannte Kölner Oberhirte und Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Joachim Kardinal Meisner zum Antrittsbesuch in die Domstadt. Ein Heimspiel: Der 57-Jährige ist im Stadtteil Mülheim aufgewachsen. Viele Kölner freuen sich, dass einer von ihnen der neue Erzbischof wird. Auf seinem Fußweg durch die Innenstadt muss Woelki Hände schütteln, Passanten gratulieren ihm. Wie heimatverbunden der Kirchenmann ist, zeigt dieses Zitat: „Ich bin dem FC treu geblieben, gegen alle Versuchungen von Hertha und Union. Ich habe deren Spiele besucht, aber gefreut und gelitten habe ich nur mit einem.“ Als Woelki zum Mittagsgebet den Dom betritt, wird er mit großem Applaus empfangen. „Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen“, ruft er den Hunderten Gläubigen zu. Zuvor hat Woelki erläutert, welche Themen ihm wichtig sind. Die Ökumene will er vorantreiben, das Gespräch mit anderen Religionen und Nicht-Gläubigen suchen, auch konstruktiv mit der Politik zusammenarbeiten.
Aufgabe der Kirche ist nach Ansicht von Woelki auch, sich um Arme und Flüchtlinge zu kümmern und in Problembezirke zu gehen. „Dort leben Menschen, die unsere Hilfe, aber auch die befreiende Botschaft Jesu suchen“, sagt Woelki, der im Berliner Arbeiterviertel Wedding wohnt, da die bischöfliche Wohnung renovierungsbedürftig war. In Köln werde er im bischöflichen Haus wohnen.