An Rhein und Ruhr. .

Doch, der Orkan schreibt auch menschliche Geschichten: So fanden mehrere Hundert Konzertbesucher eines Open-Air-Festivals im Essener Süden Asyl bei Flüchtlingen: Nahe dem Konzertgelände sind 56 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien und Ägypten untergebracht – und sie nahmen bereitwillig viele durchnässte Jugendliche auf und spendierten ihnen heißen Tee und warme Kleidung. Das aber bleibt auch am Tag 2 nach dem großen Unwetter eine der wenigen guten Nachrichten. In Essen, Düsseldorf und Mülheim überwiegt vor allem das Entsetzen darüber, wie groß die Schäden am zum Teil historischen Baumbestand sind.

In Düsseldorf sind 17 000 der 69 000 Straßenbäume entwurzelt worden, weitere 8000 Bäume sind stark geschädigt. – „Gut, dass Idefix das nicht erleben muss“, meinte ein Düsseldorfer, dessen Humor wenigstens noch aufrecht blieb. Wie groß die Schäden im Stadtwald sind, kann zur Stunde noch niemand sagen: Die Helfer sind alle noch in der Innenstadt eingesetzt, um möglichst bald die Innenstadtstraßen wieder freizubekommen. Unter anderem stehen noch 30 Stadt- und Straßenbahnen irgendwo auf den Schienen; eingekeilt zwischen umgestürzten Bäumen müssen sie nachts von Sicherheitsdiensten bewacht werden.

Nachbarschaften organisierensich Hilfe über das Internet

Über Internet-Dienste greifen inzwischen immer mehr Bürger zur Selbsthilfe: Auf den virtuellen Stadtplänen tauchen rote, gelbe und grüne Einsatzstellen auf: Die Betroffenen fragen nach Kettensägen, Bohrmaschinen und anderem Gerät, um vor dem Haus und in der Nachbarschaft aufzuräumen oder aus der Einfahrt zu kommen.

In vielen Städten an Rhein und Ruhr fällt auch in den kommenden Tagen an zahlreichen Orten der Unterricht aus, Gleiches gilt für viele Kindertagesstätten. Auch, wenn die Gebäude den Orkan überstanden haben, sind Schulwege, Zugänge und Pausenhöfe womöglich noch gefährlich: Die Äste auf dem Weg sieht man, dass womöglich angebrochene Äste in der Baumkrone beim geringsten neuen Windstoß herabstürzen können, macht das große Risiko aus.
So warnt unter anderem die Feuerwehr Düsseldorf erneut vor herabfallenden Ästen oder Dachziegeln. Veranstaltungen auf der Einkaufsstraße Kö, darunter der „Bücherbummel“, wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt. Viele Städte haben Wälder und Grünanlagen bis auf Weiteres gesperrt.

Für das Ruhrgebiet gilt nach einer Anordnung des Regionalforstamtes bis nächsten Mittwoch: Betreten des Waldes verboten. Die Gefahr durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume ist zu groß.

Auch die Kultur war am ersten Unwetterabend betroffen. Die Oper Duisburg musste eine Aufführung von Wagners „Lohengrin“ mitten im dritten Akt abbrechen, weil es plötzlich auf die Bühne regnete. „Es regnete direkt ins Brautgemach“, sagte Rheinoper-Sprecherin Monika Doll. Dann seien auch Putzbrocken auf die Bühne gefallen. Die Schäden hielten sich aber in Grenzen. Der Proben- und Vorstellungsbetrieb könne weiterlaufen.

Innenministerium rechnet mitmindestens 20 000 Einsätzen

Das Innenministerium geht davon aus, dass bis zum Wochenende rund 20 000 Einsätze von Polizei und Feuerwehr nach dem Unwetter abgearbeitet sind. Bis zum Start des Berufsverkehrs am Mittwoch waren die Hauptverkehrsstraßen meist passierbar. Die Zahl der Toten (6) und Verletzten (67) hat sich seit Dienstag nicht verändert.

Tief „Ela“ hat mit seinem Gewittersturm in Nordrhein-Westfalen nach übereinstimmenden Angaben von Versicherern Schäden in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro angerichtet. Es seien bereits über 14 000 Schäden an Wohngebäuden und Autos gemeldet worden. Für Westfalen nannte die Provinzial einen Betrag von 15 Millionen Euro.