Essen.. Ein Essener Modehaus lässt seit Jahren renommierte Models die neuste Kollektion vorführen. Doch die großen Kaufhäuser haben sich vom Laufsteg verabschiedet. Auch die Auswahl an internationalen Models ist rar. Von 3000 Bewerberinnen schafft es nicht mal eine Handvoll.
Leichtfüßig schreiten die sechs Models über den hellen Parkettboden, lächeln in die Menge, bleiben stehen, drehen sich, gucken nach links, mal nach rechts und verschwinden wieder hinter dem schwarzen Vorhang – die Damen im Publikum klatschen, richten ihre Brillen und wechseln ein, zwei Worte mit der Nachbarin.
Die Show gefällt, das Modeln auch, die Einkaufstaschen füllen sich nach der gut 45-minütigen Modenschau schnell – Blusen mit glitzernden Swarowski-Steinen, Tops in 3D-Optik, Kleider, Röcke und Jeans in verschiedenen Farben und Formen. Das Konzept geht auf, Geschäftsführer Marten von Drahten vom Modehaus „Von Drahten“ weiß, warum er noch immer auf Modenschauen setzt.
Das Modelleben ist stressig
Im benachbarten Kaufhaus sind diese jedoch rar geworden. Der Catwalk wird höchstens noch in Mailand, Paris oder Berlin ausgerollt, zu den großen renommierten Fashion Weeks. Für Von Drahten gehört’s zum Service. „Individuelle Mode bedarf einer bestimmten Präsentation.“ Auf dem Bügel sähen viele Teile langweilig aus, am Menschen nicht. Und die Mädels können es tragen, das Kostüm sitzt perfekt. Internationale Models würden für ihn laufen, sagt Von Drahten.
Sarah Odukoya ist eine von den Schönheiten, die in diesen Tagen übers Parkett flaniert. Mit 16 fing sie an zu modeln, wie alt sie heute ist, möchte Sarah Odukoya nicht sagen. „Darüber redet man nicht.“ Denn das Geschäft ist hart. Es gehöre viel dazu, erzählt sie: sich fit halten, gesund ernähren, gepflegt auftreten und dann auch noch das Modeln. „Auf Knopfdruck lächeln, muss man schon drauf haben.“
Oft sei es stressig, Models stünden ständig unter Zeitdruck, „man muss zusehen, dass man flott arbeitet“. Dass Modenschauen weniger werden, fällt auch dem Mannequin auf. Dabei sei es eine gute Möglichkeit, sich und sein Haus zu präsentieren, sagt sie. „Mode und Show gehören einfach zusammen.“
Viele greifen auf Laien zurück
Einer, der sich auskennen muss, ist Norbert Hansen, Geschäftsführer der Düsseldorfer Modelagentur „No Toys“. „Der Markt ist enger geworden.“ Große Kunden wie zum Beispiel „Quelle“ brechen weg. „Die meisten können sich Modenschauen einfach nicht leisten“, 1000 Euro pro Profi-Model rentiere sich oft nicht. „Viele greifen dann auf Laien zurück.“
Das wirkt sich auch auf den Model-Markt aus. Mädels „horten“, wie es Hansen sagt, geht nicht. Die Auswahl bleibt klein, vor allem bei professionellen Agenturen. Von 3000 Bewerbungen im Jahr schaffen es zwei bis drei Bewerberinnen, von „No Toys“ vertreten zu werden.
Die Agentur ist bekannt, im In- und Ausland. Bestes Beispiel: Top-Model Charlene Höger, 16 Jahre alt, 1,81 Meter groß, blonde Haare, blaue Augen. Auf der Fashion Week in Paris lief sie unter anderem für Prada, Valentino und Stella McCartney.
Erfolgreich werden die wenigsten
Mädchen, wie sie sich zum Beispiel bei Germany’s Next Topmodel bewerben, hätten in vielen Profi-Agenturen kaum Chancen, urteilt Geschäftsführer Hansen, „die wenigsten“. Unrealistisch sei die Fernsehsendung, die erst in der vergangenen Woche ihr neues „Topmodel“ gekürt hat.
„Es geht nur um Unterhaltung. Wenn unsere Models nicht im Bikini posieren wollen, wird das vermerkt und dann müssen sie es auch nicht machen“, ansonsten habe der Job auch nicht viel Sinn. „Man kann niemals Lebensfreude vermitteln, wenn die Arbeit keinen Spaß macht.“ Mit 16 Jahren wildfremde Männer küssen wie in der Show, das müsse nicht sein. Außerdem: „Wirklich erfolgreich werden nur die wenigsten.“
Model Sarah Odukoya sieht das anders. Durch die Sendung würden den Mädchen Türen geöffnet, die ansonsten verschlossen blieben. Wirklich schwierig sei allerdings der mögliche Image-Verlust. „Es ist kein Sprungbrett für eine Mega-Karriere.“