Duisburg..
Für moralische Schuld sind Juristen nicht zuständig - das ist der Satz, den Oberstaatsanwalt Horst Bien zu Beginn seiner Erklärung formuliert. Ganz als ob er sich und seine Behörde rechtfertigen wollte, gegen die Kritik, man ließe die Großen laufen, ziehe vor allem Subalterne zur Rechenschaft.
Den vier Mitarbeitern von Lopavent jedenfalls wirft die Staatsanwaltschaft vor, sie hätten erkennen müssen, dass ihr Zu- und Abgangssystem nicht geeignet gewesen sei, die zu erwartenden Besucherströme auf der Loveparade aufzunehmen. Und auch die sechs Beschuldigten des Bauamtes, an der Spitze ihr damaliger Dezernent Jürgen Dressler, hätten diese Planungsfehler sehen können, ja müssen und deshalb keine Genehmigung erteilen dürfen.
Zehn Angeklagte sind das, gegen sechs weitere Beschuldigte hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Fast immer sind es dieselben Gründe: Sie seien nicht verantwortlich gewesen, hätten keinen Einblick in die kompletten Unterlagen gehabt, hätten den zuständigen Leuten und ihrer Kompetenz vertrauen können. Auch der Polizei, so Bien, bescheinige der englische Panikforscher Stills, das tödliche Geschehen hätte von den Beamten nicht abgewendet werden können.
Nach dreieinhalb Jahren hat das Warten für Opfer und Angehörige ein Ende. Endlich. „Das ist für sie eine große Erleichterung“, erklärt ihr Anwalt Julius Reiter. Doch Reiter bezweifelt, dass es im Prozess wirklich gelingen kann, die Katas-trophe und die Verantwortung der Institutionen aufzuarbeiten: „Es werden nur Einzelne belangt und nicht die Wichtigsten.“ Die Frage, ob die Polizei versagt habe, sei außerdem wichtig für Schmerzensgeldansprüche der Opfer.