Düsseldorf.

Wer an einer Universität in NRW künftig Englisch, Französisch oder Spanisch studieren will, soll keine Lateinkenntnisse mehr nachweisen müssen. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hält einen Verzicht auf die geltende Latinums-Pflicht vor allem für moderne Fremdsprachen für „fachlich vertretbar“. Auch in anderen Fächern für Lehramtsstudenten soll die Lateinpflicht gelockert werden.

Englisch-Studenten müssen danach auch weiterhin über Kenntnisse einer zweiten Fremdsprache verfügen, die aber ohnehin Voraussetzung für das Abitur in NRW ist. In den Studienfächern Geschichte oder Philosophie soll die Qualifikation in Latein „auf dem Niveau des Kleinen Latinums“ künftig ausreichen, so Löhrmann. Über die Anforderungen für Evangelische oder Katholische Religionslehre soll mit den Kirchen geredet werden. Der Nachweise des Latinum oder Graecum für Altsprachen bleibt bestehen.

Die geplante Neuregelung kann frühestens in einem Jahr in Kraft treten. Zunächst muss der Landtag darüber beraten. Allerdings haben sich SPD, Grüne und Piraten bereits dafür ausgesprochen, die Latinums-Pflicht in der bisherigen Form abzuschaffen. Aus Sicht Löhrmanns ist die geltende NRW-Verordnung vergleichsweise „strikt“. Für Studenten, die das Latinum an der Uni nachträglich schaffen müssen, bedeute dies einen sehr hohen Zusatzaufwand. Selbst der Philologenverband hatte zuletzt für eine Reform plädiert.

Mit ihrem Vorschlag stützt sich Löhrmann auf Stellungnahmen von Hochschulen, Lehrer- und Schulleiterverbänden zum Niveau der Lehrerausbildung in NRW. Als Ergebnis wird im Jahr 2015 außerdem für alle künftigen Lehrer neben den bisherigen Praktika ein Praxissemester eingeführt. Sechs Monate lang werden die Studenten dabei „schulnäher“ auf ihren späteren Alltag vorbereitet. Dies kann zum Teil auch in Einrichtungen der Jugendhilfe erfolgen. Das Pilotprojekt wird derzeit mit 170 Studenten in Wuppertal erprobt.

„Es gibt keine gute Schule ohne gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer“, sagte Löhrmann. Nach der Reform der Lehrerausbildung 2009 sei ein eigenständiges Grundschullehramt eingeführt worden, um der Bedeutung des frühen Lernens gerecht zu werden. Dabei erhalten alle künftigen Grundschullehrer eine obligatorische Ausbildung in Mathematik und Deutsch.

Seit dem Wintersemester 2011/12 werden in NRW alle Lehrer unabhängig von ihrer künftigen Schulform gleich lang ausgebildet. Der Vorbereitungsdienst wurde modernisiert und auf 15 Monate verkürzt. Um der Herausforderung des „inklusiven“ Schulsystems – also des gemeinsamen Unterrichts mit behinderten Kindern – gewachsen zu sein, müssten alle angehenden Lehrer künftig in „multiprofessionellen“ Teams mit Sonderpädagogen arbeiten können.