An Rhein und Ruhr. .

Boris Augurzky ist relativ leidenschaftlos, wenn er über die Zukunft der Krankenhäuser an Rhein und Ruhr spricht. In den kommenden zehn Jahren müssten aus wirtschaftlichen Gründen etwa zehn Prozent von ihnen schließen, schätzt der Experte des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, kurz RWI. Schlimm findet er das nicht. Im Gegenteil: „Aus wirtschaftlichen Gründen wäre es vorteilhaft, wenn einige verschwinden würden.“

Zehn Prozent, das wären etwa 40 Krankenhäuser. Vorteilhaft wäre ihr Verschwinden aus Sicht des Essener Wirtschaftswissenschaftlers, weil dadurch die überlebenden Krankenhäuser mehr Luft zum Atmen hätten: „Die Patientenzahlen bleiben ja gleich.“ Aktuell wird diese Luft knapp, wie der aktuelle Krankenhausreport zeigt. Die Kosten für das Personal steigen, schon weil immer mehr Ärzte angestellt werden. Im Vergleich zu 1995 arbeiten heute rund 10 000 mehr Mediziner in den Kliniken an Rhein und Ruhr. Etwa die gleiche Zahl Pflegestellen ist in dieser Zeit gestrichen worden; Pfleger sind aber günstiger als Ärzte.

Dazu kommt ein gewaltiger Investitionsstau. 490 Millionen pumpt das Land pro Jahr in den Krankenhaussektor. Viel Geld, aber lange nicht ausreichend, sagt Lothar Kratz von der nordrhein-westfälischen Krankenhausgesellschaft. 600 Millionen müssten es mehr sein, um den Bedarf zu decken. Pro Jahr. Und wäre das nicht genug, haben die Versicherungen die Prämien für die Haftpflichtversicherungen mächtig angehoben – im vergangenen Jahr um ein gutes Drittel. Für ein großes Haus macht das schnell eine halbe Million Euro Zusatzkosten.

Nicht alle Häuser darben aber. Prof. Heinz-Jochen Gassel ist Ärztlicher Direktor und Chefarzt des Evangelischen Krankenhauses Mülheim; einer Klinik, die keine roten Zahlen schreibt. Nicht zuletzt deshalb, betont Gassel, „weil wir unsere Hausaufgaben gemacht und durch die Delegation von Arbeitsabläufen frühzeitig auf die ständig steigenden Personalkosten reagiert haben“. Diese machten 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten eines Krankenhauses aus. Mittelfristig werde für jede Klinik die Qualitätssicherung und -steigerung der entscheidende Überlebensfaktor, so der Chirurg, Mit-Autor des Buches „Krankenhaus der Zukunft“. Das gelte für die medizinische Kompetenz ebenso wie für die Organisation. „Wer als Patient lange warten muss, kommt nicht wieder“, sagt Gassel.

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens sieht die Zukunft für die Krankenhäuser auch in einer besseren Verzahnung von stationären und ambulanten Angeboten. Ein landeseigenes Gremium suche nach besseren Kooperationsmöglichkeiten, „um Doppelstrukturen zu vermeiden und die Qualität der Versorgung vor Ort zu verbessern“.