Eslohe/Arnsberg. In einem Keller im Sauerland findet die Polizei zwei Babyleichen. Eines der Kinder starb kürzlich bei oder vor der Geburt, die andere Leiche wurde schon vor einem Jahr versteckt. Die Nachbarn können das Drama nicht fassen.
Ein weißes Klinkerhaus mit gepflegtem Vorgarten in einer ruhigen Anliegerstraße. Dass hier eine Mutter zwei Babyleichen versteckt hat, können die Nachbarn nicht fassen. "Wir sind wie unter einer Käseglocke, wir können das nicht verstehen", sagt eine Frau am Dienstag. Ihren Namen will sie nicht nennen, schließlich kennt man sich gut im 1000-Seelen-Dorf Cobbenrode, das zur Sauerland-Gemeinde Eslohe gehört. Eine 28 Jahre alte Frau hatte hier - nach allem, was man hört - unbemerkt von Familie und Nachbarschaft zwei Kinder zur Welt gebracht und die Leichen im Keller versteckt.
Am Donnerstag vergangener Woche war die Frau von ihrem 43 Jahre alten Ehemann erst zum Arzt und dann zum Krankenhaus gebracht worden. Dass sie wie angegeben gestürzt sei, stellte sich nach Informationen der Staatsanwaltschaft schnell als falsch heraus.
Vielmehr litt sie unter den Folgen der Entbindung. "Der Notarzt ist dann mit der Polizei zum Haus der Familie gefahren", sagt Thomas Poggel von der Arnsberger Staatsanwaltschaft. Im Keller fanden sie die Leiche eines Mädchens, das in einer Plastiktüte und einer Reisetasche versteckt war.
Weil der Notarzt Verletzungen feststellte, sei das Mädchen obduziert worden. Die Rechtsmediziner konnten aber nicht ausschließen, dass die Verletzungen von der Geburt stammen. Dass die Frau ihre Tochter getötet haben könnte, blieb ein Verdacht, Beweise gibt es laut Staatsanwaltschaft nicht.
Ehemann machte im Keller einen grausigen Fund
Die 28-Jährige habe sich dann im Krankenhaus auffällig verhalten, sagt Poggel. Dass sie unbedingt nach Hause wollte und fragte, wo die Polizei gesucht habe, machte ihren Ehemann misstrauisch. Am Montag rief er die Polizei, weil er im Keller einen weiteren grausigen Fund gemacht hatte: eine zweite Tasche mit einer Babyleiche. "Es handelte sich vermutlich um einen Jungen", sagt der Staatsanwalt. Bei diesem Kind fanden die Rechtsmediziner, auch weil die Leiche schon so lange gelegen hatte, ebenfalls keinen Hinweis auf ein Verbrechen.
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Dennoch sei es auffällig, dass es zwei unbemerkte Totgeburten und verdeckte Schwangerschaften gegeben haben soll, meint der Staatsanwalt. Deshalb werde wegen des Totschlagsverdachts ermittelt. Weitere Hinweise erhoffen sich die Ermittler von aufwendigeren Feingewebe-Untersuchungen. "Bis solche Ergebnisse vorliegen, werden einige Wochen vergehen." Sollte sich herausstellen, dass das Mädchen bei einer fachgerechten Geburt überlebt hätte, sieht der Staatsanwalt zumindest eine fahrlässige Tötung, weil die Frau keine Hilfe geholt hatte.
Dass der Ehemann nichts von den Schwangerschaften gemerkt habe, sei ungewöhnlich, sagt Poggel. Aber man glaube ihm, weil er ja schließlich dafür gesorgt habe, dass der Fall ans Licht kam. Im Ort ist der 43-Jährige gut bekannt. Er war Schützenkönig und Karnevalsprinz, ist mit vielen Dorfbewohnern befreundet.
Die 28-Jährige hingegen kennen die meisten nur flüchtig. "Sie ist schüchtern und zurückhaltend", sagt eine Nachbarin. Selbst die Freundinnen der zierlichen Frau hätten von ihrer Schwangerschaft nichts bemerkt. (dpa)