Solingen. Das Museum Plagiarius in Solingen zeigt die dreistesten Fälschungen, von denen jeder von uns auch welche Zuhause hat. Da gleicht auch gerne mal ein Ei dem anderen.

Für einen kurzen Moment glaubt man, zu schielen. Zwei Motorräder, zwei Rasenmäher, zwei Plastikbagger, zwei Küchenwaagen, zwei Wasserkocher. Irgendwie ist in diesem Museum alles doppelt. Denn im Plagiarius geht’s ums Duplikat. Präziser: Ums illegale Duplikat. Im kleinen Museum werden Konsumgüter gezeigt. Wer sich umguckt, wird feststellen, dass er daheim auch das ein oder andere Produkt hat, das eindeutig nicht das Original ist.

Nicht nur die Liste der Originale liest sich wie ein „Who is who“ des Erfindergeistes made in Germany, die Raubkopierer sitzen oft ebenfalls in der Nachbarschaft. So gibt es beispielsweise vom Kaufhof ein formschönes Service zu bestaunen, das dem Designstück aus noch besserem Hause ähnlich sieht wie eine Suppenterrine der anderen. Oder eine Essener Firma, die Autofelgen vertreibt, die leider vom Original kaum zu unterscheiden sind. Außer im Preis.

Nach Entdeckung des geklauten Produkts den Plagiarius erfunden

Der Museumserfinder heißt Professor Rido Busse. Er ist Designer und fand Ende der 70er-Jahre auf einer Frankfurter Messe seine Brief- und Diätwaage. Leider nicht von der Firma Söhnle, sondern von einem Hersteller aus Hong Kong, der sie zu einem Sechstel des Originalpreises anbot. Jedoch in mieser Qualität und ohne dass Busse seine Tantiemen bekommen hätte.

Statt zur Staatsanwaltschaft zu gehen, wurde Busse kreativ und erfand den Plagiarius, einen Preis, den noch kein Gewinner auf offener Bühne entgegengenahm. Der Gartenzwerg soll mit goldener Nase dezent darauf hindeuten, wie der dreiste Design-Dieb reich wird. Er spart sich Idee, Forschung und Entwicklung und wirft erst dann die Kopie auf den Markt, wenn klar ist, dass das Original ein Erfolg ist.

Über 250 Produkte sind zu sehen

Über 250 Produkte vom Messer bis zum Rucksack sind in dem kleinen Museum zu bestaunen, in der oberen Etage kann man noch bis zum 1. September der Geschichte des ältesten Kölnisch Wassers „Farina“ nachschnuppern, das sich im Laufe der Jahrhunderte mehreren hundert Nachahmerwässerchen erwehren musste. Joseph Maria Farina „gegenüber dem Jülicherplatz“ - wie es nur auf dem echten Farina-Wässerchen steht - muss der dreiste Nachahmungstrieb gewaltig gestunken haben.

Das liest man seinen Briefen an, wenn er 1805 klarstellt: „Um jeder Verwirrung in den Handlungs-Benennungen zwischen Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichsplatz und F. Maria Farina vorzubeugen, die letzter im Absatze seines Cöllnischen Wassers nicht zu vermeiden scheint, sieht Unterzeichneter sich genöthiget zu erklären, dass gedachter Franz Maria Farina der Herr Wilhelm Mülhens in Cölln seys und diesen gesagten Namen von einem sichern Herrn Carl Franz Farina käuflich an sich gebracht habe, der aber mit den Geschäften des Unterzeichneten nie in der entfertesten Verbindung gestanden, auch seinen Namen schon mehr feil geboten und verkauft hat.“ So!

Viagra gibt es auch, gleich hundertfach

Gleich nebenan gibt’s Viagra – hunderte kleine blaue Pillen, die zumindest die Zollfahnder in Erregung versetzten, als sie die zweifelhaften Pharmazieprodukte sicherstellten. Was die Fahnder sonst noch so in ihrer Asservatenkammer an Düften, Kleidungsstücken und Sportartikeln sichergestellt haben, liegt ebenfalls in der Vitrine. Das Haus hat nur einen Nachteil: Nach kurzer Zeit geht einem das Video zu nachgeahmten Bremsscheiben und T-Shirts auf die Nerven, weil es sich alle drei Minuten selbst plagiiert.

Das Museumsgebäude gibt’s seit 2007, damals hat man die deutlich angejahrte Innenstadt und das Bahnhofsareal umgestaltet und baute an die ehemalige Güterabfertigung das kleine Haus, dessen Fassade und Dach übrigens aus Kunststoff ist und im Dunklen leuchtet. Ein Original, versteht sich.