Düsseldorf/Kamp-Lintfort. Die nordrhein-westfälischen Grünen wollen Pädophilie-Vorwürfe gegen ein mittlerweile gestorbenes Vorstandsmitglied aufklären. Medien hatten berichtet, dass der Mann in Kamp-Lintfort in den 80er Jahren eine Wohngruppe leitete, in der es zu Übergriffen auf Minderjährige gekommen sei.

Die nordrhein-westfälischen Grünen wollen Pädophilie-Vorwürfe gegen ein Vorstandsmitglied aus der Gründungsphase des Landesverbandes aufklären. "Die Opfer haben ein Recht auf schonungslose Aufklärung", teilte der Grünen-Landesvorsitzende Sven Lehmann am Montag mit.

Die "Welt am Sonntag" hatte berichtet, ein damaliges Vorstandsmitglied der NRW-Grünen habe in den 80er Jahren eine Lebens- und Wohngemeinschaft in Kamp-Lintfort geleitet, in der es zu sexuellen Übergriffen auf Minderjährige gekommen sein soll. Die Zeitung berief sich auf Berichte von ehemaligen jugendlichen Bewohnern der Wohngemeinschaft.

Beschuldigter Landesvorstand nicht mehr am Leben

Der Mann war nach Angaben eines Sprechers der Landepartei von Dezember 1979 bis Dezember 1980 Mitglied des Landesvorstandes. Da er nicht mehr lebe, könne er "leider nicht zur Rechenschaft gezogen werden", teilte Lehmann mit. Die Schilderungen der ehemaligen Mitglieder der Lebensgemeinschaft machten ihn sehr betroffen. "Kindesmissbrauch ist eine widerwärtige Straftat." Der Landesvorstand habe über die Vorwürfe erst durch den Zeitungsbericht erfahren, so der Sprecher.

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Lehmann verwies auf die vom Bundesvorstand in Auftrag gegebene Untersuchung zum Einfluss von Gruppen mit pädophilen Zielen in den Anfangsjahren der Partei. Der Landesverband NRW beteilige sich an der Aufarbeitung finanziell und stelle alle Dokumente und Protokolle aus der Zeit zur Verfügung.

Falsch verstandene Toleranz in den 80ern gegenüber Pädophilen

Der Landesvorsitzende räumte ein, dass es bei den grünen Anfang der 80er Jahre eine falsch verstandene Toleranz gegenüber Pädophilen gegeben habe. "Diese haben zu lange agieren dürfen, ehe ihnen ein Riegel vorgeschoben wurde. Heute wäre das nicht mehr möglich."

Im März 1985 hatte ein Landesparteitag der NRW-Grünen beschlossen, dass "gewaltfreie Sexualität" nicht bestraft werden dürfe. Nach heftigen auch innerparteilichen Protesten war der Beschluss von einer außerordentlichen Landesdelegiertenkonferenz wieder kassiert worden. (dpa)