Ratingen/Düsseldorf. .
Den Vorwurf, er habe beim Bau seines Privathauses gemauschelt, bestreitet der suspendierte Baudezernent (52) der Stadt Ratingen vehement. Er muss sich seit gestern wegen Vorteilsannahme vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten. Der konkrete Vorwurf: Er habe einer Firma nur rund 31 000 Euro für Wasser- und Heizungsinstallationen gezahlt. Dabei seien die Arbeiten 120 000 Euro wert gewesen. Die Firma habe das akzeptiert, um weiter Aufträge von der Stadt zu erhalten.
Die Vorwürfe gegen den Dezernenten sind Bestandteil eines größereren Korruptionsskandals in der Ratinger Bauverwaltung. Dort sollen ein angestellter Ingenieur, der Chef einer Baufirma und dessen Mitarbeiter von 2005 bis 2010 mit fingierten Rechnungen Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben: Die Firma stellte Rechnungen für nie geleistete Arbeiten, der Ingenieur zeichnete sie ab, die Stadtkasse zahlte. Das Trio soll sogar eine Scheinfirma gegründet haben, um noch weitere gefälschte Rechnungen stellen zu können. Rund 2,7 Millionen Euro sollen die Beteiligten so für sich abgezweigt haben.
Die Unregelmäßigkeiten waren 2010 aufgefallen. Das Rechnungsprüfungsamt hatte gemerkt, dass es Rechnungen mit identischen Nummern gab. Bei weiteren Nachforschungen fand man insgesamt 1240 Fälschungen. Der Ingenieur wurde verhaftet, ist inzwischen aber wieder auf freiem Fuß. Wegen gesundheitlicher Probleme gilt er als verhandlungsunfähig. Der Prozess wegen dieser Taten soll am 24. Juli beginnen.
Weil der Firmenchef für diese illegalen Machenschaften die lukrative Zusammenarbeit mit der Stadt Ratingen sichern oder sogar fördern wollte, soll er 2008 den viel zu niedrigen Preis für die Arbeiten im Baudezernenten-Haus akzeptiert haben. Und das soll dieser gewusst und billigend in Kauf genommen haben.
Dem widersprach der 52-Jährige gestern. Die Firma sei ihm von einem Mitarbeiter empfohlen worden, der damals als sehr korrekt gegolten habe – dem inzwischen angeklagte Ingenieur.
Nicht in Aufträgeinvolviert
Was und wie viel die Firma für die Stadt gearbeitet habe, habe er gar nicht gewusst, ebenso wenig von den Fälschungen. Denn er sei als Dezernent nicht in die Auftragsvergabe involviert. Die falschen Rechnungen bezogen sich stets auf nur kleine Beträge, über die der Mitarbeiter selbst bestimmen konnte. In der Zeit seines Hausbaus habe die Firma 17 Aufträge erhalten. Keinen der Verträge habe er gesehen, unter keinem sei sein Kürzel. Das habe auch das Rechnungsprüfungsamt festgestellt.
Die Firma hatte in seinem Haus die Rohre für Wasser und Heizung verlegt, eine Solaranlage mit Wärmespeicher installiert, eine Fußbodenheizung, eine Wärmespeicherpumpe, eine Regenwassernutzungsanlage und einen Kaminofen eingebaut sowie die Installationen im Bad und Gäste-WC übernommen. Der dafür gezahlte Preis sei angemessen gewesen. Das habe auch ein Gutachter bestätigt.
Der Angeklagte war kurz nach Entdeckung der Korruptionsfälle freigestellt worden, wehrte sich dagegen. Ende 2010 wollte er an seinen Schreibtisch zurück. In dem Moment seien die jetzt verhandelten Vorwürfe gegen ihn aufgetaucht. Grundlage sei eine Aussage des Firmenchefs, der ihn plötzlich beschuldigt und die neue Rechnung über 120 000 Euro aufgestellt habe. Der Dezernent, der seitdem suspendiert ist, hält das für eine politische Intrige.
Ein Urteil in dem Prozess ist für den 11. Juli geplant.