An Rhein und Ruhr. Die Herstellung und Herausgabe von Cent-Stücken übersteigt ihren Wert. Erst am Dienstag schrieb die EU, die Abschaffung der beiden kleinen Kupfermünzen sei eine Option. Unterstützung erhält der Vorstoß aus dem Europäischen Parlament, das bereits im vergangenen Jahr die Überprüfung der Cent-Münzen gefordert hatte.
Silke Dengler steht an einer Supermarktkasse in der Essener Innenstadt. Sie hat gerade Lebensmittel eingekauft und kramt jetzt in ihrem schwarzem Leder-Portemonnaie nach ein paar Cent-Stücken. „Ich bin ein Pfennigfuchser und schaue natürlich auch aufs Geld“, sagt die 51-Jährige, die von den Plänen der Europäischen Union, die Ein-Cent-Münzen und Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen, nicht begeistert ist.
Die Essenerin befürchtet höhere Preise. „Es ist schon jede Menge Kleingeld, das man mit sich herum trägt, und es wird auch immer mehr, aber das nehme ich dann gerne in Kauf“, versichert sie. Die Frau ist kein Einzelfall. So wie Silke Dengler denken viele Verbraucher. Das Hauptargument gegen die Abschaffung des Kleingelds ist die Angst vor einem Preisschub.
Und mit Kosten wird, wie man sich denken kann, auch in Brüssel argumentiert. Auf den Punkt gebracht: Die Herstellung und Herausgabe der kleinen Münzen übersteigt ihren Wert. Erst am Dienstag schrieb die EU, die Abschaffung der beiden kleinen Kupfermünzen sei eine Option. Unterstützung erhält der Vorstoß aus dem Europäischen Parlament, das bereits im vergangenen Jahr die Überprüfung der Cent-Münzen gefordert hatte.
Die ersten Länder haben auf diese Entwicklung längst reagiert. Erst vor wenigen Monaten hat etwa die kanadische Regierung beschlossen, die Produktion der Ein-Cent-Münzen auslaufen zu lassen. Zur Begründung hieß es in einem Regierungsschreiben, die Herstellung sei mit 1,6 Cent pro Münze inzwischen deutlich teurer als ihr eigentlicher Geldwert. Auch Finnland und die Niederlande verzichten inzwischen auf das kleine Kupfergeld und runden an der Kasse jeweils auf fünf Cent auf oder ab. Großbritannien und die USA prüfen eine ähnliche Rundungsregel in ihren Währungen.
94 Prozent Stahl
In den Staaten der Euro-Zone sind seit der Einführung der neuen Währung im Jahr 2002 knapp 46 Milliarden Ein- und Zwei-Cent-Münzen in Umlauf gebracht worden. Diese bestehen zu rund 94 Prozent aus Stahl und darüber hinaus aus einer Kupferummantelung. Die EU-Kommission beziffert die Kosten durch die teure Produktion bislang auf insgesamt 1,4 Milliarden Euro.
Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist auch die Bundesbank, die ihre Filialen in vielen deutschen Städten nach und nach schließt. Für Banken und Händler ist die Bargeldbeschaffung dadurch aufwendiger und teurer geworden.
Der Handelsverband Nordrhein-Westfalen kennt das Problem und verweist auf die enormen Kosten, die allein durch Einkauf und Transport des Kupfergeldes entstehen. Kleinstgeld sei letztendlich auch ein Zeitfaktor an den Kassen. „Allerdings helfen die kleinen Münzen auch bei der genauen Preisdifferenzierung“, so Verbandssprecherin Anne Linnenbrügger-Schauer. „Wir agieren grundsätzlich nach den Prinzipien der Preisklarheit und der Preiswahrheit.“ Man stehe in dieser Frage auf der Seite der Kunden.
Auch die Sparkasse am Niederrhein plädiert für die Beibehaltung des Kupfergeldes. „Aus Gesprächen kennen wir die Sorgen unserer Kunden und die fürchten, dass alles teurer werden könnte. Auch wenn die Münzen jede Menge Aufwand in der Handhabung bedeuten, wollen wir nah an den Menschen in der Region sein und ihre Interessen vertreten“, erklärt Vorstandsvorsitzender Giovanni Malaponti.
In einer Umfrage der Bundesbank sprachen sich 48 Prozent der Konsumenten gegen eine Rundungsregel auf jeweils volle fünf Cent aus. Der Wert zeigt aber auch, dass ein großer Teil der Bevölkerung einer möglichen Abschaffung der beiden kleinsten Münzen offen gegenüber steht. „Ich bin dafür“, betont Holger Greschniok, der für seine kleine Tochter eine Flasche Apfelsaft im Essener Supermarkt gekauft hat. „Der psychologische Trick mit den 99 Cent würde dann wegfallen, das wäre doch am Ende viel ehrlicher.“
Wirklich mehr kosten würden die Produkte seiner Meinung nach nicht. Auch die Bundesbank glaubt nur an einen geringen Teuerungseffekt. Sollten sämtliche Artikel auf glatte fünf Cent gerundet werden, rechnet die Behörde in Frankfurt mit einer zusätzlichen einmaligen Inflation von einem Prozent. Greschniok ergänzt: „Außerdem wäre das Portemonnaie dann endlich nicht mehr so voll.“
4000 Spendenhäuschen
Genau das aber könnte wiederum anderen Gruppen schaden. So hat allein die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung im vergangenen Jahr gut 2,8 Millionen Euro durch Kleinstspenden in den mehr als 4000 Spendenhäuschen der McDonald’s Restaurants eingenommen. Auch Aktionen wie „Deutschland rundet auf“, könnten durch den Wegfall der Cent-Münzen in Schwierigkeiten geraten. Akute Gefahr besteht nicht. Denn beim Bundesfinanzministerium - so ergab eine Nachfrage der NRZ - gibt es noch keinen konkreten Plan zur Abschaffung der Kleinstmünzen.