Amsterdam. .
Holländischer Humor kann gnadenlos sein: Mit einem Rollator, so verkündet in Amsterdam ein Werbeposter für orangefarbene Gehhilfen, „kannst du länger durchhalten“ - neben einem lebensgroßen Bild von Königin Beatrix. Nach 33 Jahren dankt sie an diesem Dienstag ab. Keineswegs freilich wegen Anzeichen von Altersschwäche. Sondern aus der Überzeugung, dass die Zeit reif ist für einen Wechsel auf dem Oranje-Thron.
Er kommt einem Epochenwechsel gleich: Auf eine ebenso streng wie gütig wirkende „Mutter des Vaterlandes“ folgt ein sich leutselig und modern gebender Monarch. Bei aller Ähnlichkeit von Mutter und Sohn, größer könnten die Unterschiede in Stil und Image zwischen der scheidenden Majestät und ihrem Thronerben kaum sein.
Witze in aller Öffentlichkeit
Die königstreue Zeitung „De Telegraaf“ machte die Gegensätze in Wortpaaren deutlich: „Wein“ steht bei der Mama, bei Willem-Alexander „Bier“. Sie sei Wassermann, er Stier. Protokollbewusst sei die Mutter, dem Sohn hingegen sei die Hofetikette egal. Ihre „Passion für die Kunst“ steht seiner „Passion für den Sport“ gegenüber. Eher „reserviert“ sei Beatrix, der neue König hingegen „entspannt“. Humor erlaube sich die bisherige Monarchin nur privat, Willem-Alexander mache Witze in aller Öffentlichkeit. „Traditionell“ sei ihre Amtsführung gewesen, seine werde nun „modern“.
Doch wie wird sie aussehen, die „moderne Monarchie“, die in den nächsten Jahrzehnten das Bild der Niederlande prägen soll? Sie wird - so viel lässt sich nach den Äußerungen Willem-Alexanders in den vergangenen Wochen sagen - weit weniger hoheitsvoll und politisch daherkommen als zu Zeiten von Beatrix. Nichts stand äußerlich so sehr für ihren Stil von unverrückbarer Königswürde wie Beatrix’ eherne „Betonfrisur“.
Ebenso lässt sich Willem-Alexanders Blondschopf, der stets im Winde flattert, durchaus als symbolisch ansehen. In seinen Sturm- und Drang-Jahren wollte der Kronprinz noch auf den Thron verzichten, wie er damals verkündete, wenn der Monarchenjob ihm keinen Einfluss auf die Geschicke des Landes ermögliche.
Wenn er also nichts weiter als „Lintenknipperij“ wäre, das feierliche Durchschneiden von Einweihungsbändchen. Doch wenige Tage vor dem Thronwechsel erklärte Willem-Alexander - zum Erstaunen vieler -, eine künftig nur noch symbolische Rolle des Monarchen, eine „zeremonielle Königswürde“ sei für ihn völlig okay. Der neue König hat die Zeichen der Zeit erkannt. Mögen an diesem Dienstag in Amsterdam Hunderttausende eine Oranje-Party zum Thronwechsel feiern. Am Regierungssitz in Den Haag ist man sich längst einig, dass dem neuen Monarchen politisch die Flügel gestutzt werden.
Seine Mutter nutzte alle verfassungsmäßigen Spielräume, um die Politik zu beeinflussen. Ihr Sohn hingegen dürfte das gar nicht erst versuchen. „Willem-Alexander ist viel opportunistischer“ schrieb die Zeitung „de Volkskrant“. Sollte er sich zu viel herausnehmen, „ist es innerhalb eines halben Jahres vorbei“, meint der Schriftsteller und Historiker Geert Mak. „Dann haben wir nur noch ein rein zeremonielles Königshaus und der König darf nur noch Schiffe taufen.“
Für die Gratwanderung zwischen „Bändchenschneiderei“ und einer Symbol-Monarchie, die das Volk „zusammenbindet, repräsentiert und ermutigt“ steht Willem-Alexander die laut Umfragen beliebteste Frau der Niederlande zur Seite - seine Gattin Máxima (41). Die glamouröse Argentinierin, die man fast immer nur freundlich lachen sieht, habe ihrem Kronprinzen-Mann seit Jahren ebenso zuverlässig wie geschickt bei der Vorbereitung auf den Thron-Job geholfen.
Máxima, heißt es am Hof hinter vorgehaltener Hand, sei die „perfekte PR-Managerin“ für Willem-Alexander. Als lächelnde Händeschüttlerin, als elegante Frau an seiner Seite, als treu sorgende Mutter seiner drei entzückenden Töchter - unter ihnen Amalia (9), die ihm eines Tages auf dem Thron folgen soll.
Von Dienstag an darf Willem-Alexanders Frau als Monarchengattin den Titel Königin führen. Doch jedermann, sagt die Sympathieträgerin, dürfe sie natürlich weiterhin einfach Máxima nennen. Eines allerdings stellte der König in spe sicherheitshalber schon mal klar: Das Königtum in den Niederlanden sei „kein Duo-Job“, sagte er in einem Interview. Das Land habe nur „ein einziges Staatsoberhaupt“.