An Rhein und Lippe. .

Eine dicke Lippe riskieren – das ist nicht des Westfalen Art. Vielleicht hat es Nordrhein-Westfalens längster Fluss – der einzige, der alle drei Landesteile miteinander verbindet – es deswegen geschafft, lange im Verborgenen dahinzuplätschern. Jetzt aber machen sie den Mund auf, die Macher vom Ruhr-Tourismus und wagen den Schritt nach Norden: Mit der Römer-Lippe-Route wird an diesem Wochenende ein neuer Radfernweg eingeweiht, der an den Erfolg des Ruhrtal-Radwegs anknüpfen soll – und mit diesem durch einige Nord-Süd-Wege verbunden werden soll.

In fünf Jahren bereits sollen Tagesbesucher und Übernachtungsgäste zwischen Xanten und Detmold entlang der 295 Kilometer-Route 35 Millionen Euro ausgeben. Die Chancen stehen nicht schlecht: Radeln ist der Urlaubstrend, Niederrheiner und Westfalen sind ohnehin fahrradaffin und die Route ist ideal.

Denn die Lippe ist ein träger Fluss: Zwischen der Quelle bei Bad Lippspringe und der Mündung bei Wesel liegen gerade mal 116 Meter Gefälle. Dazu gibt’s vielerorts asphaltierte Wege sowie drei Fähren, mit denen der Radler per Muskelkraft zwischen April und Oktober über den Fluss setzen kann: in Hamm nahe Schloss Oberwerries, in Dorsten und bei Wesel mit dem „Quertreiber“.

Die Tourismus-Macher sind ein bisschen zu weit gegangen und haben den Sprung über den Rhein gewagt, um Touristen da abzuholen, wo sie der Römer wegen derzeit schon in Kohorten anrücken.

Westlicher Startpunkt der neuen Route ist Xanten, über den Rhein zur Lippe-Mündung geht’s idyllisch per Fähre bei Bislich oder über die neue Weseler Rheinbrücke. Schon hier zeigt sich: Es gibt nicht nur einen Weg, es gibt reichlich Varianten – so kommen weitere 154 ausgeschilderte Radelkilometer hinzu. Das ermöglicht Tagesgästen Rundtouren, nicht nur auf den Spuren der Römer. Auch Industriekultur, münsterländische Schlösser und malerische Innenstädte liegen am Wege über Wesel, Dorsten, Haltern, Lünen, Hamm, Lippstadt und Paderborn nach Bad Lippspringe. Dort – nomen est omen, nimmt Lippia ihren Anfang.

Doch die Route reicht noch weiter. Dorthin, wo sich nicht einmal mehr Römer hintrauen würden: Über gut 200 Höhenmeter führt sie zum Schluss- und Höhepunkt: Zum Hermannsdenkmal, das an den Sieg der Germanen über die Römer in der berühmten Varusschlacht erinnert. Wer das noch unter die Räder nimmt, riskiert vielleicht nicht unbedingt eine dicke Lippe, aber dicke Waden.