Venlo. . Im Nachbarland übernimmt Willem Alexander am 30. April das Zepter von seiner Mutter Beatrix. Die Niederländer finden das richtig und ganz „wonderbaar“.
Frans van Lin (57) steht hinter der Theke des „Kaaswinkel“ in Venlos Innenstadt. Der Mann weiß alles über Käse und viel über das, was seine Landsleute bewegt: „Das Königshaus, weißt du, das ist für uns wie eine Familie.“ Er beugt sich vor und zeigt auf einige alte Fotos an der Wand. „Das Hochwasser in den 90ern, als der Fluss durch die Stadt floss, wer kam da sofort?“ Er nickt nachdrücklich und sagt: „Königin Beatrix. Das hat uns allen Trost gespendet. Wie in einer Familie eben. Und jetzt wird es noch besser. Mit Willem Alexander. Der bringt frischen Wind. Alles wird ein bisschen moderner. Und das ist doch gut so, oder?“
Frans van Lin, der Käsehändler, spricht tatsächlich für einen großen Teil seiner Landsleute. Zwischen 80 und 90 Prozent schwankt die Zustimmungsquote im Land, wenn’s um die Monarchie geht. Auch unsere kleine Umfrage in Venloes Straßen bestätigt das. Hat denn keiner was zu meckern?
Krönung kostet sechs Millionen
Jedenfalls nicht im Cafe de Locomotief, einer der netten Kneipen der Stadt. Bart Hoefnagels (30) zapft hier Bier: „Ich find es okay, dass jetzt mal ein König kommt, den letzten hatten wir 1890.“ Willem III. „Und nach Alexander kommt wieder eine Königin. Er hat ja drei Töchter. Mehr als zwei oder drei Krönungen erlebt man als Niederländer im Leben nicht, also ist das ein Grund zu feiern.“
Der Mann hat recht. Die königliche Familie ist zäh. Seit der Einführung der Monarchie 1815 ist Beatrix erst das sechste gekrönte Haupt. Ihre Oma, Wilhelmina, herrschte gar 58 Jahre.
Bart entfernt nach feiner niederländischer Art mit einem Schieber den Schaum vom Bier: „Klar kostet die Krönung rund sechs Millionen Euro, aber man muss dabei bedenken, dass ein Königshaus auch gute wirtschaftliche Kontakte schafft. Letzte Woche etwa war Putin da, erst bei euch, dann bei uns, abends gab es ein großes Essen bei der Königin, viele Geschäftsleute sind gekommen, der feierliche Rahmen, Kontakte, das bringt schon was.“
Jan Frits (53), der zwei Ecken weiter Pommes frittiert, hat eher einen ökologischen als ökonomischen Blickwinkel auf Willem Alexander. „Er hat sich intensiv mit Wasserwirtschaft beschäftigt. Und er ist ein liberaler Mann. Er glaubt, dass jeder Mensch auf der Erde das Recht auf frisches Wasser hat. Er ist da auch bei der UN aktiv. Dieser Kampf zieht sich wie ein roter Draht durch sein Leben. Und das imponiert mir.“ Der König als edler Ritter.
Und dann ist da noch Maxima, seine Ehefrau, die baldige Königin, die sie hier alle noch mehr lieben als Willem und Beatrix, trotz des Vaters, der in Argentinien zur Junta-Zeit Minister war. Auch dass sie sich gerne mal ein Zigarettchen anzündet, wird verziehen, zumal das auch ein ewiges Laster der Schwiegermutter sein soll.
Der Hoftratsch macht gerne glauben, dass sich beide Frauen gerade deshalb stets so gut verstanden haben. Der wichtigste Punkt aber: Maxima hat dem forschen Willem die Flausen ausgetrieben und ihn zu einem liebevollen Papa erzogen. Denn der Prinz war einst wohl ein guter Zecher. „Prins Pilsje“ frotzelte der Volksmund.
Und ein bisschen klebt das Image noch, wie ein Besuch im Kaufhaus Blokker zeigt, dort bietet ein Stand den liebenswerten Kitsch zur Krönung. Und vornean steht das hohe Glas mit einem aufgedruckten „Aus Prinz Pils wird König Bier“, drei Euro das Stück. Der Wandteller zur Krönung mit dem Konterfei des Paares in der Tellermitte ist für 8,99 zu haben, die Tasse für 4,99 Euro, wie auch das Löffelchen-Set. Daneben liegt Haarspray mit dem Farbton „oranje“ (auswaschbar), in dem auch der Mäusespeck („Spekjes“) gehalten ist, der den Kindern die Krönung versüßen soll.
Aber unerbittlich sind die Gesetze des Marktes: Ein farbenfrohes Puzzle von Königin Beatrix (500 Teile) schlummert weiter unten im Gestell, der Preis ist von 12,99 auf 6.99 Euro geschleudert. So vergeht auch gekrönter Ruhm...
Coffie-Shop und Moschee
So, jetzt muss aber doch mal ein Kritiker zu finden sein. Vielleicht hier im Coffie-Shop, dem Einzelhandelsgeschäft für Hasch und Gras. Doch mit dem Besitzer ist kein Wort zu wechseln, denn er schmeißt den Deutschen sofort wieder aus dem Laden. So ist nun mal das neue Gesetz. Ausländer müssen draußen bleiben. Krönung hin oder her...
Vor der Moschee nicht weit entfernt haben sich nach dem Gebet einige bärtige Männer versammelt. Ibrahim (50) kam vor 36 Jahren als Junge aus der Türkei. Er spricht ein bisschen deutsch, aber gewiss nicht schlecht über die Königin. Nein, sagt er, mit dem Königshaus, das sei schon gut so, wie es ist.
Tja, es scheint, die Niederlanden sind geeint. Es lebe der König!enl