Köln. Zehn Stunden nach dem Beginn einer Geiselnahme in einer Kölner Kindertagesstätte, hat die Polizei am Abend den Kindergarten gestürmt. Ein Mann hatte dort den Leiter der Kita mit einem Messer bedroht und als Geisel genommen. Gegen 19 Uhr meldete die Polizei, der Geiselnehmer ist überwältigt.

Gegen 19 Uhr ging alles ganz schnell: Nach einer stundenlangen Geiselnahme in einer Kölner Kindertagesstätte haben Spezialkräfte der Polizei das Gebäude am Freitagabend gestürmt. Gegen 19:04 sei die Geiselnahme beendet worden, berichtet die Polizei. Der 51-jährige Leiter der Kita sei aus der Gewalt des Geiselnehmers befreit worden. Der Mann, der mit einem Messer bewaffnet war, sei dabei verletzt worden, teilte die Polizei mit. Meldungen zufolge sei er an der Schulter angeschossen worden. Zeugen hatten zuvor eine Detonation gehört und berichteten von einem Lichtblitz.

Der Geiselnehmer hatte sich seit Freitagmorgen in der Kindertagesstätte an der Osloer Straße in Köln-Chorweiler verschanzt. Er war mit einem Messer bewaffnet und hatte den Leiter der Kita in seiner Gewalt. Das SEK hatte die Kita umstellt. Die Polizei verhandelte mit dem Geiselnehmer. Wie ein Polizeisprecher am Nachmittag bestätigte, sei der Kita-Leiter verletzt, jedoch nicht lebensgefährlich. Der Geiselnehmer hatte Bargeld und einen Fluchtwagen gefordert. Zur Höhe der Forderung sowie zu einem möglichen Motiv machte die Polizei keine Angaben.

Zum Glück waren Osterferien - nur 17 Kinder waren in der Kita

Die Polizei war am Freitagmorgen alarmiert worden, weil Anrufer von lautstarken Streitigkeiten berichtet hatten. Laut Berichten müssen sich am Morgen „dramatische Szenen“ in der Kita abgespielt haben. Als die Gefahr klar war, seien die Kinder und ihre Erzieher rausgelaufen. Der Grund oder Inhalt des Streits blieb zunächst unbekannt. Zum Zeitpunkt der Geiselnahme hielten sich wegen der Osterferien nach Angaben der Stadt Köln nur 17 Kinder in dem Gebäude auf. Laut Polizei verschanzte sich der Geiselnehmer allein mit dem Kita-Leiter. Alle anderen Menschen konnten das Gebäude verlassen.

Die Tochter seiner Cousine gehe in die Kita, erzählt Philipp Houben gegenüber dpa. Er ist einer der wenigen Fußgänger auf der abgesperrten Straße. "Sie hat wohl nur erzählt, dass sie auf einmal rausgerannt sind", berichtet er. Die Kleine habe die Dramatik gar nicht richtig mitbekommen.

Der Geiselnehmer hat den Leiter einer Kindertagesstätte in Köln-Chorweiler in seiner Gewalt.
Der Geiselnehmer hat den Leiter einer Kindertagesstätte in Köln-Chorweiler in seiner Gewalt. © stepmap.de

Der Mann hatte sich Zutritt zu der städtischen Kita an der Osloer Straße verschafft. Dort soll es in einem Büro zu einem Streit gekommen sein, so Flaßnöcker. Seitdem hielt der Täter den Leiter der Kita als Geisel. Zu Hintergrund und Motiv des Täters wollte die Polizei am Freitag keine Angaben machen.

Es kam am Freitagmorgen zum Streit im Büro des Kita-Leiters

Eine Mutter rief am Freitagmorgen die Polizei, dies berichtet der Kölner Stadtanzeiger. Die Mutter, die ihr Kind gerade in der Kita abgeben wollte, habe ein Gerangel im Büro des Leiters gemerkt. Erzieherinnen hätten ihr zugerufen, sie solle die Polizei alarmieren.

Die Polizei hatte daraufhin die Kindertagesstätte abgesperrt. So sollte eine "bewegliche Flucht" verhindert werden. Der Geiselnehmer sollte nicht mit dem Kita-Leiter aus dem Gebäude entkommen können. "Wir sind mit starken Polizeikräften und dem Sondereinsatzkommando vor Ort", erklärte ein Polizeisprecher am Mittag. In der Kindertagesstätte werden normalerweise 85 Kinder betreut - sie sind zwischen einem Jahr und sechs Jahren alt.

Not-Hotline für die Eltern der Kita-Kinder

Eine Hochhaussiedlung rahmt den Kindergarten auf drei Seiten ein. Einige Bewohner schauten von ihren bunten Balkonen herab auf das Drama - wie in einem antiken Amphitheater. Mehr als 20 Nationen seien in der Kita versammelt, berichtet Philipp Houben im eisigen Wind vor den Gebäuden. Multikulti sei das, ein Kindergarten im Brennpunkt.

Polizisten in martialischer Schutzuniform marschierten am Spielplatz vorbei. Dutzende Polizeiautos waren vorgefahren. Immer mehr Polizisten in Zivil kamen dazu. Dabei waren Fachleute, sogenannte Verhandler. Und immer mehr Material wurde zum Einsatzort gebracht, auch zwei schwarze, mannshohe Container. Ein junger Mann steht an der Absperrung und ist ratlos: "Da muss wohl bei einem eine Sicherung durchgeknallt sein."

Auch Feuerwehr und Notärzte waren vor der Kita. Die Stadt Köln hatte eine Hotline für die Eltern eingerichtet. Vor Ort war das Jugendamt mit Betreuern und Fachkräften vertreten. Neben den Einsatzkräften der Feuerwehr sei auch ein Team für psychosoziale Unterstützung am Tatort, hieß es. Die Stadt habe zudem alle Ämter und Institutionen zu einem Lage-Team zusammengezogen. (mit afp, dapd, dpa)