An Rhein und Ruhr. . Nordrhein-Westfalen ist mit riesigem Abstand die Stauregion Nummer 1 in Deutschland! Und die Autofahrer müssen sich in den nächsten Jahren auf noch mehr Stillstand einstellen.
Schwer zu glauben, aber es gibt tatsächlich eine Autobahn in Nordrhein-Westfalen, die immerzu freie Fahrt gewährt. Wer aus Essen kommt, oder vom Niederrhein, muss gar nicht lange fahren. Ein paar Kilometer reichen, und schon ist man da: Auf dem einzigen Autobahnabschnitt im Land, auf dem im vergangenen Jahr nicht eine einzige Stunde Stau gemeldet wurde. Aber leider ist die A 524, die vom Duisburger Süden als Zubringer der Autobahnen A3 und A 52 zum Breitscheider Kreuz führt, nur die ganz große Ausnahme, ansonsten ist NRW das Land der großen Blechlawinen.
Im Land der Blechlawinen…
Wenn der typische NRW-Autofahrer unterwegs ist und im Radio die alte Kraftwerk-Zeile „Fahrn, fahrn, fahrn, auf der Autobahn“ zu hören bekommt, muss er sich veräppelt vorkommen. Zumindest, wenn er, was ja nicht unwahrscheinlich ist, gerade mal wieder im Stau steht. Denn dass die Blechlawine in Nordrhein-Westfalen zum Alltag gehört, muss man hier niemanden erzählen.
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Immer wieder erstaunlich ist allerdings das gewaltige Ausmaß: 82 000 gemeldete Staus, insgesamt 161 000 Stau-Kilometer sowie 53 000 Stau-Stunden allein in 2012. Es sind Horrorzahlen, die laut ADAC-Bilanz von keinem anderen Bundesland auch nur ansatzweise erreicht werden. Zum Vergleich: Baden-Württemberg mit knapp 36 000 Staustunden und Bayern mit knapp 94 000 Staukilometern kommen mit weitem Abstand auf die zweithöchsten Werte.
Das Leben ist eine Baustelle…
Dass NRW über eine hohe Baustellendichte verfügt, ist wahrlich kein Geheimnis. „Es waren und es sind noch einige neuralgische Punkte in Bearbeitung“, sagt Bernd A. Löchter, der Mann von „Straßen.NRW“, der bei diesem Thema vor allem an drei Großprojekte denkt: Den großflächigen Ausbau der A40, des Kölners Ringes und der Rheinbrücke in Leverkusen, die bis 2020 neu gebaut sein soll. Es sind gewaltige Projekte, die sich in einem Land, das mit 9,1 Millionen Fahrzeugen über drei Millionen Wagen mehr auf die Straße bringt als das zweitplatzierte Baden-Württemberg, besonders drastisch auswirken.
Ballungsraum und Brummiland…
Die Formel ist einfach: Viele Menschen mit vielen Autos leben auf wenig Platz in einem Land, durch das wichtige Transitstrecken des internationalen Güterverkehrs laufen. NRW ist Ballungsraum, Baustellenland und wird obendrein mehr und mehr zum Brummiland. Nach Prognosen des Bundes wird der Güterverkehr bis 2025 noch einmal deutlich ansteigen. Nachvollziehbar also, dass Christian Lindner von der FDP erst im vergangenen Jahr vor einem Verkehrs-Kollaps gewarnt hat: „Wir werden im Transitland NRW innerhalb der nächsten zehn Jahre nahezu eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommen haben.“ Seine Forderung: Ausbau des Straßen- und Schienennetzes.
Freie Fahrt, ein schöner Traum?
Die Grundüberlegung lautet also: Mehr Baustellen, damit der Infarkt verhindert wird. Und es gibt ja auch gute Beispiele dafür, dass sich Projekte lohnen. Bernd A. Löchter von „Straßen.NRW“ nennt die A2 am Kamener Kreuz, „die in den Verkehrsnachrichten gar nicht mehr vorkommt.“
Doch bis der Mann weitere positive Beispiele nennen kann, werden noch jede Menge Bagger jede Menge Erde verschieben müssen. „In den nächsten Jahren wird auf jeden Fall viel passieren“, betont Löchter, der vor allem auch das Brückenproblem im Auge hat. „Die Rheinbrücke soll 2020 neu sein. Aber sie ist längst nicht die einzige, die mittelfristig ersetzt werden muss.“ Laut „Straßen.NRW“ müssen für 3,5 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren „fast 400 Brücken in NRW saniert, verstärkt und teilweise neu gebaut werden“, um den ständig wachsenden Schwerlastverkehr tragen zu können.
10 Kilometer Strecke pro Stunde
Es ist also kein Stauende in Sicht. Auf Jahre hinaus. Die Haushaltskassen sind klamm. Und wer wissen will, wie viel Zeit er verliert, wenn er im Schneckentempo über die Bahn kriecht, kann sich an eine Formel von Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg/Essen halten. Der Stauforscher rechnet „mit einem Durchschnittstempo von 10 Stundenkilometern, was am unteren Limit liegt.“ Demnach kostet ein Stau von 10 Kilometern eine volle Stunde an Fahrtzeit.