Dortmund/Münster. Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in Dortmund gegen die Verunglimpfung des Propheten Mohammed in einem Schmähvideo protestiert. Die Demonstration war unter dem Motto “Gegen die Beleidigung des Propheten“ angemeldet. Der Journalist Günter Wallraff fordert unterdessen, die Medien mit Mohammed-Karikaturen zu überschwemmen.

Der Enthüllungs-Journalist Günter Wallraff fordert die Veröffentlichung weiterer Mohammed-Karikaturen. „Solange sich nur einzelne Individuen oder Medien an dieser Demonstration von Freiheit beteiligen, wird nicht viel erreicht", sagte der Schriftsteller dem Berliner „Tagesspiegel“ am Samstag. Man müsste im Grunde die Zeitungen, Illustrierten, Magazine jetzt überschwemmen mit Karikaturen - und zwar zu allen Religionen. "Das wäre eine deutliche Botschaft“, betonte er. Sich jetzt wegzuducken, sei genau der falsche Weg, sagte Wallraff. „Das ermutigt gerade diejenigen, die mit Drohungen, Einschüchterungen und mordlüsternen Aktionen Terrain gewinnen wollen.“

Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in Dortmund gegen die Verunglimpfung des Propheten Mohammed in einem Schmähvideo protestiert. Auf einem Transparent stand "Moses, Jesus, Mohammed sind unsere heiligen Propheten". Deutsche, libanesische und türkische Fahnen wurde geschwenkt. Unter den Teilnehmern waren auch zahlreiche Kinder und Familien. Die Protestaktion in der Dortmunder Innenstadt war um 12 Uhr gestartet und sollte zwei Stunden dauern. Eine Privatperson hatte die Demonstration unter dem Motto "Gegen die Beleidigung des Propheten" angemeldet. Gerechnet wurde mit 200 bis 1000 Teilnehmern.

Eine weitere Demonstration gegen das umstrittene Mohammed-Video hat am Samstag in Karlsruhe begonnen. Nach Polizeiangaben versammelten sich statt der erwarteten rund 1000 Teilnehmer nur rund 200 Demonstranten in der Innenstadt, um gegen den im Internet veröffentlichten Schmähfilm gegen den Propheten Mohammed zu protestieren. Sie skandierten die Worte "Stoppt den Film!" und trugen außerdem Transparente mit der Aufschrift "Wir schützen den Prophet mit Worten und Gebet".

Islamexperte hält Demonstrationen für überzogen

Bereits am Freitagabend hatten 600 Menschen in Münster protestiert. Der 50-jährige Sprecher des dortigen Vereins Fatima Versammlung, Hallal Abdul-Amir, der den Protest organisiert hatte, erklärte: "Wir wollen ein Gesetz zum Verbot von Beleidigungen aller Religionen". Zu den Vorwürfen, dass sein Verein wegen mutmaßlicher Verbindungen zur radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Visier des Verfassungsschutzes steht, sagt er: "Seit 20 Jahren vermutet der Verfassungsschutz, dass wir eine Anlaufstelle für Personen sind, die der Hisbollah nahestehen. Es gibt aber keine Beweise dafür."

Der Islamexperte von der Universität Osnabrück, Rauf Ceylan, hält die Demonstration für überzogen. "Die Macher des Videos wollten genau diese Reaktionen hervorrufen. Man muss sich immer fragen: Lass ich mich instrumentalisieren, indem ich darauf reagiere?", sagt er der Nachrichtenagentur dapd am Freitag. Mit Protestzügen und Forderungen nach einem Verbot des vor allem im Internet verbreiteten Videos "Unschuld der Muslime" mache man sich zu einem Werbeträger für den Film und gieße nur noch weiter Öl ins Feuer. Ceylan rät der islamischen Welt zu mehr Gelassenheit und sagt: "Solche Provokationen muss man einfach mal aushalten und ignorieren."

Die Demonstranten in Münster sind offensichtlich anderer Ansicht. Immer wieder wechseln sich deutsche und arabische Sprechchöre ab, die per Megaphon aus dem Pulk vorgegeben werden. Während die Muslime Transparente und den Koran hochhalten, rufen sie: "Oh Prophet, für dich würden wir alles geben. Geopfert sei dir unser Leben." Als sie quer durch die Innenstadt laufen, singen sie: "Diesen Film wollen wir nicht, Frieden stiften ist unsere Pflicht."

Männer und Frauen laufen auf Demos getrennt

Als die beiden Protestzüge nach zwei Stunden zur Abschlusskundgebung am Ludgeriplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs angelangt sind, sagt eine Fahrradfahrerin am Straßenrand: "Ich finde es ja gut, dass sie für Respekt für die Religionen eintreten." Dann ergänzt sie allerdings verwundert: "Aber warum müssen die Frauen und Mädchen im vorderen und die Männer und Jungen im hinteren Zug laufen? In unserer Gesellschaft sollten doch alle gemeinsam demonstrieren können."

Als der Sprechers der Fatima Versammlung, Hallal Abdul-Amir, darauf angesprochen wird, lässt die Antwort tief in das Rollenverständnis seines muslimischen Vereins blicken: "Wir dürfen nicht so gemischt laufen. Dann gibt es Belästigungen und andere Probleme", sagt Abdul-Amir. Das Wichtigste sei aber doch, dass bis zur Abschlusskundgebung alles friedlich verlaufen und die Botschaft angekommen sei.

Auch im Ausland gehen die Proteste von Muslimen gegen das Hass-Video weiter: Bei Protesten gegen den islamfeindlichen Schmähfilm aus den USA sind am Samstag in Bangladesch nach Augenzeugenberichten Dutzende Menschen verletzt worden. Nach Polizeiangaben kam es zu Zusammenstößen, als die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Dhaka versuchten, eine Demonstration zu beenden.

Die Beamten setzten Tränengas und Schlagstöcke ein, um die Menge aufzulösen. Augenzeugen zufolge setzten die Demonstranten mehrere Fahrzeuge in Brand. An den Protesten beteiligten sich Mitglieder zahlreicher islamischer Gruppierungen. Aus Protest gegen die Polizeiaktion riefen die Demonstranten für (den morgigen) Sonntag zu einem landesweiten Generalstreik auf.

Französische Polizei nimmt Mann nach Mordaufruf fest

Nach dem Abdruck von Mohammed-Karikaturen durch das französische Satire-Blatt "Charlie Hebdo" hat die Polizei einen Mann festgenommen, der zur Ermordung des Chefs der Zeitung aufgerufen haben soll. Wie am Samstag aus Justizkreisen in Paris verlautete, hatte der Mann auf einer Islamisten-Website dazu aufgefordert, den Leiter der Zeitung zu köpfen. Der Verdächtige sei am Samstagmorgen in der westfranzösischen Stadt La Rochelle festgenommen worden und befinde sich nun in Polizeigewahrsam.

Der Mann soll auf der Website mit Blick auf die von "Charlie Hebdo" am Mittwoch veröffentlichten Mohammed-Karikaturen geschrieben haben: "Wer bringt mir diesen Kopf, das bringt das Fass zum überlaufen." Er soll dabei auch dazu aufgerufen haben, den Chef des Satire-Blattes zu überwachen und ihn zu köpfen. Einen Namen nannte er dabei nicht. (dapd/afp)