Essen.. Die Jobcenter in NRW hätten im vergangenen Jahr viel mehr Ein-Euro-Jobs und Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose unterstützen können. Insgesamt 130 Millionen Euro wurden nicht wie bestimmt für die Eingliederung genutzt. Wohlfahrtsverbände finden das skandalös, die Arbeitsagentur beschwichtigt.
Am Geld hat’s nicht gelegen: Die 43 von Arbeitsagentur und Kommunen betriebenen Jobcenter in Nordrhein-Westfalen hätten im vergangenen Jahr viel mehr Ein-Euro-Jobs und Qualifizierungsmaßnahmen finanzieren können. Nach Berechnungen des Bremer Institutes für Ar-beitsmarktforschung und Jugendberufshilfe haben sie knapp 130 Mio Euro nicht genutzt, die eigentlich für die Eingliederung von Hartz-IV-Empfängern in den Arbeitsmarkt vorgesehen waren.
Reiner Mathes vom Wohlfahrtsverband der Paritätische in NRW nennt es einen „gesellschaftlichen Skandal“, dass diese Mittel nicht genutzt wurden. Der Experte für Arbeitsmarktfragen erinnerte gegenüber der NRZ daran, dass die Budgets für die Eingliederung erst jüngst gekürzt worden waren: „Dass diese gekürzten Mittel jetzt noch nicht mal ausgeschöpft werden, ist doppelt schlecht.“
Jobcenter Warendorf schöpft Etat nur zu knapp zwei Dritteln aus
Mathes forderte eine bessere Haushaltssteuerung in den Jobcentern. Sprich: Es soll besser, aber durchaus auch mutiger mit dem zur Verfügung stehenden Geld geplant werden. Die Kritik richtet sich an die Adresse der Geschäftsführungen vor Ort, die Mitarbeiter nimmt der Vertreter Wohlfahrtsverbandes ausdrücklich aus: „Die machen einen schweren Job.“
Tatsächlich gehen die Jobcenter sehr unterschiedlich mit den Budgets um. Warendorf etwa hat 3,5 Millionen Euro nicht für Ein-Euro-Jobs & Co. genutzt und das Budget damit zu noch nicht einmal zwei Dritteln ausgenutzt. Wuppertal hingegen gab sogar drei Millionen mehr aus und kommt so auf eine Ausschöpfungsquote von 108,3%. Die Jobcenter an Rhein und Ruhr liegen irgendwo dazwischen (siehe Tabelle). Laut Reiner Mathes zeigt das Beispiel Wuppertal, dass man den Etat ausschöpfen kann, wenn die Jobcenter-Spitze engagiert die Finanzen plant.
Geld fließt zurück in den Bundeshaushalt
Die Regionaldirektion der Arbeitsagentur bestätigt die Bremer Zahlen im Grundsatz, eine Einschränkung: Die Jobcenter können Gelder, die eigentlich für Ein-Euro-Jobs & Co. vorgesehen sind, in den Verwaltungsetat überführen. „Zum Beispiel, weil sie der Auffassung sind, dass sie mehr Personal für Beratung benötigen“, so Werner Marquis von der Regionaldirektion. NRW-weit seien 62,5 Mio Euro auf diese Weise anderweitig verwandt worden. Trotzdem: Es bleiben 67,5 Mio Euro – Geld, das Hartz-IV-Betroffenen bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt helfen sollte, dann aber ungenutzt zurück in den Bundeshaushalt wanderte. Zum Vergleich: 2010 gingen 76,4 Mio Euro zurück. Der damals noch nicht gekürzte Etat wurde zu 93,9% ausgeschöpft, in diesem Jahr sind es 92,7%.
Werner Marquis verteidigte die Arbeit der Jobcenter: „Es geht hier ja nicht um einen Wettbewerb im Geldausgeben.“ Den Etat werde man nie landesweit zu 100% ausschöpfen können, meint Marquis. Zudem sei ein ein erheblicher Teil der Eingliederungshilfen – 28,5 Mio Euro – erst spät, nämlich im September freigegeben worden: „Da fällt es schwer, die noch sinnvoll zu verplanen.“ Dass die Jobcenter sehr unterschiedlich mit ihren Budgets umgehen, habe auch mit dem jeweiligen Arbeitsmarkt zu tun – im münsterländischen Warendorf etwa sei dieser sehr gut, in Wuppertal hingegen sehr angespannt.