Essen. Hells Angels und Bandidos gewinnen an Einfluss - und die kriminellen Aktivitäten von Rockern bereiten Politikern und Polizisten Sorgen: Führende Köpfe der Banden unterwandern laut NRW-Innenministerium die Sicherheitsbranche. Die Gewerkschaft der Polizei fordert deshalb auch Verbote von Rocker-Clubs.

Gewalttätige Rockerbanden dehnen deutschlandweit ihren Einfluss aus. Polizei und Politik macht das Sorge. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat am Dienstag ein Grundsatzpapier zur Entwicklung der organisierten Kriminalität vorgelegt und kommt zum Schluss, dass nicht nur der „polizeiliche Druck auf die kriminelle Rockerszene“ verstärkt werden muss, sondern für Teilbereiche Verbote eingesetzt werden sollen, so GdP-Chef Bernhard Witthaut.

In Nordrhein-Westfalen drängen nach Feststellungen des Innenministeriums führende Köpfe der Banden als Manager und Mitarbeiter in Betriebe der Sicherheitsbranche: „Der Polizei liegen Erkenntnisse vor, dass sowohl Mitglieder der Hells Angels MC als auch der Bandidos MC in Leitungsfunktionen, Inhaber oder Geschäftsführer, von Sicherheitsunternehmen tätig sind“, heißt es in einem Bericht an den Landtag. Firmennamen will das Ministerium aber nicht nennen.

Kölner Polizei konnte nur knapp ein Aufeinanderprallen verhindern

Ähnliches gilt für die Besetzung „unterschiedlichster Funktionen“ durch Rocker in anderen Branchen. Dazu gehören Veranstaltungsmanagements, Tattoo-Betriebe, der Motorradhandel und die Kfz-Vermietung, Gaststätten, Bars und Bordelle, das Baugewerbe, aber auch Grundstücks- und Immobilienverwaltungen.

Parallel nehmen Gewalttätigkeiten zwischen den beiden großen Rockergruppen an Rhein und Ruhr zu. Nachdem es im Januar in der Mönchengladbacher Altstadt zu einer Massenschlägerei gekommen war, konnte Kölns Polizei seit dem letzten Freitag in drei Fällen nur knapp ein blutiges Aufeinanderprallen von 160 „Hells Angels“ und „Bandidos“ verhindern.

Rockerfrieden zwischen Hells Angels und Bandidos aufgekündigt

Das Landesinnenministerium in NRW, aber auch die Gewerkschaft der Polizei analysieren übereinstimmend, wieso es jetzt häufiger dazu kommt: Der „Rockerfrieden“ von Hannover, der vor zwei Jahren geschlossen wurde mit dem Versprechen, sich „gegenseitig zu respektieren“, war ohnehin begrenzt und ist aufgekündigt. Bernhard Witthaut von der GdP zieht die bittere Bilanz: „Er sollte nur dazu dienen, die Öffentlichkeit zu beruhigen und den Fahndungsdruck zu mindern“.

In NRW erwartet die Polizei nach Mönchengladbach und Köln verstärkt Auseinandersetzungen dort, wo Einflussgebiete zusammenstoßen. „Den Polizeibehörden liegen Informationen vor, dass die Bandidos für einen Großteil des Ruhrgebiets und die Hells Angels für einen Großteil des Rheinlands territoriale Ansprüche erheben. Während sich die Konflikte wegen territorialer Ansprüche in der Vergangenheit insbesondere im Raum Duisburg gezeigt haben, sind inzwischen durch Neugründungen beider Clubs neue Gebietsansprüche mit neuem Konfliktpotenzial entstanden“.

Bandidos-Schwerpunkt im Revier - immer mehr Ermittlungsverfahren

Tatsächlich ist der Schwerpunkt der Bandidos-Chapter in NRW und dann besonders im Revier zu finden. Von den bundesweit 71 Organisationen sind 25 an Rhein und Ruhr beheimatet, davon elf im inneren Ruhrgebiet. Bochum, Dortmund und Herne verfügen sogar über je zwei Chapter. Aber auch am Niederrhein haben sie in Dinslaken und Kleve „Niederlassungen“. Nach einer detaillierten Auflistung des Landesinnenministeriums gehen von „einzelnen Mitgliedern“ der Revier-Gruppen Delikte wie Drogenhandel, Waffen- und Gewalteinsatz sowie auch Menschenhandel aus.

Zwei Trends verfestigen sich derzeit, glaubt unterdessen die GdP: Der Zulauf junger Migranten in die Gangs wird größer - und auch die Verwicklung in die organisierte Kriminalität. Bundesweit sei in diesem Zusammenhang die Zahl der Ermittlungsverfahren in wenigen Jahren drastisch von zwei auf 35 gestiegen.