An Rhein und Ruhr. . Die Architektenkammer NRW verzeichnet einen Höchststand von 30 000 Mitgliedern und ist damit die größte bundesweit. An der FH Dortmund stieg die Zahl der Architektur-Erstsemester von 100 auf 480. Die Kehrseite der Medaille: 182 Büros gingen 2010 in die Insolvenz.

Rollkragenpullover, bildhübsche Frauen und vor der Tür ein Porsche – das ist der klassische Archetyp des Architektenberufs, der sich in den Köpfen vieler Menschen etabliert hat. Mit den Anwälten teilen sie sich die nicht unbedingt schmeichelhafte Bezeichnung „Halbgötter in schwarz“. Führt also derjenige, der sich für den Beruf entscheidet, ein Leben in Saus und Braus?

„Nein“, sagt Christof Rose, Sprecher der Architektenkammer NRW, die seit kurzem einen Höchststand von mehr als 30 000 Mitgliedern verzeichnet. Damit ist sie die bundesweit größte. „In vielen Imageratings steht der Beruf zwar immer noch hoch im Kurs und viele junge Menschen melden sich bei uns, um sich über das Architekturstudium zu informieren, aber oft müssen wir die Euphorie der Leute etwas bremsen.“

Das beginnt schon beim Gehalt. Üppigen Lohn dürfen Architekten, so Christof Rose, meistens nicht erwarten. Statt Porsche und Luxusleben kämpfen demnach viele Monat für Monat um ihre Existenz, hangeln sich von Auftrag zu Auftrag. Rose: „Drei Viertel der Architekturbüros in NRW arbeiten heute sehr kleinteilig. Das heißt, sie haben vier Mitarbeiter oder weniger. Inklusive Chef und Sekretariat.“

Voller Markt

Wenn denn in so einem Betrieb Aufträge wegbrächen, sei sofort die Existenz des Unternehmens bedroht. 182 Insolvenzen von Architekturbüros gab es im Jahr 2010, der Markt ist laut Rose „sehr voll“. Wer seinen festen Job verliert, macht sich meistens direkt selbstständig und taucht in keiner Statistik auf. Regelmäßige Aufträge garantiert die Selbstständigkeit allerdings nicht.

Obwohl sich viele Architekten nach ihrem Studium mit einer solchen Situation konfrontiert sehen, ist der Beruf dennoch hochinteressant für junge Menschen. Das berichtet Renate Kastorff-Viehmann, Professorin für Architektur an der FH Dortmund. Hier haben sich in diesem Semester rund 480 neue Studenten eingeschrieben; sonst sind es nur knapp 100. „Ich glaube, es ist der Wunsch nach einem ganzheitlichen Studium, der diese Fachrichtung für so viele Menschen attraktiv macht.“ Immerhin würden in der Architektur sowohl handwerkliche, gestalterische als auch intellektuelle Fähigkeiten angesprochen. „Architekten“, so Kastorff-Viehmann, „sind Generalisten.“ Dass viele ihrer Studenten nach dem Studium erst einmal keinen Job finden, erklärt die Professorin so: „Es gibt konjunkturbedingt immer weniger private Bauherren. Viele Leute haben kein Geld mehr, um sich ein Haus vom Architekten planen und bauen zu lassen. Den Markt haben die großen Bauträger übernommen.“

Genügend Aufgaben

Das bestätigt Christof Rose, und gibt jungen Architekten gerne Tipps, worauf sich Berufseinsteiger künftig spezialisieren müssten, um im Wettbewerb mithalten zu können: „Aufgaben gibt es immer genug. Momentan ist die energetische Sanierung von Bestandsobjekten ein großes Thema, wie auch der altengerechte Ausbau.“ Heute würden beide Sektoren noch zu oft getrennt voneinander erledigt, wer diese Bereiche koppelt, hat zumindest Chancen auf eine gute Auftragslage. Doch entscheidend ist vor allem eines: „Das ist wie in jedem anderen Beruf: Wer mit Herzblut dabei ist, wird viel zu tun haben“, so Rose.