Ruhrgebiet. . Imageprobleme setzen den Schützen seit den Amokläufen in Winnenden und Erfurt zu. Nun haben sie eine Kommission eingesetzt, um die Jugend zu gewinnen
Zum Abschied haben sie ein richtig schönes Bild gemacht vom Königspaar Valerie Kaymer und Christian Hötte. Die beiden gehen der Sonne entgegen, sie tragen Schützenjacken, freilich so, dass man ihr riesiges Rückentattoo ebenso gut sehen kann wie seine Punkfrisur.
Der Schützenkönig trägt Lila.
Das war im April 2011, dass das Königspaar von Enkesen-Paradiese turnusgemäß abtrat; bis dahin waren die beiden die Sensation der Saison. So punkig? So jung! Sozusagen paradiesisch, müssen Schützenfunktionäre denken: Denn eigentlich geht ihnen gerade der Nachwuchs aus.
Sieben Prozent Mitglieder weniger zählt der Westfälische Schützenbund 2011 und führt das maßgeblich zurück auf die planmäßige Entsorgung von Karteileichen. „Aber es ist auch schwieriger geworden, Nachwuchs zu gewinnen“, sagt Geschäftsführer Jörg Jagener. Eine Kommission haben sie nun eingesetzt, um Zugang zur Jugend zu gewinnen.
„Die Nachwuchsproblematik zieht sich durch alle unsere Kreise“, sagt Eckhard Jeske, Schützenkaiser beim SV Buer 1769. Unter rund 240 Mitgliedern sind noch zwei Jugendliche; als Jeske 1985 in den Verein kam, waren sie noch über 400 mit „acht, zehn und mehr Kindern“. Nun soll ein neuer Jugendwart es richten. Denn man sei „zu alt irgendwo, alles ältere Leute“.
Allgemeine Vereinsmüdigkeit
Manche Vereine kommen nicht mal mehr dazu: Fünf mussten sich in Essen in den letzten Jahren auflösen, im Schützenkreis Oberhausen/Mülheim verschwanden allein 2011 drei. Die Gründe: die Vereinsmüdigkeit allgemein; die Imageprobleme nach Erfurt und Winnenden speziell.
„Wir haben das Problem, dass unser Sportgerät eine Waffe ist“, sagt Henning Sarstedt, Vorsitzender eines Essener Schützenkreises. Manche Eltern hätten Vorbehalte. Auch seien die Einladungen durch Schulen in den letzten Jahren „merklich zurückgegangen“, so Birger Tiemann vom „Deutschen Schützenbund“; Schießen werde kaum noch als Schulsport angeboten.
Im Oktober soll ein erstes „Wochenende der Schützenvereine“ das Ansehen klären. „Schützenvereine haben die Tendenz, sich zu ducken, wir raten ihnen, in die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt Tiemann. Tage der Offenen Tür sind für ganz Deutschland geplant; ob Friseure und Tätowierer hilfsweise hinzugezogen werden, weiß man nicht so recht.