Essen. . Mit dem neuen Digitalfunk bricht für die Polizei in Nordrhein-Westfalen ein neues Technik-Zeitalter an. Bessere Sprachqualität, Abhörsicherheit und die schnelle Übertragung von Daten verspricht der Digitalfunk. Schon zur Fußball-WM 2006 sollte das System eingeführt werden - vorerst war das Projekt gescheitert. Nun geht der neue Funk im Raum Düsseldorf in die erste Testphase.

Polizeibeamte in NRW warten seit Jahren auf die Einführung des Digitalfunks. Bislang arbeiten sie mit der veralteten Analogtechnik. Und die bringt viele Nachteile mit sich: Funklöcher, sogar im städtischen Bereich, machen die Kommunikation teilweise unmöglich. Auch die Sprachqualität der analogen Funkgeräte lasse zu wünschen übrig, sagt Frank Richter, NRW-Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Mit ihren alten Geräten können die Beamten letztlich nur mit der Leitstelle Kontakt aufnehmen - nicht mit Notärzten oder der Feuerwehr. "Gerade in Notfällen geht es um Sekunden. Die neue Technik ist daher absolut notwendig", meint Richter.

Technik aus dem 19. Jahrhundert

Nachdem die Einführung des Digitalfunks aufgrund finanzieller Probleme lange auf sich warten ließ, beginnt nun im Raum Düsseldorf die erste Testphase. "Es grenzt an Realsatire, dass wir so lange auf die neue Technik warten mussten", sagt Frank Richter. Deutschland sei neben Albanien das einzige europäische Land, das noch nicht flächendeckend mit Digitalfunk im Polizeibetrieb arbeitet. "Die Ersatzteile für den Analogfunk finden Sie vielleicht im Deutschen Museum. Das ist wie mit einem VW Käfer aus den 1950er-Jahren." Was ihn besonders ärgert: Der Digitalfunk sei in Deutschland entwickelt worden, und ausgerechnet das Ursprungsland hinke technisch hinterher. "Man belächelt uns für unsere Uralt-Technik", sagt Frank Richter.

Nur Vorteile

Die neue Technik bringe nur Vorteile, meint er. Neben der verbesserten Sprachqualität und der höheren Abhörsicherheit sei vor allem die Möglichkeit der Datenübertragung wichtig. "Wenn ein Kind vermisst wird, bekommen die Beamten ein Foto des Kindes schnell in ihren Streifenwagen gesendet", sagt der GdP-Chef. Allerdings sie dies noch Zukunftsmusik: Derzeit sei der Digitalfunk ausschließlich mit Sprachfunktionen versehen. "Es ist wichtig, dass wir die neuen Möglichkeiten im vollen Umfang nutzen", betont Richter. Die GdP kritisiert, das nicht alle technischen Möglichkeiten ausgereizt werden - weitere zehn Jahre wolle man in keinem Fall auf die Datenübertragung von Bildern und Karten warten. Auch Lagepläne bei Amokläufen könnten in Zukunft mit der digitalen Technik übertragen werden. Diese Neuerungen seien sehr wichtig, meint Richter: "Die Polizei darf mit ihrem Digitalfunk nicht immer weiter hinter dem zurückfallen, was längst mit jedem Smartphone möglich ist. Sonst haben wir den Wettlauf mit den Kriminellen schon verloren, bevor wir ihn aufnehmen."

Keine Gesundheitsgefährdung

Bereits vor zehn Jahren war der Digitalfunk im Gespräch. Die GdP sorgte sich damals um die Gesundheit ihrer Kollegen. Man befürchtete, die Strahlungen könnten das Gehirngewebe angreifen und Leukämie und Lymphome verursachen. Ein Feldversuch in Großbritannien habe jedoch Entwarnung gegeben: "Die neue Technik bedeutet keine Mehrbelastung. Unsere Befürchtungen haben sich nicht bestätigt", so Richter.

Vollbetrieb wohl erst 2015

Sechs Monate lang prüft Polizei NRW in Düsseldorf, Mönchengladbach, den Kreisen Mettmann und Viersen sowie dem Rhein-Kreis Neuss die neue Technik auf ihre Tauglichkeit - das alte System besteht parallel weiter. Voraussichtlich im März werden auch die Kölner Polizisten das neue System ausprobieren. Erst im Jahr 2015 könnte die Digitaltechnik die alte komplett ablösen. 26.000 Fahrzeuge werden umgerüstet, 80.000 Funkgeräte ausgetauscht. 40.000 Polizisten werden an den Geräten geschult. Das Land NRW hat für die Umrüstungsmaßnahmen rund 513 Millionen Euro bereitgestellt.