Ruhrgebiet. Melanie Harde stellt die WAZ zu - sechs Nächte in der Woche und auch bei diesem Wetter aus Kälte, Schnee und Eis.

Man sollte nie nie sagen. Da war die Leserin, die am Montag vor ihrer Tür keine Fußstapfen im Schnee gesehen hatte und daraus schloss: Zeitung nicht gekommen. Nachgesehen hat sie nicht. Erst später in den Briefkasten geguckt. Oh, Zeitung doch gekommen. Aber zugegeben: Nicht alle unsere Zusteller können fliegen. Sondern sie müssen sich kämpfen durch Schnee, Eis, Kälte, Glätte. Bei dem Wetter: ein Knochenjob.

Melanie Harde ist eine von ihnen. Ihr erster Blick in der Nacht fällt jetzt immer nach draußen: Schneit es? Hat sich was verändert? Sieht es glatt aus? Ja, wie gestern schon. Sie nimmt sich Wasser, Wasser nimmt sie eigentlich immer mit. Zusätzlich in diesen Tagen die Thermoskanne mit dem heißen Tee für unterwegs. Und das dicke Schuhwerk. Sie weiß, gleich steht sie knöcheltief im Schnee. "Ansonsten watschelt man wie ein Pinguin." Jetzt aber los.

Mit dem Auto zur Abholstelle, ganz vorsichtig. Und dann in den Zustellbezirk. Von hier aus geht's zu Fuß weiter. "Die ersten Tage sind immer die schlimmsten", sagt die 37-Jährige: "Ich hab geflucht zum Teil, muss ich sagen." Der Satz hat einen Abgrund, denn Melanie Harde ist eigentlich sehr freundlich, sehr positiv. Sie lacht so gerne. "Sie ist mein Goldstück", sagt ihre Betriebsleiterin.

Melanie Harde bringt seit Jahren unseren Lesern die WAZ in Bochum-Wattenscheid, als Springerin in unterschiedlichen Stadtteilen. Den Job hatte sie sich ausgesucht, um tagsüber für die Kinder Zeit zu haben. Allein in der einen Stadt, Bochum, sind 238 Kollegen in diesen Eisnächten unterwegs, bei den Funke-Tageszeitungen in Nordrhein-Westfalen insgesamt 2700. Dauer-Nachtdienst. Sechs Nächte von sieben Tagen. Wenn sie nicht gehen, geht nichts. Für Zeitungen sind Boten: systemrelevant.

In der Nacht auf Montag hat sie sich da draußen hingelegt. In der Nacht auf Dienstag hat sie sich da draußen wieder hingelegt. Sie kann schon wieder darüber lachen, passiert ist ihr nichts. Nicht alle Kollegen haben solches Glück, manche haben Unfälle, verletzen sich; andere, vor allem ältere, bitten um Rückstellung aus Angst davor, zu fallen.

"Das kann ich voll verstehen", sagt Melanie Harde. Es bedeutet aber für sie und andere Kollegen: einzuspringen, Zeitungen in mehr Bezirken auszutragen. "Da kann es zu Verzögerungen kommen." Den eigenen Bezirk kennt man ja schnell auswendig: Welches Haus bekommt was? Aber in einem fremden Bezirk muss man immer erst gucken. Dunkel hier. Kalt.

"Es wird jetzt von Nacht zu Nacht besser", sagt Melanie Harde: "Es ist immer mehr geräumt, man kommt besser an die Häuser heran." Wofür sie nun auch einen Blick hat: "Der Schnee sieht toll aus, wenn er glitzert wie Diamanten." Und wenn der Winter zurückkehrt? Werden unsere Boten auch im Ruhrgebiet Spikes bekommen, wie bisher nur im Sauerland. Natürlich nur, damit sie deutlich sichtbare Spuren im Schnee hinterlassen.