An Rhein und Ruhr. Der Weg zum Impfzentrum ist für viele Senioren beschwerlich. Der NRW-Gesundheitsminister hält Impfungen beim Hausarzt aber nicht für möglich.

Corona-Schutzimpfungen in den Hausarztpraxen sind nach Worten des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann (CDU) aus Kapazitätsgründen vorerst nicht möglich. Mit nur 80 000 Dosen eines sehr schwer zu transportierenden Impfstoffs, die derzeit pro Woche in NRW zur Verfügung stünden, sei es nicht möglich, in die Hausarztpraxen zu gehen, bekräftigte Laumann am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags.

Der Hausärzteverband Nordrhein drängt darauf, dass die Allgemeinmediziner an Rhein und Ruhr die Corona-Schutzimpfung in ihren Praxen durchführen können. Somit würden mehr ältere Menschen in kürzerer Zeit geimpft und vor schweren Krankheitsverläufen geschützt. Die Impfzentren seien für ältere Menschen nur schwer erreichbar, Aufwand und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, kritisiert der Verband.

Im Prinzip sei er natürlich auch für dezentrale Impfungen, sagte Laumann der Forderung, die nicht nur vom Hausärzteverband, sondern auch von der Opposition kommt. In den nächsten Tagen werde überlegt, ob das mit Impf-Bussen oder in „Schwerpunktpraxen“ möglich wäre. „Ich tendiere eher zu Schwerpunktpraxen“, sagte Laumann. Angesichts der begrenzten Impfstoffmenge und insgesamt rund 11 000 Hausarztpraxen in NRW könne man sich zunächst ohnehin nur auf Schwerpunktpraxen konzentrieren.

Hausärzte könnten zu betagten Menschen nach Hause kommen

Am Mittwoch teilte das Landesgesundheitsministerium zudem mit, dass Hausärzte imöglicherweise pflegebedürftige Menschen über 80 Jahre in deren Häuslichkeiten gegen das Corona-Virus impfen dürfen. Ein entsprechendes „System aufsuchender Impfungen“ werde aktuell geprüft, so ein Sprecher des Landesgesundheitsministeriums auf Anfrage mit. Grundsätzlich aber sollten Menschen, die es nicht selbstständig in ein Impfzentrum schafften, familiäre und persönliche Netzwerke nutzen, um einen Transport zu organisieren.

Landesweit sind in den vergangenen Wochen 53 Impfzentren eingerichtet worden, in denen Massenimpfungen durchgeführt werden sollen. In Essen beispielsweise in einer Messehalle, in Düsseldorf in der Arena. Die ersten, die in diesen Zentren geimpft werden sollen, sind hochbetagte Menschen über 80 Jahre, die derzeit entsprechende Termine vereinbaren können. Jedoch gab es zum Start der Terminvergabe am Montag große Probleme, sowohl die Hotline wie auch die Website waren zwischenzeitlich nicht erreichbar.

Weg zum Impfzentrum ist für viele Menschen zu beschwerlich

Dr. Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein, hält von den Impfzentren wenig. „Viele Menschen über 80 haben einen eingeschränkten Aktionsradius, für sie ist der Weg zu den Zentren zu beschwerlich.“ Die Folge könne sein, dass sich ausgerechnet viele derjenigen, die am dringendsten Impfschutz bräuchten, nicht impfen ließen.

Deswegen fordert Funken, dass die Hausärzte die Impfungen in ihren wohnortnahen Praxen durchführen. „Jeder Hausarzt könnte innerhalb eines Tages 100 Menschen impfen. Wenn nur die Hälfte der etwa 10.000 Hausärzte in NRW mitmachen würden, wären wir schnell durch.“

Das zentrale Argument für die Einrichtung der Impfzentren ist die Beschaffenheit des Impfstoffs, der vor der Zubereitung tiefgekühlt und danach nur wenige Tage haltbar ist. Logistisch wäre das für die Praxen kein Problem, betont Funken. Apotheken und Labore hätten die Möglichkeit zur Tiefkühlung, in den Hausarztpraxen könnten die Impfstoffe nach der Zubereitung bei zwischen drei und acht Grad gekühlt werden.

VdK: Hausärzte haben Vertrauensvorschuss

Der Impfstoff von Biontech sei so bis zu fünf Tage, der von Moderna sogar einen Monat haltbar. Und die Zubereitung? „So etwas machen wir jeden Tag“, sagt Funken

Horst Vöge, der Landesvorsitzende des Sozialverbandes VdK, kann sich mit der Vorstellung der Impfung in Hausarztpraxen als zusätzlicher Maßnahme anfreunden: „Es geht ja auch darum, das Vertrauen in Impfungen zu stärken. Hausärzte haben bei älteren Menschen einen Vertrauensvorschuss.“ (mit dpa)