Ruhrgebiet. Im Juni sollen in Bochum die 4. Ruhr Games stattfinden. Auch in Zeiten der Pandemie? Absagen ist keine Option, sagt der Veranstalter.
5600 Top-Nachwuchsathleten aus 34 Nationen sind angemeldet, alle 240 Wettkämpfe ausgebucht. Auftakt- und Abschlussveranstaltung stehen, auch das internationale Jugendcamp, die Workshops und das „Urban Culture“-Programm, natürlich. Schließlich sind es keine fünf Monate mehr, bis am 3. Juni in Bochum die vierte Auflage der Ruhr Games starten soll. Keine fünf Monate mehr? Bis die Pandemie soweit überwunden ist, dass Großveranstaltungen im Revier wieder möglich sind?
„Wir sind sehr zuversichtlich“, sagt Niklas Börger, Projektleiter beim Veranstalter RVR. „Die Ruhr Games 2021 werden stattfinden, die Frage ist nur: In welcher Form?“ Drei Szenarien haben sie „durchgeplant“: Spiele wie früher mit vermutlich mehr als den zuletzt 110.000 Besuchern, Spiele mit begrenzter Zuschauerzahl und paralleler Video-Übertragung, sowie Spiele vor leeren Rängen, die Zuschauer ausschließlich online verfolgen können. „Wir sind auf alles vorbereitet“, sagt Börger – und räumt ein, dass er froh sei „dass wir im Sommer so fleißig waren“. So könne man nun gezielt an letzten Hygienekonzepten feilen. Er persönlich denkt, „es wird ein Mix aus Live- und Online-Veranstaltung“. Und er hält das für eine gute, sinnvolle Lösung, obwohl die Ruhr Games „im Kern" vom Live-Erlebnis lebten. „Wo sonst finden Sie 10.000 Zuschauer bei einem Tischtennis-Turnier der U12?“
Qualifikationsturniere auch für Olympia
Die Spiele abzusagen oder sie zu verlegen, sei aber keine Option. „Es gibt kein Alternativdatum, eine Verschiebung wäre gar nicht möglich. Die Ruhr Games sind doch Qualifikationsturnier für andere Meisterschaften, auch für Olympia. Müssten die ausfallen, wäre das dramatisch.“ Die BMX-Fahrer etwa tragen in diesem Jahr erstmals ihre Europameisterschaft bei den Ruhr Games aus und die Kletterer sowie die Sportakrobaten ihre Deutschen Meisterschaften.
Für sie und alle anderen können die Ruhr Games zudem das entscheidende Sprungbrett sein, der letzte „Motivationskick, um den Schritt zum Profi zu gehen“, ergänzt Niklas Börger. „Und das ist in diesem Alter doch so wichtig…!“
Handballerin Leonie Kockel spielt heute in der 1. Bundesliga -- und studiert
Leonie Kockel ist so eine, die sagt, ohne die Ruhr Games stände sie vermutlich heute nicht da, wo sie steht: im rechten Rückraum der Auerbach Flames der HSG Bensheim nämlich – als Studentin! 2019 war die heute 20-Jährige Markenbotschafterin der Ruhr Games für Handball, heute spielt die Linkshänderin in der ersten 1. Bundesliga der Damen, zog dafür im Sommer vom Ruhrgebiet um ins hessische Zwingenberg. Ihr Verein steht derzeit auf Platz 8 der Tabelle. „Aber da geht noch was“, betont Kockel lachend.
2019 spielte die Sprockhövelerin in der U19 der Borussia Dortmund, hatte gerade die Schule beendet und ein Physiotherapie-Studium an der Hochschule für Gesundheit in Bochum begonnen. Rasch stellte sie fest: Zweimal täglich Training und studieren, geht nicht; sie brach die Ausbildung ab. Die Ruhr Games ermöglichten ihr ein Praktikum im eigenen Haus, stellten ihr das vom RVR eigens für junge Top-Athleten entwickelte Fernstudium „Sportjournalismus/Sportmarketing“ vor – und ein Stipendium dafür in Aussicht. Die Handballerin ergriff ihre Chance. Heute ist sie mit ihrer „dualen Karriere megaglücklich“, in zwei Jahren will sie ihren Bachelor machen. „Der Lehrplan ist perfekt auf meine Trainingszeiten abgestimmt, im neuen Verein bin ich prima angekommen, der Job im Athletenmanagement der Ruhr Games macht nach wie vor sehr viel Spaß. Da passt einfach alles“, berichtet die 20-Jährige. „Ohne die Ruhr Games, die mir das Kombi-Paket schnürten, wäre das nie so leicht, so perfekt gelaufen.“
"Alle freuen sich, auch wenn sie vor leeren Rängen stattfinden müssen"
Im Juni wird sie vor Ort sein, ganz sicher. Kockel schwärmt von der einzigartigen Stimmung des Events, von der „mega“ Gelegenheit, bei den Ruhr Games ganz neue Sportarten zu entdecken, und sagt: „Alle freuen sich drauf, das ganze Talentteam. Auch wenn die Athleten vor leeren Rängen gegeneinander antreten müssen. Hauptsache ist, dass die Ruhr Games überhaupt stattfinden.“
>>>> INFO: Die Veranstaltung
Das Konzept der Ruhr Games, die alle zwei Jahre stattfinden, war zunächst nur auf vier Ausgaben angelegt, so Börger Nach den Spielen in Essen, Dortmund, Duisburg und Bochum, werde es aber mindestens eine weitere geben, 2023. Wo, ist unklar.
Die Ruhr Games sind als größtes internationales Sport- und Kulturfestival sowie als außergewöhnliche Plattform für den Nachwuchsleistungssport ein Projekt der „Ruhrkonferenz“, das Land unterstützt sie mit jeweils 1,5 Millionen Euro, der RVR steckt weitere 1,2 Millionen pro Ausgabe hinein.
Für die Zuschauer ist der Besuch aller sportlichen und kulturellen Veranstaltungen der Ruhr Games kostenlos. Das Interesse sei sehr groß, so Börger, vor allem, seit die Spiele an einem zentralen Ort stattfinde – in diesem Jahr im und um das Bochumer Ruhrstadion (3. bis 6. Juni).