Essen. . Diana hatte schon 33 Brieffreundschaften mit Häftlingen. Darunter Mörder und Gewalttäter. In einen Gefangenen hat sich die 28-Jährige verliebt.

Diana schreibt Briefe mit Häftlingen. Für die 28-Jährige ist es ein Blick hinter die dicken Mauern. Gewährt von Straftätern in Gefängnissen. Von Betrügern, Gewalttätern und Mördern.

Mit 33 Häftlingen hat Diana über das Internet einen Briefwechsel begonnen. Manche Unterhaltungen waren intensiv. Andere nur kurz. „Über Briefe findet man schnell heraus, ob die Chemie stimmt“, sagt die 28-Jährige.

Es ist die Neugierde, die Diana antreibt. „Keine Sensationsgeilheit.“ Und es sind die Gespräche. Etwa über das Leben. Auch das im Knast, denn mit jeder Zeile, die sie liest, bekommt sie mehr und mehr eine Vorstellung von der Gefängniswelt.

Diana sucht wahre Geschichten aus dem Leben

„Mich interessieren die schönen und nicht so schönen Zeiten vor der Haft.“ Etwa die Kindheit oder das schonungslose Leben auf der Straße. Aber: Nichts ist in den Briefen erzwungen. Die Häftlinge dürfen erzählen, sie hört zu.

„Beantworte nur die Fragen, die du möchtest“, schreibt sie den Insassen. Und denen tue es gut: „Beim Briefschreiben setzt man sich stärker mit sich selbst auseinander“, glaubt Diana. „Das ist wie eine Aufarbeitung.“ Nicht nur der Vergangenheit.

Briefe wie ein Roman und die eine wichtige Frage

Bis zu 46 Seiten haben die Briefe, die Diana aus Berlin mit ihren Brieffreunden hinter Gittern in ganz Deutschland austauscht. Alle Briefe sind für Diana wie Erinnerungen: Keinen schmeißt sie weg. Auch nicht die selbstgemalten Bilder und Gedichte, die sie von Häftlingen erhalten hat.

Täglich nimmt sie Stift und Papier zur Hand. Ein bis zweimal die Woche landet ein Kuvert im Briefkasten. Aus Fremden werde so mit der Zeit Vertraute. Irgendwann stellt sie die eine Frage: Warum bist du im Gefängnis? Diana erhält Antworten. Schwarz auf weiß. „Einer hatte seine Eltern umgebracht.“ In keinem der Briefe habe er Reue gezeigt.

„Sie werden ein Leben lang bestraft sein“

Verurteilt sie die Täter? Nein. „Es steht mir nicht zu, Richter zu sein.“ Diese Rolle will die 28-Jährige auch gar nicht einnehmen. „Sie haben ihre Strafe bekommen“, findet Diana. Und die endet nicht mit den ersten Schritten auf freiem Fuß. „Sie werden ein Leben lang bestraft sein.“

Die Briefe von Diana sind für einige Häftlinge das einzige Fenster nach draußen. „Viele haben keinen Kontakt zur Familie.“ Sie bekommen keinen Besuch. Dann wäre da noch der monotone Alltag hinter Gittern. Mit immer den gleichen dicken Wänden und Gesichtern.

Aus Briefen wurde Liebe

Aber: Für Menschen mit Helfersyndrom sei so eine Freundschaft nichts. Es bestehe die Gefahr, ausgenutzt zu werden. Diana passiere sowas nicht. Sie habe gelernt, „knallhart“ zu sein und klare Grenzen zu setzen. Bis hier und nicht weiter.

Diana sieht in den Tätern aber nicht nur das skrupellose Monster: „Ich nehme den Häftling als Menschen wahr.“ Und in einen dieser Menschen hinter Gittern hat sie sich verliebt. Seit einem Jahr führt sie eine Beziehung mit einem Gefangenen. Noch sind sie durch Mauern getrennt. Haben nur Telefonate und kurze Besuche. Und eben Briefe.

Kein Kontaktabbruch ohne Abschiedsbrief

Mit jedem Brief, so Diana, steigt aber auch die Angst der Häftlinge. Die Sorge vor dem Kontaktabbruch. Die Furcht vor dem Tag, an dem kein Brief mehr kommt. Ohne Erklärung.

Für Diana ein Unding. „Der Umgang mit Häftlingen muss fair und respektvoll sein. Wer nicht mehr schreiben möchte, muss es mitteilen.“ So wird nicht vergeblich auf den nächsten Brief gewartet. Auf den nächsten Blick nach draußen.