Ralf Knickrehm (59) lebt seit 20 Jahren mit einer Spenderniere. Im Juli steigt der Duisburger Arzt wieder mit Schicksalsgenossen in den Sattel.
Nö, ist habe keinen Ausweis. Nicht etwa, dass ich die Herausgabe meiner Organe im Falle meines Todes prinzipiell verweigere, es ist eher so eine Mischung aus Wurschtigkeit und Unbehagen, letzteres wird eindeutig gespeist aus dem fatalen Hang, gelegentlich den Gedanken die Zügel frei zu geben und sie im gestreckten Galopp davonjagen zu lassen. Und schon läuft auf meinem Privatsender folgender kleiner Horror-Film: Ich liege in der Klinik, angeschlagen, aber noch bei Sinnen, die Schwester hat beim Verlassen des Zimmers die Tür nicht zugezogen, so gelingt es mir leicht, folgendes Gespräch zweier Ärzte zu erhaschen.
Arzt A: „Der Patient auf Zimmer P 1 braucht jetzt doch dringend eine neue Leber, er will dafür auch prima bezahlen.“ Arzt B: „Die Zentrale hat keine Leber im Register.“ Arzt A: „Hier vorne im Zimmer liegt doch der langhaarige Oppa.“ Arzt B. (gespielt entrüstet): „Aber der lebt doch noch.“ Arzt A: „Das wollen wir doch mal sehen.“ Dann schreck ich immer hoch...
Ralf Knickrehm lächelt freundlich über meine panische Phantasie, setzt ihr aber gleich den Ernst, den das Thema verdient, und seine Biografie entgegen. „Deutschland liegt bei Transplantationen auf dem letzten Platz. Das darf nicht sein. Klar, ich weiß, dass Menschen solche Sorgen haben. Es sind ja auch wenig hilfreiche Dinge vorgefallen.
Alles abgeblasen, abends wurde operiert
Und in der Welt, in der wir leben, gibt es keine absolute Gerechtigkeit und keine 100-prozentige Sicherheit. Aber... Am einfachsten versteht man es doch, wenn man sich die Frage stellt: Was wäre wenn..? Wenn ich selbst davon betroffen wäre?“
E r kennt die Antwort. „Ich war 18, Torwart beim Fußball, Ellbogen-Check, Blut im Urin. Bei der Untersuchung kam es dann zur Diagnose: Zystenniere, eine erbliche Erkrankung.“ Er wusste sofort, was das bedeutet, seine Mutter ging damals bereits zur Dialyse.
Die ersten Jahre waren noch beherrschbar, Ralf wurde Arzt, heiratete, zwei Töchter. Aber mit Ende 30 wird es schwierig. Dialysepflicht. „Ich habe mich dann vorsorglich auf eine Transplantationsliste setzen lassen. Damals lag die Wartezeit bei fünf bis sechs Jahren, heute übrigens bei zehn, ich hatte Glück, schon nach einem Jahr kam der Anruf, ich wollte gerade mit Kindern und Schwiegervater zum Camping fahren. Alles abgeblasen, abends wurde ich operiert.“ Der verunglückte Spender hatte dieselbe, eher seltene Blutgruppe wie er. Glück eben.
Er ist dankbar und will das zeigen
Es läuft zunächst aber nicht gut. Erst nach bangen Wochen übernimmt die Neue den Dienst. Arbeitet jetzt aber brav seit 20 Jahren. Wiedergewonnene Lebenqualität. Er ist dankbar und will das zeigen. Deshalb gibt’s auch wieder die Radtour, rund 30 Transplantierte sind im Sattel, in diesem Juli vor allem an Rhein und Ruhr, Duisburg, Essen.
Unterwegs verteilen sie Flyer zur Organspende, fahren Kliniken an. „Um den Ärzten, den Pflegern, allen dort einfach mal Danke zu sagen. Es gibt uns noch.“ (transdiaev.de)
Tja, sagen wir es mal so: Ralf kann zum Thema Organspende die deutlich weiterführende Geschichte erzählen. Wo gibt es denn diese Ausweise? „Hab ich hier.“ Praktisch, einen für mich bitte.